Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
allerdings einen dämlichen Plan in den Kopf gesetzt«, sagte Micky, ohne seinen Unmut zu verhehlen. »Sie möchte eine Geburtsklinik für unverheiratete Frauen eröffnen.« Augusta schüttelte mißbilligend den Kopf. »Das ist für eine Frau in ihrer gesellschaftlichen Stellung ganz und gar unmöglich. Außerdem gibt es bereits eine oder zwei solcher Einrichtungen.«
    »Sie meint, das seien kirchliche Institutionen, die nichts anderes bezweckten, als den Frauen moralische Vorhaltungen zu machen. ›In meinem Haus wird nicht gepredigt‹, sagt sie.«
    »Das wird ja immer schlimmer! Denk doch nur, was die Presse darüber schreiben wird!«
    »Genau. Ich habe ihr das auch unmißverständlich zu verstehen gegeben.«
    »Rachel ist ein glückliches Mädchen«, sagte Augusta und schenkte
    Micky ein intimes Lächeln.
    Ihm fiel auf, daß Augusta mit ihm flirtete und er nicht darauf einging. Es war Rachels Schuld. Er liebte sie nicht, soviel stand fest, aber die Beziehung zu ihr forderte ihn und beanspruchte seine gesamte sexuelle Energie. Als Augusta ihm eine Tasse Tee reichte, ergriff er zum Ausgleich für seine Unaufmerksamkeit für einen Augenblick ihre Hand und sagte mit sanfter Stimme: »Sie schmeicheln mir.«
    »Gewiß, gewiß. Aber du hast doch etwas auf dem Herzen, das spüre ich ganz deutlich.«
    »Die gute Mrs. Pilaster! Scharfsichtig wie eh und je. Wie konnte ich mir nur einbilden, vor Ihnen etwas verbergen zu können?« Er ließ ihre Hand los und nahm seine Tasse. »Ja, es stimmt. Ich mache mir Gedanken wegen der Santamaria-Bahn.«
    »Ich dachte, die Teilhaber hätten längst zugestimmt.«
    »Haben sie auch. Aber diese Angelegenheiten brauchen so furchtbar lang, bis sie endlich arrangiert sind.«
    »Die Finanzwelt dreht sich langsam.«
    »Das sehe ich ja auch ein - aber meine Familie nicht. Mein Vater schickt mir ein Kabel nach dem anderen. Ich verfluche schon den Tag, an dem meine Nachricht in Santamaria eintraf.« In diesem Moment platzte Edward herein. Er konnte es kaum erwarten, seine Neuigkeiten loszuwerden. »Antonio Silva ist wieder hier!« rief er, noch ehe er die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    Augusta erbleichte. »Woher weißt du das?«
    »Hugh hat sich mit ihm getroffen.«
    »Das ist ein schwerer Schlag«, konstatierte Augusta, und Micky sah zu seiner Überraschung, daß ihre Hand zitterte, als sie die Teetasse auf die Untertasse stellte.
    »Und David Middleton läuft immer noch herum und stellt lästige Fragen«, ergänzte Micky, der sich an Middletons Gespräch mit Hugh auf dem Ball der Herzogin von Tenbigh erinnerte. Micky gab sich besorgt, obwohl er mit der Nachricht gar nicht so unzufrieden war.
    Es konnte nichts schaden, wenn Edward und Augusta von Zeit zu Zeit an das schlimme Geheimnis erinnert wurden, das sie mit ihm teilten.
    »Das ist noch nicht alles«, sagte Edward. »Antonio versucht, die Emission der Santamaria-Anleihen zu sabotieren.« Micky zog die Brauen zusammen. In Cordoba hatte sich Tonios Familie gegen das Bahnprojekt gewandt, doch hatte sich Präsident Garcia über ihren Einspruch hinweggesetzt. Was wollte Tonio also hier in London erreichen?
    Augusta beschäftigte die gleiche Frage. »Was kann er hier schon tun?«
    Edward reichte seiner Mutter ein Manuskript. »Lies das!«
    »Was ist das?« fragte Micky.
    »Ein Artikel über die Salpetergruben deiner Familie, den Tonio in der Times veröffentlichen möchte.« Rasch überflog Augusta die Seiten.
    »Er bezeichnet das Leben der Grubenarbeiter als unerfreulich und gefährlich«, sagte sie spöttisch. »Wer hat denn je behauptet, es wäre ein Gartenfest?«
    »Da steht auch drin, daß Frauen ausgepeitscht und Kinder erschossen werden«, sagte Edward.
    »Und was hat das mit eurer Anleihenemission zu tun?«
    »Mit der Bahn soll der Salpeter in die Hauptstadt transportiert werden. Investoren mögen keine umstrittenen Projekte. Viele von ihnen scheuen schon ganz allgemein vor südamerikanischen Anleihen zurück. So was wie das hier könnte ihnen den Rest geben.«
    Micky war erschüttert. Diese Nachricht klang äußerst bedrohlich.
    »Was sagt denn dein Vater dazu?« fragte er Edward. »Wir bemühen uns, eine andere Bank zu finden und die Sache mit ihr gemeins a m durchzuziehen. Tonio soll seinen Artikel ruhig veröffentlichen. Wir warten erst einmal ab. Wenn das öffentliche Aufsehen zu einem Kurssturz bei südamerikanischen Wertpapieren führt, werden wir die Santamaria-Bahn vollends aufgeben müssen.«
    Zur Hölle mit diesem Tonio!

Weitere Kostenlose Bücher