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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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murmelte er leise in seinen ungepflegten Bart hinein. Er bräuchte Didrik nur einige hundert Fuß Richtung Schloss an den kleinen Entenpfuhl zu locken, um ihn dort ertränken zu können. Dies würde dann aussehen wie ein Unfall. Aber dort sind Häuser, und möglicherweise sieht man vom Schloss aus direkt auf den Teich, verwarf er diesen Gedanken wieder. Es ist besser, ihn vom Ort weg Richtung Weißach zu locken. Wenn ich es schaffe, ihn ein Stück den Berg hinunterzubringen, kann ich mich in aller Ruhe mit ihm befassen, tüftelte er weiter an der Umsetzung seines perfiden Planes. Er wusste, dass dort kein einziges Haus stand. Und die nächsten Anwesen waren weit weg. Da fiel ihm die Felsenhöhle ein, die, einer alten Legende zufolge, früher der Ausgang des Geheimganges der alten Burg Staufen gewesen sein soll. Diese Höhle kannte heute kaum noch jemand. Er selbst hatte während seiner Immenstädter Zeit davon erfahren und dort sogar einen Lageplan gesehen, was ihm jetzt zugute kommen sollte. Ein hämisches Grinsen ließ sein Gesicht zu einer Fratze werden. Ich glaube, dass ich die Höhle finden werde. Sie wäre bestimmt ein idealer Platz, um diesen Didrik zu beseitigen.
    Als der Meuchler den Knaben wieder nach seiner Katze rufen hörte, blickte er zu dessen Eltern hoch und stellte fest, dass sie immer noch damit beschäftigt waren, frisch gefärbte Tücher zum Trocknen aufzuhängen. Er sah nur deren Hände, die sich mit den schweren Stoffteilen abplagten. Wenn ich ihre Gesichter nicht sehen kann, können sie mich auch nicht erkennen, hoffte er und rannte entschlossen über ein Stück offenes Gelände bis zu einem schützenden Baum vor. Dort verharrte er ein Weilchen, um abzuwarten, ob sich etwas rühren würde. Aber es blieb still.
    »Jetzt oder nie!«, entfuhr es dem Totengräber, während er sich aufgeregt den Bart zauste und aus seiner Deckung kam. »Was soll’s. Jetzt hat es sich nun mal so ergeben«, murmelte er abschätzig, während er sich dem Jungen zu nähern versuchte.
    Da von dessen Eltern momentan keine große Gefahr drohte, gelang ihm dies auch. Aber er musste handeln, bevor diese nach getaner Arbeit herunterkämen. Er schlich sich so nahe an Didrik heran, bis er dem möglichen Blickfeld der Eltern gänzlich entschwunden war und dem Knaben die letzten Schritte aufrecht entgegengehen konnte.
    Didrik erschrak zwar etwas, als er den wüst aussehenden Mann sah, dachte sich aber in der schützenden Nähe seines Elternhauses nichts dabei, als dieser lächelnd auf ihn zukam. Außerdem kannte er ihn vom Sehen her. Da der Totengräber befürchtete, der Knabe – sofern es sich um denjenigen handelte, der ihn und den Medicus belauscht hatte – könnte ihn wiedererkennen, verstellte er seine Stimme: »Na, Kleiner, wie heißt du denn?«
    Da das unbekümmerte Kind nichts Böses ahnte, kam die prompte Antwort: »Didrik!«
    »Und was tust du hier, Didrik?«, fragte der Totengräber weiter.
    »Ich suche meine Katze Munzi!«
    »Wie sieht sie denn aus?«
    »Gstrimutzelt!«, antwortete Didrik knapp. »Hast du sie gesehen?«
    »Ich glaube, ja.«
    Nachdem Didrik seine grauweiß gestreifte Katze noch genauer beschrieben hatte, behauptete der Totengräber ganz genau zu wissen, wo das Tier war und fügte theatralisch hinzu, dass es verletzt sei und dringend Hilfe brauche. Didrik erschrak und schaute den Überbringer dieser schlechten Nachricht furchtsam an. Die Augen des Totengräbers hingegen verengten sich zu Schlitzen. »Soll ich dich zu ihr führen?«
    Aus Sorge um seine geliebte Katze ließ sich der Kleine dies nicht zweimal sagen. Er überlegte jetzt nicht lange und dachte nicht mehr an die Mahnung seines Vaters.
    »Aber wir müssen uns beeilen!«, beschwor der Totengräber den Jungen, um ihn davon abzulenken, sich zu besinnen.
    Ruland Berging war innerlich aufgewühlt und hatte Angst davor, dass die Sache schiefgehen könnte, weswegen er Didrik mit den sanftesten Tönen und den größten Lügen dazu verleitete, mit ihm zu gehen. »Du möchtest deiner Munzi doch helfen. Oder?«

Kapitel 8

    Währenddessen war es auf dem Markt immer turbulenter geworden. Aus Angst vor der Pest und dem damit verbundenen Willen, ihre Familien zu schützen und möglichst viele Nahrungsmittel zu hamstern, hatten sich die Frauen gegenseitig zu solchen Furien hochgepeitscht, dass sich die meisten der wenigen Männer an Plätze zurückgezogen hatten, von wo aus sie das Treiben aus sicherer Entfernung beobachten konnten. Anstatt sich

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