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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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daß alle auf eine Erklärung von ihm warteten. Familienintern galt er als der Hauptgegner Augustas.
    Er zögerte, erwog seine Strategie und entschied sich für eine distanzierte Antwort. »Ich hielte es für das beste, wenn die Teilhaber diese Frage morgen beantworteten«, sagte er. Aber Augusta ließ ihn so leicht nicht davonkommen. »Ich wäre dir sehr dankbar, mein lieber Hugh, wenn du fortan darauf verzichten würdest, mir vorzuschreiben, über welche Dinge ich in meinem Hause reden darf und über welche nicht.«
    »Wenn du darauf bestehst ...« Er bedachte seine Antwort genau. »Allerdings darf ich dich darauf hinweisen, daß von ›Eindeutigkeit‹ überhaupt nicht die Rede sein kann, es sei denn, daß du, werte Tante, die dieser Frage innewohnende Problematik eindeutig nicht durchschaust - was damit zusammenhängen mag, daß du nie in der Bank gearbeitet, ja, wenn man's genau nimmt, überhaupt nie gearbeitet hast ...«
    »Was fällt dir ein? Ich ...«
    Hugh hob die Stimme und ließ Augusta nicht zu Wort kommen.
    »Der älteste Teilhaber ist jetzt Onkel Samuel.« Er merkte, daß er zu aggressiv klang, und fuhr in verbindlicherem Ton fort: »Wir sind uns gewiß alle darüber einig, daß er eine gute Wahl wäre. Er verfügt über die gebotene Reife und Erfahrung und ist in der Finanzwelt hoch angesehen.«
    Onkel Samuel neigte den Kopf und gab damit zu verstehen, daß er das Kompliment akzeptierte, verzichtete aber auf jeden Kommentar.
    Die Anwesenden widersprachen Hugh nicht - aber es unterstützte ihn auch niemand. Wahrscheinlich will sich keiner von ihnen Augusta zur Feindin machen, dachte er zynisch. Diesen Feiglingen ist es lieber, wenn ich das für sie tue ... Sei's drum. »Allerdings«, fuhr er fort, »hat Onkel Samuel die Ehre bereits einmal abgelehnt. Sollte er diesmal zu demselben Entschluß kommen, wäre der junge William als nächstältester Pilaster an der Reihe. Auch er erfreut sich in der City eines ausgezeichneten Rufs.«
    »Nicht die City trifft die Entscheidung, sondern die Familie Pilaster!« fuhr Augusta ungeduldig dazwischen.
    »Die Teilhaber der Pilaster-Bank entscheiden, um genau zu sein«, verbesserte sie Hugh. »Doch genauso, wie die Teilhaber des Vertrauens der übrigen Familienangehörigen bedürfen, bedarf die Bank als solche des Vertrauens der Finanzwelt. Wenn wir dieses Vertrauen verlieren, sind wir erledigt.«
    Augusta geriet mehr und mehr in Rage. »Wir können wählen, wen wir wollen!« rief sie. »Das ist unser gutes Recht.« Hugh schüttelte energisch den Kopf. Nichts ärgerte ihn mehr als unverantwortliches Geschwätz. »Wir haben keine Rechte, sondern nur Pflichten«, sagte er mit Nachdruck. »Uns sind viele Millionen Pfund anvertraut, die uns nicht gehören. Wir können nicht einfach tun und lassen, was uns Spaß macht. Wir haben unsere Verpflichtungen und müssen uns daran halten.« Augusta versuchte es auf andere Weise. »Edward ist der Sohn und Erbe«, sagte sie.
    »Seniorpartner ist kein vererbbares Adelsprädikat!« erwiderte Hugh empört. »Das Amt gehört dem fähigsten Bewerber.« Augustas Antwort verriet die gleiche Empörung: »Edward ist genauso fähig wie alle anderen!«
    Hugh ließ seinen Blick über die Tischrunde schweifen und verschärfte die Dramatik der Situation, indem er, ehe er antwortete, jedem der anwesenden Männer einen Moment lang fest in die Augen sah. »Ist irgend jemand hier im Raum, der nach bestem Wissen und Gewissen sagen kann, daß Edward der fähigste Bankier unter uns ist? Hand aufs Herz!«
    Eine lange Minute herrschte Schweigen. Niemand rührte sich. Dann sagte Augusta: »Edwards südamerikanische Anleihen haben der Bank ein Vermögen eingebracht.«
    Hugh nickte. »Es stimmt, daß wir in den vergangenen zehn Jahren südamerikanische Regierungsanleihen im Werte von vielen Millionen Pfund verkauft haben und daß Edward für diese Geschäfte verantwortlich ist. Aber es handelt sich um gefährliches Geld. Die Leute haben die Anleihen gekauft, weil sie dem Bankhaus Pilaster vertrauen. Wenn auch nur eine dieser Regierungen ihren Zinsverpflichtungen nicht nachkommen sollte, wird der Preis aller Südamerika-Anleihen ins Bodenlose sinken, und die Bank muß dafür geradestehen. Dank Edwards erfolgreicher Verkaufsstrategie liegt unser guter Ruf, unser wertvollstes Kapital, nun in den Händen einer Clique brutaler Despoten und Generäle, die kaum lesen und schreiben können ...« Hugh spürte, daß seine Gefühle mit ihm durchgingen. Mit harter Arbeit

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