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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Totengräber darüber, dass sein Gerücht auch bei den Männern so schnell die Runde gemacht hatte. Die neue Information bestätigte ihm, dass die Zeit reif zum Handeln war. Umso mehr ärgerte es ihn jetzt, dass er nicht wusste, ob der Medicus vom Kräutermann in Hopfen alle benötigten Pflanzen bekommen hatte.
    »Wo bleibt das Arschloch nur? Sicher ist der alte Säufer die paar Meilen weiter bis zur Simmerberger Bräustatt hinuntergeritten, um sich die Kante zu geben«, mutmaßte Ruland Berging, der seinen versoffenen Kumpan nur allzu gut kannte.

Kapitel 13

    Die Suche nach dem Sohn des Blaufärbers war nun schon bis in den späten Nachmittag hinein gegangen. Die Helfer hatten sich wie besprochen bei Sonnenaufgang getroffen, sich wie tags zuvor paarweise aufgeteilt und dort zu suchen begonnen, wo sie am Vortag aufgehört hatten. Dass sie auch dem Weg bis dorthin erneut ihre Aufmerksamkeit geschenkt hatten, war für sie selbstvertändlich gewesen. Um Didrik zu finden, war ihnen keine Mühe zu groß. Außer dass heute Lodewig dabei war, hatte sich nichts geändert. Wie schon den ganzen Tag über schallten auch jetzt noch aus allen Himmelsrichtungen die verzweifelten Rufe: »Didrik! Didrik! – Melde dich! – Sag doch etwas!«
    Aber der Knabe antwortete nicht.

    Obwohl Lodewig nicht von der Seite seiner Mutter weichen durfte, nahm er seine Aufgabe ernst und sah mit Feuereifer in dem ihnen zugewiesenen Suchabschnitt aufmerksam hinter jedem Baum und in jeder Bodenvertiefung, bei jedem Felsbrocken und unter jeglichem Gestrüpp nach: ohne Ergebnis! Für den Entenpfuhl nahmen sie sich ganz besonders viel Zeit. Das stehende Gewässer unterhalb des Schlosses war von jeher ein zwar verbotener, aber beliebter Spielplatz für die Kleineren gewesen, so könnte auch Didrik vorgestern hier gespielt haben … und ertrunken sein. Deswegen stapfte Lodewig bereits seit über einer Stunde kreuz und quer durch den Tümpel und stach mit einem soeben abgebrochenen Haselnussstecken im Schlick herum. Währenddessen suchten seine Mutter und Otward das schilfbewachsene Ufer und den östlichen Hang zum Schloss hoch ab.
    »Um Gottes willen! … Was ist denn das?«, fragte sie erschrocken ihren Sohn, als er ermattet aus dem Teich stieg.
    Erst als Lodewig nähergekommen war und an sich herunterschaute, merkten die beiden, dass sich wohl über ein Dutzend Blutegel an den Beinen des jungen Mannes festgesaugt hatte.
    »Halb so wild«, sagte er beruhigend, drehte gekonnt einen nach dem anderen ab und warf sie allesamt wieder ins Wasser zurück. Lodewig blickte sich um und sah unweit von sich ein paar Ringelblumen. »Ich bin gleich wieder hier«, beruhigte er die Mutter und rannte los. Nachdem er ein paar der blutstillenden und wundheilenden Blumen gepflückt hatte, zerrieb er deren Köpfe zwischen seinen Händen und spuckte mehrmals darauf, bevor er das Gemisch über die Stellen, an denen sich die Blutsauger gütlich getan hatten, rieb. »So, wir können gehen«, sagte er, als wäre nichts gewesen.
    Die Mutter staunte nicht schlecht. »Du kennst dich aber gut damit aus«, lobte sie ihn.
    »Ja, glaubst du vielleicht, dass ich als Kind nicht auch hier gespielt habe?«, lachte Lodewig verschmitzt, während er sich aufmachte, weiter nach Didrik zu suchen.
    »So, so!«, antwortete seine Mutter schmunzelnd, ihre Miene verfinsterte sich aber schnell wieder. »Dass hier leicht jemand umkommen könnte, kann ich mir gut vorstellen«, orakelte sie, machte sich aber nicht die geringsten Sorgen um Lodewigs Beine. Die erfahrene Frau wusste, dass Blutegel beim Menschen nicht so schnell Schaden anzurichten vermochten, im Gegenteil sogar nützliche Tiere sein konnten.
    »Auf geht’s: Suchen wir weiter!«, drängte Lodewig.

    *

    Auch die Bombergs hatten sich bei ihrer Suche nach Didrik ein ganzes Stück vom Färberhaus entfernt und waren den Berg hinunter fast nach Weißach gekommen. Es war kühl geworden und Judith müde, als sie von Jakob herbeigerufen wurde.
    »Sieh mal, Judith, hier rechts ist schon wieder das Gras abgeknickt! Es sieht aus wie eine Spur. Hier muss vor Kurzem jemand entlanggegangen sein.« Obwohl Judith kraft- und lustlos geworden war und es ihr eigentlich reichte, folgte sie mit ihrem Mann der ersten Hoffnungsspur des Tages.
    »Hier!«, sagte er aufgeregt und deutete wieder auf zertrampeltes Gras.
    Während Judith kaum noch laufen konnte, hatte Jakob eine Art Jagdfieber gepackt. Wenn es diese geknickten Halme nicht gegeben hätte, wären sie

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