Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
den Prinzen an und gab sich alle Mühe, Haltung zu bewahren. In Wirklichkeit war sie schlichtweg entsetzt. Daß Maisie, dieses einfache Mädchen aus der Arbeiterklasse, für das sie vor sechs Jahren nur Hohn und Spott übrig hatte, inzwischen über wesentlich größeren Einfluß verfügt als sie selbst, muß Augusta ungeheuer wurmen, dachte Hugh.
    Wie auf ein Stichwort trat ausgerechnet in diesem Augenblick Sidney Madler auf die beiden zu und sagte sichtlich irritiert zu Joseph: »Ist das die Frau, von der Sie sagten, sie sei hoffnungslos ungeeignet für das Leben an der Seite eines Bankiers?« Ehe Joseph antworten konnte, ergriff Augusta das Wort. In trügerisch sanftem Ton bemerkte sie: »Sie ist dafür verantwortlich, daß der Bank ein großer Auftrag entgangen ist.«
    »Das stimmt nicht, mit Verlaub«, mischte Hugh sich ein. »Die Anleihe geht durch.«
    Augusta wandte sich an Joseph: »Graf de Tokoly hat nicht interveniert?«
    »Nein, seine Verstimmung scheint nur vorübergehend gewesen zu sein.«
    Augusta mußte nun die Zufriedene spielen. »Wie erfreulich«, sagte sie, doch ihre Unaufrichtigkeit war unverkennbar. »Finanzielle Imperative wiegen letztlich doch meist schwerer als gesellschaftliche Vorurteile«, sagte Sidney Madler. »So ist es«, bestätigte Joseph. »Ich glaube, ich war vielleicht doch etwas vorschnell, als ich Hugh die Teilhaberschaft verweigerte.« Augusta unterbrach ihn. Ihre Stimme war wie honigsüßes Gift. »Was sagst du da, Joseph?«
    »Hier geht's ums Geschäft, meine Liebe, das ist Männersache«, entgegnete ihr Gatte bestimmt. »Darüber brauchst du dir nicht den Kopf zu zerbrechen.« Er wandte sich an Hugh. »Wir sehen es äußerst ungern, daß du für die Greenbournes arbeiten willst.«
    Hugh wußte nicht, was er darauf antworten sollte. Ihm war bekannt, daß Sidney Madler energisch protestiert hatte und von Onkel Samuel dabei unterstützt worden war. Doch daß Onkel Joseph offen bekannte, einen Fehler gemacht zu haben - das war bislang so gut wie nie vorgekommen. Mit wachsender Erregung fragte er sich, was Joseph bewegen haben mochte, das Thema anzuschneiden.
    »Du weißt, warum ich zu den Greenbournes gehe, Onkel?« fragte er.
    »Teilhaber wirst du dort nie, das kann ich dir sagen«, meinte Joseph. »Dazu müßtest du Jude sein.«
    »Dessen bin ich mir vollauf bewußt.«
    »Würdest du angesichts dieser Voraussetzungen nicht doch lieber für deine Familie arbeiten?«
    Hugh war enttäuscht: Das klang zwar so, als wolle Onkel Joseph ihn zum Bleiben überreden - aber eben nur, wie gehabt, im Angestelltenverhältnis. »Nein, das möchte ich lieber nicht«, sagte er pikiert und spürte, daß sein heftiger Ton den Onkel aus der Fassung brachte. »Und um ganz ehrlich zu sein«, fuhr er fort, »ich arbeite lieber für die Greenbournes, weil mir Familienintrigen dort erspart bleiben« - er streifte Augusta mit einem bösen Blick - »und weil meine Verantwortlichkeiten und der Lohn für meine Arbeit dort ausschließlich an meinen Fähigkeiten als Bankier gemessen werden.«
    »Du ziehst also diese Juden deiner eigenen Familie vor?« sagte Augusta in empörtem Ton.
    »Halt du dich da raus!« fuhr Joseph sie an und wandte sich wieder an Hugh. »Du weißt, warum ich das alles sage, Hugh. Mr. Madler ist der Meinung, daß wir ihn hintergangen haben, und alle Teilhaber fürchten, daß du deine nordamerikanischen Geschäftsverbindungen nun mit zur Konkurrenz nimmst.«
    Hugh bemühte sich, einen kühlen Kopf zu bewahren. Der Zeitpunkt für einen knallharten Handel war gekommen. Er beschloß, aufs Ganze zu gehen. »Nicht einmal mit einer Verdoppelung meines Gehalts würdest du mich halten können«, sagte er. »Du hast nur eine einzige Chance, meine Meinung zu ändern, und die besteht darin, mir eine Teilhaberschaft anzubieten.« Joseph seufzte. »Als Verhandlungspartner bist du ein reiner Teufel.«
    »Die Grundvoraussetzung für jeden guten Bankier«, kommentierte Madler.
    »Also gut«, sagte Joseph       endlich. »Ich biete dir eine Teilhaberschaft an.«
    Ein Schwächegefühl überkam Hugh. Sie machen einen Rückzieher, dachte er. Sie geben nach. Ich habe gewonnen! Er konnte es kaum fassen.
    Er sah Augusta an. Ihr Gesicht war eine starre Maske strengster Selbstbeherrschung, aber sie sagte kein Wort. Sie wußte, daß sie verloren hatte.
    »In diesem Fall ...« Er hielt inne und kostete den Augenblick aus. Dann holte er tief Luft und fuhr fort: »In diesem Fall nehme ich das Angebot an.« Jetzt

Weitere Kostenlose Bücher