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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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hat nicht viel gesprochen.«
    »Und der Totengräber?«
    »Den habe ich zwar gut gehört, aber wegen Diederich leider nicht alles verstanden.«
    »Herrgott noch mal! Nun lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen«, drängte ihn die Mutter, endlich zu erzählen, was genau er nun gehört hatte.
    »Also: Der Totengräber hat dem anderen Geld gegeben. Der aber hat gemault, dass es zu wenig sei.« Dass der Totengräber versprochen hatte, es dem anderen zu geben, wenn der seinen Teil ihrer Abmachung erfüllt haben würde, hatte Lodewig vergessen.
    »Weißt du, um wie viel Geld es gegangen ist?«
    »Nein! Ich habe nur noch so etwas gehört wie ›Der Wolf im Schafspelz‹ … und dass ›die Zeit reif ist‹.«
    »War das alles?«, fragten Vater und Mutter gleichzeitig und mussten trotz des heiklen Themas darüber lachen.
    Lodewig überlegte zwar noch ein Weilchen, nickte dann aber mit dem Kopf. »Mehr habe ich leider nicht gehört. Ach ja, der Totengräber hat noch gesagt, dass der andere die Schnapsflaschen verschwinden lassen soll.«
    »Schnapsflaschen verschwinden lassen? Ist der andere womöglich ein Händler?«, überlegte die Mutter.
    »Vielleicht brennen sie schwarz? Der eine macht den Schnaps, und der andere verkauft ihn«, kombinierte der Kastellan und beendete die Fragestunde mit den Worten: »Na ja. Jetzt haben wir wenigstens eine Spur.«
    »Hiergeblieben!«, rief die Mutter, nachdem Vater und Sohn Anstalten machten, aufzustehen.
    »Was ist denn jetzt noch?«, knurrte der Kastellan. »Die Arbeit macht sich nicht von selbst.«
    Unbeeindruckt davon stellte sie ihm eine Frage: »Wolltest du Lodewig nicht noch etwas sagen?«
    Als er wieder saß, nahm er sich wie befohlen Lodewig vor: »Hör gut zu, mein Sohn. Du weißt, dass ihr etwas getan habt, was ihr nicht hättet tun dürfen.«
    Jetzt kommt’s doch noch, dachte sich Lodewig, während er stumm nickte.
    »Aber letztendlich seid ihr gesund nach Hause gekommen und nur das zählt.«
    »Wir lieben euch und wir möchten euch nicht verlieren«, fügte die Mutter mit einem weichen Gesichtsausdruck hinzu.
    Jetzt war es der Kastellan, der seine Frau böse anschaute, bevor er zu Lodewig sagte: »Du versprichst uns jetzt in die Hand, dass ihr nie mehr ohne Erlaubnis das Schloss verlassen werdet.«
    Nachdem Lodewig wieder genickt hatte, sagte der Vater, dass er den beiden keine Strafe auferlegen würde, sie aber in der Schlosskapelle beten und bei der Gottesmutter Maria ihren Schwur, das Schloss nie mehr ohne Erlaubnis zu verlassen, wiederholen müssen. Bei der Gelegenheit wollte die Mutter heute noch eine Kerze anzünden und einen Herbststrauß auf den kleinen Altar stellen.
    Als sich Lodewig von seinem Stuhl erheben wollte, drückte ihn der Vater zurück.
    »Noch etwas, mein Sohn: Du wirst bald achtzehn Jahre alt und giltst somit nach unseren Gesetzen als Erwachsener. Handle jetzt schon danach und achte nicht nur auf dich, sondern übernimm darüber hinaus noch mehr Verantwortung für deinen kleinen Bruder. Ich denke, dass du klug genug bist, selbst zu erkennen, dass ab jetzt euer beider Leben gefährdet ist, zumindest so lange, bis die Sache aufgeklärt ist.«
    »Ja, Vater«, entgegnete Lodewig folgsam und fragte ihn: »Was gibt es überhaupt zu klären und was willst du tun, um hinter das Geheimnis des Totengräbers und seines ominösen Gesprächspartners zu kommen?«
    »Das weiß ich – offen gestanden – auch noch nicht«, entgegnete der Vater grübelnd.
    »Ach, noch etwas.«
    »Ja, Vater?«
    »Die ganze Sache bleibt vorläufig unter uns.«
    »Ja, Vater!«

Kapitel 7

    »Hast du schon gehört? Die große Pestilenz blüht neu auf und droht jetzt sogar nach Staufen zu kommen!«
    Die Menschen erzählten diese Neuigkeit schneller weiter, als ein Wiesel zu rennen vermochte. So war es nicht verwunderlich, dass das Gerücht bald die Runde durch das ganze Dorf machte. Woher diese Neuigkeit gekommen war, wusste allerdings niemand. Dennoch erzählte sie einer dem anderen. Diskussionen entfachten sich, und die Angst, selbst von der wütenden Seuche gepackt zu werden, begann umzugehen, obwohl in Staufen noch nie jemand direkte Erfahrungen mit der Pest gemacht hatte. Die Bevölkerung Staufens wusste nicht, ob überhaupt und, wenn ja, wann hier die Pest jemals grassiert hatte. Dieses Wissensdefizit führte umso schneller zu immer heftiger werdenden Spekulationen. Heute war Mittwoch, also Markttag. Eine bessere Gelegenheit, ein Gerücht schnell und großflächig zu streuen,

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