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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Genhofen entsandt worden ist, um im dortigen Siechenhaus Gutes zu tun.«
    Die Menschen begriffen allmählich, was sie soeben gehört hatten. Sie sollten ihr Geld zurückbekommen und könnten endlich wieder ein normales Leben führen.
    »Lasst mich jetzt die Botschaft unseres hochverehrten Grafen weiter verlesen.«
    »Ruhe!«, riefen Siegbert und Rudolph gleichzeitig, um ihren Herrn zu unterstützen.

    »… unnd da der Tod eines Unseres Gardisten durch Unseren allerhöchsten Landrichter Hans Zwick geklärt werden konnte unnd durch den Untersuchungsausschuß keine ruchlose That von einem oder gar mehrer Stauffnern nachgewiesen werden kann, werden Wir die Sache nicht mehr verfolgen unnd geben jedermänniglich kund unnd zu wißen, daß niemand mehr dafür bestraft wirdt. Wir haben der Wittib des getöteten Gardisten eine jährliche Apanage aus unserer Stadtschatulle gewährt …«
    Wieder fielen sich die Menschen in die Arme. Sie ahnten, was jetzt kommen würde.
    »… deswegen verliert das durch Uns erteilte Marktverbot ab sofort seine Wirkung unnd die Stauffner können wie dereinst Anno Domini 1453 durch Kaiser Friedrich III. ertheilte Marktrecht jeweils bei der Teilung der Woch abhalten. Auch das Verboth für den Jahrmarkt am Sanctus Mang Tag ist mit sofortiger Wirkung aufgehoben!«

    Da die überschäumende Freude des Volkes jetzt nicht mehr zu bremsen war, zog es der Kastellan vor, auf die Verlesung des weiteren Textes zu verzichten.
    »So, Leute! Jetzt geht nach Hause und verkündet die frohe Botschaft, auf dass sich schnell wieder viele Händler aus nah und fern in Staufen einfinden mögen! Den Zeitpunkt, an dem ihr euer Geld zurückerhalten werdet, teile ich euch noch mit. Es lebe unser wohllöblicher Regent, Hugo Reichsgraf zu Königsegg-Rothenfels, Herr über Staufen!«
    »Es lebe Graf Hugo!«, schallte es im Chor zurück. »… und es lebe unser Kastellan!«

Kapitel 50

    Am 23. März Anno Domini 1635 war seit langer Zeit wieder einmal Gerichtstag in Staufen. Denn es sollten die Verbrechen des Doctoris medicinale Heinrich Schwartz, jenes Arztes, der neunundsechzig Menschenleben auf dem Gewissen und ein ganzes Dorf in Angst und Schrecken versetzt hatte, verhandelt werden. Bevor man den verhassten Massenmörder verurteilen konnte, musste ordnungsgemäß Gericht über ihn gehalten und Selbstjustiz verhindert werden.
    Immerhin hatten die tragischen Ereignisse in Staufen nicht nur im gesamten rothenfelsischen Herrschaftsgebiet, sondern über das Stiftkemptische hinaus bis nach Landsberg hinauf und nach Ulm hinüber die Runde gemacht. Auf der anderen Seite war die Angelegenheit auch im gesamten Oberschwäbischen, am Bodensee und sogar im Bregenzerwald und in der Schweiz bekannt geworden. Allerdings hatte es sich noch nicht herumgesprochen, dass das Marktverbot in Staufen längst wieder aufgehoben worden war. Deshalb waren die beiden Markttage, die erstmals wieder stattgefunden hatten, dürftig ausgefallen. Nur wenige Händler und Kunden von auswärts waren nach Staufen gekommen.
    Deshalb hofften die Einheimischen, dass die bevorstehende Gerichtsverhandlung möglichst viele Neugierige anlocken würde. Dann kämen bestimmt auch wieder mehr Händler und auswärtige Besucher zu den Markttagen, weswegen es ihnen allen bald besser gehen würde. Dass der Kastellan zudem versprochen hatte, ihr Geld zurückzuzahlen und den Schmuck zurückzugeben, würde ein Übriges zur Steigerung ihrer Lebensqualität tun.

    *

    Da es nicht üblich war, Verbrecher auf Kosten des Landesherrn durchzufüttern und diese allenfalls ins Arbeitshaus nach Ravensburg verbracht wurden, von wo aus sie bis zur völligen Erschöpfung Steine klopfen mussten, konnte auch der Medicus allein schon aus diesem Grund nicht mit der Gnade einer lebenslangen Kerkerhaft rechnen. Allenfalls – und da musste es schon sehr gut laufen – durfte er auf einen Prozess hoffen, dessen Ausgang ihm einen möglichst schmerzfreien und schnellen Tod bringen würde. Aber darüber machte er sich keine ernsthaften Gedanken. Denn nach wie vor war er sich sicher, dass er im letzten Moment gerettet würde. Heinrich Schwartz hatte Ruland Bergings Hang zum Dramatischen kennengelernt und wusste deshalb, dass der eine Mordsschau aus seiner Befreiung machen würde. Seit seiner Inhaftierung wartete er inständig darauf, dass ihm sein alter Kumpan irgendwie zu Hilfe kommen würde, … doch der hatte sich bis jetzt nicht blicken lassen.
    Aber das wird schon noch, dachte er sich und nahm

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