Die Pfade des Schicksals
zugleich bemüht, deinen Sohn zu erhalten. Wenn ich die Gaben des Jungen weiter einsperrte, würde ich dich verraten. Wenn ich ihn lebend in deiner Obhut beließe, würde ich Kastenessen verraten. So habe ich mich bemüht, meine Martern zu vervollkommnen.«
Und Jeremiahs Qualen unter der Herrschaft des Croyels hätten angedauert! Linden begann erbittert um sich zu schlagen, drosch auf Kaltgischt Rauhreifs und Rüstig Grobfausts Wunden ein, als wollte sie sie bestrafen.
Die Riesinnen ertrugen ihre Gewalt schweigend. Sie erduldeten Lindens rauen Beistand wie eine Caamora.
»Aber bei einer Gelegenheit habe ich eine Entscheidung getroffen«, fuhr Esmer fort. »Indem ich die Urbösen und Wegwahrer samt ihren Handfesseln an diesen Ort geholt habe, habe ich mich gegen meinen Großvater gestellt. Willst du leugnen, dass ich für meine Taten gelitten habe?«
Das klang, als wollte er Linden um Verzeihung bitten. Er kniete hilflos da, hatte flehentliche Bitten wie Regen in den Augen. Die Eisenfesseln an seinen Handgelenken verhinderten jeglichen Gebrauch seiner Macht.
Linden, die aufgebracht und durcheinander war, bemühte sich um Selbstbeherrschung. Die Schwertmainnir hatten ihr Leben für sie eingesetzt. Für Jeremiah. Für Covenant. Sie verdienten, sanft geheilt, statt ausgepeitscht zu werden. Während sie darum kämpfte, ihr Herz zu dieser Aufgabe zu verpflichten, hüllte sie Sturmvorbei Böen-Ende rasch in Flammen. Dann kehrte sie zu ihrem Ausgangspunkt bei Onyx Steinmangold zurück, begann sorgfältiger zu arbeiten und strebte nun nach Vollständigkeit.
Willst du leugnen, dass ich gelitten habe?
Von Clyme und Branl gefolgt verließen Mahrtiir und Bhapa den Grat, um Covenant entgegenzugehen. Die beiden Gedemütigten waren so schwer verletzt, dass sie hinkten. Trotz ihrer Zähigkeit wirkten sie so schwach, als könnten sie jeden Augenblick der Länge nach hinschlagen. Aber der Mähnenhüter - selbst schwer verletzt und nur durch Vitrim gestärkt - lehnte ihre Begleitung nicht ab.
Sie hielten Covenant ungefähr ein Dutzend Schritte unterhalb des Grats auf, aber Linden konnte nicht hören, was sie sagten. Jedenfalls brachte es ihn dazu, stehen zu bleiben und ihnen zuzuhören.
Obwohl sie sich auf Steinmangold konzentrieren musste, wollte sie Esmer fragen: Woher haben die Urbösen gewusst, was passieren würde? Woher hast du es gewusst? Aber eine andere Frage drängte sich vor.
»Warum hat Lord Foul es auf Jeremiah abgesehen? Mit oder ohne den Croyel ist er nur ein Junge.« Verschlossen und unzugänglich. »Was verspricht der Verächter sich von ihm?«
Wie eine ersterbende Brise flüsterte Esmer: »A-Jeroths Pläne sind mir verborgen. Ich weiß nur, dass er danach hungert, die Talente des Jungen nützen zu können. Vielleicht sieht er irgendeine obskure Gefahr. Oder vielleicht braucht er diese Talente, um seine Absichten verwirklichen zu können. Jedenfalls giert er danach, deinen Sohn zu besitzen.
Solche Dinge kümmern Kastenessen nicht. Obwohl der Wüterich Moksha entsprechende Andeutungen macht, hört Kastenessen nicht auf ihn.«
Roger wollte ein Portal zur Ewigkeit. Aber Linden war zu erschöpft, um diese Idee weiterzuverfolgen. Die nächste Verletzung, dann die übernächste erforderte ihre gesamte Konzentration. Auch Steinmangolds angeborene Zähigkeit würde zu ihrer Heilung beitragen, aber den größten Teil würde doch Linden leisten müssen …
Plötzlich drang Covenants Stimme an ihr Ohr: ein Aufschrei, aus dem Wut oder Verzweiflung sprach. »Verdammt noch mal! Warum hat mich keiner geschlagen? Mir den Arm gebrochen? Irgendwas versucht? Ich hätte vielleicht helfen können!«
»Wie?«, fragte Mahrtiir. Linden hörte ihn deutlich. »Du bist kein Krieger. Du besitzt keine Werkzeuge der Macht.«
»Das weiß ich!« Covenant schrie fast. »Aber ich wäre eine verdammt gute Ablenkung gewesen.« Ruhiger fügte er hinzu: »Wenigstens hätte ich an Galts Stelle den Krill halten können. Dann würde er vielleicht noch leben.«
Mit zusammengebissenen Zähnen beendete Linden die Versorgung Steinmangolds. Sie schloss einen Moment die Augen, rang um Selbstbeherrschung. Dann richtete sie Erdkraft und Gesetz auf Zirrus Gutwind.
Gutwind war nicht gefährdeter als die anderen Riesinnen. Sie war Linden nur näher.
»Weißgoldträgerin.« Esmers Appell klang so schwach, als hätte er alle Hoffnung verloren. Trotzdem trug er sein Begehren erneut vor. »Ich kann diesen Zustand nicht länger ertragen. Das will ich auch
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