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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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regnet?«, fragte ein nicht gerade mit Klugheit gesegneter Stammtischhocker aus dem nahen Weiler Stein.
    »Nein! Dass Pferde geklaut werden.«
    »Nicht, dass ich wüsste«, antwortete der Wirt hinter seinem Tresen hervor. Die Stammtischbrüder schüttelten dazu einmütig den Kopf.
    Der Wirt wies währenddessen seinen Schankburschen an, zwischendurch immer wieder nach draußen zu sehen, ob mit dem Pferd und dem Fuhrwerk seines hohen Gastes alles in Ordnung war.
    »Zur gleichen Zeit ist ein Immenstädter verschwunden, der des mehrfachen Betruges und des Diebstahls angeklagt werden sollte«, machte der alte Pankraz Meisburger, ein ehemaliger Holzrücker, den Versuch, eine Verbindung zu konstruieren.
    »Das war kein richtiger Städtler, sondern nur ein Zugereister«, korrigierte Anton Huber, dessen Stammplatz durch seine ständige Präsenz im neuen Gasthaus schon so abgewetzt war, dass er sich gewiss keinen Spreißel mehr in seinen Allerwertesten ziehen konnte.
    »Ja, ja. Du hast ja recht. Aber um das geht es jetzt überhaupt nicht. Trink dein Bier und halt’s Maul«, wurde er angepfurrt.
    »Immerhin könnte es der zugereiste Immenstädter gewesen sein, der das Pferd geklaut hat. Lass Anton also in Ruhe«, wurde der Zecher, der schon seinen ganzen Verstand versoffen hatte und auf dessen Äußerungen niemand mehr hörte, in Schutz genommen.
    Bevor der Kastellan einhaken konnte, kam eine andere Mutmaßung auf den Tisch: »Vielleicht war der Dieb aber auch nur ein Experte, der erkannt hat, dass es sich um ein spanisches Pferd handelt?«
    »Was! Ein Andalusier?«, staunte der Kastellan, der wusste, dass es sich dabei um eine ganz besonders edle Pferderasse handelte.
    »Ja!«, bestätigte der Schmied und kam sogleich ins Schwärmen. »Es sind Pferde von schlankem und schönem Wuchs. Sehr widerstandsfähige Tiere, die sich ganz besonders durch Schnelligkeit auszeichnen. Sie eignen sich für alle Arten der Reitkunst und zur Zucht … nur nicht als Arbeitstier. Da das gestohlene Pferd laut seinem ehemaligen Besitzer ein Hengst war, war es besonders wertvoll. In deutschen Landen gibt es Andalusier aber noch nicht lange – nicht einmal der Graf hat so ein edles Tier. Solche Pferde leisten sich nur besonders hochgestellte Persönlichkeiten … oder eben reiche Kaufleute aus Venedig.«
    »Das habt Ihr wirklich sehr gut erklärt, Schmied. Wisst Ihr auch noch, welche Farbe das edle Tier gehabt hat?« fragte der Kastellan abschließend.
    »Na klar! Es war ein Schimmel.«

Kapitel 23

    Einige Tage waren vergangen. Der Medicus lief unruhig in seinem Behandlungsraum auf und ab. Da er sich auf Geheiß des Totengräbers, oder besser gesagt: auf dessen wüste Beschimpfungen hin, immer noch zusammenriss, hatte er schon seit zwei Tagen keine Schnapsgallone mehr angerührt und fühlte sich dementsprechend mies. Er war unkonzentriert, und seine Hände zitterten. Außerdem bekam er in regelmäßigen Abständen Schweißausbrüche, die von einem Schwindelgefühl begleitet wurden. Die Gedanken schwirrten ihm so durch den Kopf, dass er befürchtete, an diesem trotz der Sauferei immer noch einigermaßen intakten Körperteil ernsthafte Probleme zu bekommen.
    Warum ist der Huberbauer mit seinem Weib nicht zu mir gekommen?, quälte er sich selbst. Oder habe ich ihm etwa zugesagt, dass ich sein krankes Weib aufsuche? Er wusste nicht mehr, was ausgemacht worden war, und er wusste nicht, wie es der Frau ging. Wahrscheinlich war sie gestorben. Aber er hatte kein Aveglöckchen läuten gehört. Was, in Gottes Namen, ist geschehen?, fragte sich der desorientierte Arzt, der vergessen hatte, dass er die Bäuerin hatte besuchen wollen und nicht umgekehrt.
    Außerdem hatte er damit gerechnet, dass aufgrund des Gerüchtes die Menschen in Scharen zu ihm kommen würden, um eine Arznei gegen die Pest zu erhalten. Er wäre vorbereitet gewesen. Nun wusste er nicht, was los war. Noch mehr wunderte er sich darüber, dass er vom Totengräber schon seit Tagen nichts mehr gehört hatte. Auch wenn ihm der düstere Geselle zuweilen auf die Nerven ging, vermisste er ihn jetzt doch.
    Es war still im Behandlungsraum, was die Einsamkeit des Arztes noch verstärkte. Er wollte jetzt endlich wissen, was Stand der Dinge war und machte sich auf den Weg zum Huberhof. Damit es so aussah, als würde er sich ernsthaft um den Gesundheitszustand der alten Huberin Sorgen machen, packte er in seine Tasche schnell noch ein paar Arzneien und Instrumente.
    Wenigstens hat sich das trübe Wetter

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