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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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würde er berechnen, die Toten aber ohne teures Holz in die Gruben werfen. Er war zwar an dem, was der Arzt für seine vermeintliche Hilfe von seinen künftigen Patienten einnehmen würde, beteiligt, wusste aber schon jetzt, wie er zusätzlichen Profit machen konnte, ohne seinen Komplizen daran teilhaben zu lassen.
    »Jetzt sollte ich mich aber sputen. Ich muss noch die fertigen Säckchen verstauen und die Giftpflanzen für Stufe zwei unseres Plans im Schrank verstecken. Außerdem ist mir das Linnen ausgegangen und die Wasserschüssel ist auch leer«, entschärfte der Medicus die aufkommende Aggression, die er aber sofort wieder anschürte, indem er dem Totengräber einen stinkenden Lumpen in die Hand drückte. »Und du putzt den Behandlungsraum! Hier ist alles voller Pflanzenstaub. Ich räume inzwischen die Reste vom Tisch, damit es wieder ordentlich aussieht, falls sie die alte Huberin doch noch bringen sollten.«
    »Ganz schön selbstbewusst geworden«, grummelte der Totengräber, der das Angeschnarrtwerden unwidersprochen in Kauf nahm, weil er sich jetzt ganz sicher war, dass ihr Plan klappen würde.

Kapitel 21

    Es war kalt, und Konstanze fröstelte. Während sie an einem der Fenster des Wappensaales stand und dem Treiben draußen zusah, gab es im Schloss Staufen kaum einen Fensterladen, der nicht in das Lied des Windes eingestimmt hätte. Das stürmische Rauschen und Pfeifen vermischte sich mit dem hölzern und blechern klingenden Klappern an allen Ecken und Enden der Schlossanlage. Der Regen prasselte fast quer gegen die Scheiben, und der ansonsten mächtig wirkende Obergölchenwangergrat war in für diese vormittägliche Stunde beängstigende Dunkelheit gehüllt. Normalerweise liebte Konstanze den Blick zur Bergkette bei jedem Wetter. Aber jetzt war sie nicht in Stimmung. Ihre Gedanken waren bei ihrem Mann. Sie hoffte, dass die Anhörung gut vorüberging und deren Ausgang keine weiteren Probleme für Otto oder womöglich für ganz Staufen mit sich bringen würde.
    »… aber Ulrich wird die Sache schon regeln, und Otto hat ja schließlich nichts Böses getan«, beschwor sie laut, den Rest ihrer trüben Gedanken zu vertreiben.
    Da schepperte es plötzlich, als würde das ganze Schloss zusammenbrechen. Konstanze zuckte erschrocken zusammen. Sie lief zur Tür, um der Ursache dieses mörderischen Lärms auf den Grund zu gehen. Die Kastellanin dachte einen Moment lang, dass irgendwo im Schloss der Blitz eingeschlagen hatte. Was sie sah, oder besser gesagt, was sie hörte, war zwar aufregend, aber alles andere als beängstigend. Lodewig hatte für sich und Diederich Landsknechttrommeln gebastelt. Hierfür hatten zwei kleine Holzzuber, in denen die Mutter normalerweise Tücher trocken stampfte, herhalten müssen. Umgedreht ergaben die Zuberböden eine hervorragende Resonanzfläche. Durch jeweils zwei der Löcher, durch die sonst das Wasser herausgedrückt wurde, hatte Lodewig Stricke geflochten, damit die Zuber umgehängt werden konnten und marschiertauglich waren. Als Trommelstecken mussten Kochlöffel herhalten. Damit auch ja jeder hörte, dass das schlosseigene Trommlercorps im Anmarsch war, hatte Lodewig zur Freude seines kleinen Bruders auf den Böden im Inneren der umgedrehten Zuber auch noch Drähte befestigt, an die er alles gehängt hatte, was dazu dienlich war, ohrenbetäubend zu scheppern.
    Nachdem die Mutter einige Male erfolglos versucht hatte, ihre Kinder dazu zu bewegen, endlich mit dem höllischen Lärm aufzuhören, schrie sie aus voller Brust: »Ruhe im Saal!«
    Wie ein geübter Tambourmajor hob Lodewig die rechte Hand und deutete somit Diederich, sofort mit dem Trommeln aufzuhören.
    »Kompanie stillgestanden! – Die Stecken hoch!«, rief er noch, bevor er sich mit einem mehr oder weniger gelungenen militärischen Gruß an seine Mutter wandte.
    Konstanze spielte mit und entgegnete in streng klingendem Ton: »Kompanie der gräflichen Stadtwache. Trommeln ab und Essen fassen!«
    »Essen fassen« war das Zauberwort für Diederich, um von seinem momentanen Tun abzulassen. Und Lodewig war froh, mit der Kinderei aufhören zu können. Der Kleine ergriff eine Hand der vor sich hin hüstelnden Mutter, um sie ins Vogteigebäude und dort in die Küche zu ziehen. Da sie den zappeligen Knaben zur Räson bringen und ihre Ruhe haben wollte, beschloss sie, den Tisch jetzt schon zu decken, obwohl der Vater noch lange nicht zu Hause sein würde. Es gab eine typische Allgäuer Brotsuppe, die alle ihre Männer

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