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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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und Intelligenz hatte er dazu beigetragen, daß das Ansehen der Bank ständig gestiegen war. Es ärgerte ihn maßlos, daß Augusta nun bereit war, all diese Erfolge aufs Spiel zu setzen.
    »Du verkaufst nordamerikanische Anleihen«, sagte Augusta. »Ein gewisses Risiko besteht immer. Das ist doch das Geheimnis des gesamten Bankwesens.« Ein triumphierender Unterton lag in ihrer Stimme, als wäre sie überzeugt, ihm ein Schnippchen geschlagen zu haben.
    »Die Vereinigten Staaten von Amerika besitzen eine moderne, demokratische Regierung, verfügen über gewaltige Rohstoffvorkommen und haben keine Feinde. Nachdem sie nun auch die Sklaverei abgeschafft haben, wüßte ich nicht, was dagegen spräche, diesem Land ein Jahrhundert der Stabilität vorauszusagen. Im Gegensatz dazu bildet Südamerika ein Sammelsurium einander befehdender Diktaturen, deren Zusammensetzung in zehn Tagen ganz anders aussehen kann als heute. Natürlich besteht in beiden Fällen ein Risiko - nur ist es im Norden wesentlich geringer. Das Geheimnis des Bankwesens besteht darin, die Risiken richtig einzuschätzen!«
    »Du bist nur neidisch auf Edward«, antwortete Augusta. »Das war schon immer so.«
    Hugh wunderte sich über die Schweigsamkeit der anderen Teilhaber. Doch kaum hatte er sich die Frage gestellt, da wußte er auch schon die Antwort darauf: Augusta mußte sich mit ihnen abgesprochen haben. Sollte es ihr tatsächlich gelungen sein, Edwards Wahl zum Seniorpartner durchzusetzen? Hugh konnte es einfach nicht glauben, aber langsam fing er an, sich ernsthafte Sorgen zu machen.
    »Was hat sie euch erzählt?« fragte er unvermittelt in die Runde.
    »William? George? Harry? Los, raus mit der Sprache! Ihr habt mit ihr schon darüber gesprochen, und sie hat euch über den Tisch gezogen.«
    Sie saßen da wie kleine dumme Jungen. Endlich sagte William:
    »Niemand wurde über den Tisch gezogen, Hugh. Aber Augusta und Edward haben uns zu verstehen gegeben, daß sie, falls Edward nicht Seniorpartner wird ...« Er stockte und fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut. »Raus mit der Sprache!« wiederholte Hugh.
    »... daß sie dann ihr Kapital aus dem Unternehmen zurückziehen werden.«
    »Was?« Hugh fiel aus allen Wolken. Die Entnahme des Eigenkapitals aus dem Familienunternehmen galt bei den Pilasters seit jeher als Todsünde. Seinem eigenen Vater, der diese Sünde begangen hatte, war nie verziehen worden. Daß Augusta sich zu einer solchen Drohung verstieg, war bestürzend - und es zeigte, daß sie es bitterernst meinte.
    Gemeinsam mit Edward kontrollierte sie ungefähr vierzig Prozent des Bankkapitals, insgesamt über zwei Millionen Pfund. Wenn die beiden am Ende des Finanzjahrs ihr Geld der Bank entzögen - wozu sie rechtlich befugt waren -, war die Bank erledigt. Es war schlimm genug, daß Augusta diese Drohung überhaupt aussprechen konnte. Doch daß die Teilhaber bereit waren, sich ihren Forderungen zu beugen, war eine Katastrophe. »Ihr tretet ja eure ganze Autorität an sie ab!« sagte Hugh. »Wenn ihr jetzt nachgebt, kann sie euch immer wieder die Pistole auf die Brust setzen. Sobald sie etwas will, braucht sie nur mit dem Rückzug ihres Kapitals zu drohen, und schon gebt ihr klein bei. Da könnt ihr doch gleich s ie zum Seniorpartner machen!«
    »Untersteh dich, in diesem Ton über meine Mutter zu reden!« polterte Edward. »Dir fehlt die Kinderstube!«
    »Ich pfeif auf die Kinderstube!« erwiderte Hugh hart. Daß er mit einem Wutausbruch seiner Sache keinen guten Dienst erwies, war ihm klar, aber er war inzwischen so zornig, daß er sich nicht mehr beherrschen konnte. »Ihr seid drauf und dran, die Bank zu ruinieren! Augusta ist blind, Edward ist dumm, und der Rest von euch ist zu feige, um den beiden Einhalt zu gebieten.« Er schob seinen Stuhl zurück und erhob sich; seine Serviette flog wie ein Fehdehandschuh auf den Tisch.
    »Wie dem auch sei, hier steht der einzige Mensch, der sich nicht auf diesen erpresserischen Kuhhandel einläßt.«
    Hugh hielt inne, holte tief Luft und spürte in diesem Moment, daß die Worte, die ihm auf der Zunge lagen, sein Leben tiefgreifend verändern würden. Die Blicke aller Anwesenden waren auf ihn gerichtet. Er hatte keine Alternative. »Ich trete von allen meinen Funktionen zurück«, sagte er.
    Als er seinen Platz verließ, bemerkte er Augustas Blick. Ein triumphierendes Lächeln huschte über ihr Gesicht.
     
    Am Abend erhielt er Besuch von Onkel Samuel. Samuel war, trotz seines fortgeschrittenen

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