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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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anschlossen. Aus allen Winkeln des Dorfes strömten jetzt die Leute zusammen, um zu erfahren, was los war. Wie die Kühe liefen sie hinter Baptist Vögel her, um den sein im Geiste armer Sohn Baltus herumtanzte und das Lied vom Bi-Ba-Butzemann sang.

    *

    Der Kastellan stand gerade auf der Leiter, um eine defekte Dachrinne an der Außenseite des Vogteigebäudes zu reparieren, als Siegbert aufgeregt rief: »Herr! Herr! Ein Königsegg’scher Reiter – gefolgt von einer großen Menschenmenge.«
    »Was sind das für Leute? Sind es Bewaffnete?«
    »Das kann ich noch nicht erkennen, Herr!«
    »Öffne dem Reiter die Tortür gerade so weit, dass er durchkommen kann, schließ sie aber dann sicherheitshalber sofort wieder!«, befahl der Kastellan knapp, während er eilends die Leiter herunterstieg. Kaum war er unten, preschte schon der Kurier durch das Schlosstor, stieg ab und drückte dem von Siegbert herbeigerufenen Stallknecht Ignaz die Zügel in die Hand, während er nach Luft schnappte.
    »Dem Herrn sei Dank«, sagte der Soldat und bekreuzigte sich.
    »Wieso? Was ist mit Euch?«, fragte Ignaz und bekam zu hören, dass der Kurier um sein Leben gefürchtet hatte, als er die Staufner hinter sich herlaufen sah.
    »So ein Blödsinn«, lachte Ignaz und konnte es sich nicht verkneifen, den Kurier zu necken: »Wir Staufner bringen Immenstädter Soldaten nur an den Markttagen um. Und heute ist Freitag. Habt Ihr ein Glück.«
    Der Kurier konnte dem makabren Späßchen allerdings nichts abgewinnen und schüttelte verständnislos den Kopf.
    Währenddessen lief der Kastellan zuerst zu Siegbert hoch, um von der Wehrmauer aus zu sehen, was da auf sie zukäme.
    »Das sind ja unsere Leute. Allesamt Staufner«, stellte er verwundert, aber beruhigt fest, bevor er sich kurz mit dem Kurier befasste. »Unser Knecht geleitet Euch hinein. Verschnauft etwas und trinkt einen Schluck, bevor Ihr mir in Ruhe den Grund Eures Kommens nennt. Ich bleibe jetzt erst einmal am Schlosstor, um in Erfahrung zu bringen, was diese geballte Kraft Einheimischer hierher getrieben hat.«
    Als der Kastellan wieder neben Siegbert auf dem Wehrgang über dem großen Eingangstor stand, sah er, dass keiner der Männer bewaffnet war und die Menschen eher dumm aus der Wäsche guckten, als dass sie einen wütenden oder gar aggressiven Eindruck machten.
    »Staufner Untertanen unseres hochverehrten Grafen! – Was wollt ihr hier?«, fragte er in einem bewusst ruhigen, aber offiziell klingenden Ton.
    Anstatt zu antworten, schauten sich die Menschen nur fragend an. Es fiel ihnen keine Antwort ein, weil sie nicht einmal so recht wussten, warum sie eigentlich hier waren.
    »Michel!«, rief der Kastellan, während er auf einen Bauern zeigte. »Sag mir, warum du hier bist!«
    »Offen gesagt, weiß ich es nicht so recht. Wir … wir sind nur dem Königsegg’schen Reiter gefolgt!«
    »Und weshalb?«
    »Wir machen uns Sorgen, dass schon wieder etwas geschehen sein könnte!«, antwortete jetzt der Schmied, der den Haufen angeführt hatte.
    »Ja! – Kommt schon wieder Ungemach auf uns zu?«, trauten sich jetzt einige Mutige zu fragen.
    »Bleibt gelassen, Leute! Ich weiß es selbst noch nicht. Wenn ihr friedlich bleibt, könnt ihr in den Schlosshof hereinkommen und so lange warten, bis ich weiß, was der Kurier zu vermelden hat. Na, ist das ein Wort?«
    »Hoch lebe der Kastellan! Er ist eben einer von uns!«, riefen die Leute begeistert, während Ulrich Dreyling von Wagrain die Schlosswache anwies, unverzüglich das Tor zu öffnen und danach Rudolph zu wecken.

    *

    »Was habt Ihr für Nachrichten? Sind es Neuigkeiten aus Immenstadt?«, wollte der Schlossverwalter vom gräflichen Kurier wissen.
    Der aber wusste außer einem schönen Gruß von Oberamtmann Speen nichts auszurichten. Man hatte ihm nur gesagt, dass er diese versiegelte Rolle schnellstens persönlich übergeben sollte. Er kramte das Stück Papier aus dem Kuriersack: »Für Euch!«, sagte er knapp, als er dem verblüfften Kastellan das Schriftstück übergab.
    »Das ist ja das gräfliche Siegel. – Ein Brief unseres Herrn!«
    »Das kann sein! Erst gestern ist ein Kurier aus Konstanz gekommen und hat dem Oberamtmann und dem Richter etliche Schriftstücke übergeben, worunter sicherlich auch dieses war! Aber jetzt muss ich wieder zurückreiten. Es wird bald dunkel. Habt Ihr etwas, das ich nach Immenstadt mitnehmen soll, werter Herr?«
    »Nein! Da Ihr unvorhergesehen gekommen seid, habe ich nicht die Möglichkeit gehabt,

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