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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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und her, »in der Weißenbachmühle die Pest geholt und von Oberthalhofen aus hierher nach Staufen geschleppt haben. Du glaubst allen Ernstes, dass wir uns dort angesteckt haben?«
    Konstanze nickte still. Ihre Gesichtszüge verzerrten sich, die Lippen begannen zu zittern und die ersten Tränen liefen herunter. Wenn die Sache nicht so ernst gewesen wäre, hätte der Kastellan jetzt laut lachen müssen. Da er seine Frau aber schonen wollte, tat er dies nicht und drückte sie stattdessen fest an sich. Im Moment war es ihr einerlei, ob auch sie sich infizieren würde – die Umarmung ihres Mannes tat ihr einfach zu gut. Sanft packte Ulrich seine Frau an den Oberarmen und sah ihr tief in die Augen, bevor er den Kopf schüttelte und sagte: »Nein, mein Schatz, wir tragen die Pest nicht in uns.«
    Konstanzes Pupillen wurden weit. Was hatte sie soeben gehört? »K… k… keine Pest?«, stotterte sie. »Aber …«
    Ihr Mann schüttelte lächelnd den Kopf und berichtete, dass in Stiefenhofen, in Harbatshofen und in Oberthalhofen alles in Ordnung sei und es dort keine Pestausbrüche gäbe. »… und während Lodewig dem jungen Müller über die Schulter geschaut hat, habe ich mich mit der alten Weißenbachmüllerin unterhalten. Alle sind gesund, auch die Bälger. Und ihre Schwiegertochter befindet sich in freudiger Erwartung«, beendete er seine Erzählung.
    »Das … das heißt …«
    »Ja, mein Schatz! Das heißt, dass sich von der Weißenbachmühle aus die Pestilenz unmöglich ausgeweitet haben kann, weil es dort keine Pest gibt … Verstehst du das: Dort gibt es keine Pest und von dort ist zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr ausgegangen. Die Weißenbachmüllerin hat mir erzählt, dort hätten sich nicht einmal die Schweden oder kaiserliche Truppen blicken lassen. Und woher hätte die Pest sonst kommen können?«
    Konstanze fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Schluchzend umarmte sie ihren Mann.
    Sie tat jetzt, was sie sofort nach ihrem Kommen gerne getan hätte: Sie drückte Diederich so fest an ihr Herz, dass der sich beschwerte: »Aua, Mama. Du tust mir weh.«
    Während sie nach dem Essen noch weiter diskutierten, zündete sich Ulrich eine Pfeife an. Nach einer Weile fragte er seine Frau, ob während seiner Abwesenheit sonst noch etwas vorgefallen sei.
    Konstanzes Miene verfinsterte sich wieder. Sie bat Lodewig, mit seinem Bruder nach draußen zu gehen, um bei Siegbert Diederichs Holzpferdchen zu holen.
    Als die beiden den Raum verlassen hatten, ging Konstanze noch einmal auf die heutige Suche nach Didrik ein.
    »Und was ist morgen? Hilfst du uns bei der Suche?«, fragte sie ihren Mann.
    Ulrich musste nicht lange überlegen, bevor er die Antwort gab: »Es tut mir leid, aber das Allgemeinwohl geht jetzt vor. In meiner Eigenschaft als kommissarischer Ortsvorsteher ist es meine Aufgabe, Schaden von der gesamten Dorfgemeinschaft abzuwenden, weswegen ich unverzüglich nach Immenstadt muss. Nimm statt meiner Lodewig mit auf die Suche. Wenn er in deiner unmittelbaren Nähe bleibt und du sorgsam auf ihn aufpasst, kann ihm nichts geschehen. Außerdem ist er alt genug, um auf sich selbst zu achten. Mehr können wir für die Familie des Blaufärbers momentan leider nicht tun.« Es herrschte Ruhe – zu lange Ruhe für Ulrich, der spürte, dass noch etwas nicht stimmte. »Ist sonst noch was?«, fragte der besorgte Familienvater, der bemerkt hatte, dass seine Frau unruhig an einem Küchentuch herumnestelte.
    »Ja! Dies war leider noch nicht alles«, bestätigte sie die Vermutung ihres Mannes und berichtete von der merkwürdigen Sache mit dem Totengräber.
    »Und Ruland Berging hat gestutzt, als der Blaufärber seinen Sohn Didrik gerufen hat?«, wollte er das soeben Gehörte bestätigt wissen – gerade so, als wenn er es nicht verstanden hätte.
    »Ja! Hörst du mir denn nicht zu?«, wurde er gerügt.
    »Ist der Totengräber dem Blaufärber und seinem Sohn denn nachgegangen?«, wollte Ulrich noch wissen.
    »Ich weiß nicht. Jedenfalls habe ich das nicht gesehen. Ich habe auf nichts mehr geachtet und war froh, als ich mich mit Diederich auf dem Nachhauseweg befunden habe.«
    Der Kastellan rieb sich nachdenklich den Bart und strich dann seiner Frau übers Haar.
    »Das kann ich gut verstehen. Nun haben wir zwar deine Vermutung, aber keine Beweise. Also müssen wir zunächst einmal davon ausgehen, dass er nichts mit Didriks Verschwinden zu tun hat.«
    »Du wirst die Sache doch nicht auf sich beruhen lassen?«, drängte Konstanze ihren

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