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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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kandidiere, die Entscheidung aber schlichtweg der Familie anheimstellen. Wahrscheinlich kam es ihm gar nicht in den Sinn, daß es auch noch andere Methoden gab, sich die angestrebte Position zu sichern. Es war zum Beispiel unvorstellbar, daß Joseph absichtlich seinen Rivalen in Mißkredit brachte.
    Augusta würde Mittel und Wege finden müssen, ihm diese Dinge abzunehmen.
    Samuels wunden Punkt herauszufinden bereitete ihr nicht die geringste Mühe. Der dreiundfünfzigjährige Junggeselle lebte mit einem jungen Mann zusammen, der entgegenkommenderweise als sein »Sekretär« bezeichnet wurde. Bisher hatte sich noch kein Familienangehöriger um Samuels Privatleben gekümmert. Augusta fragte sich jetzt, ob sich das nicht grundlegend ändern ließe. Allerdings war Vorsicht geboten. Samuel war ein penibler Mensch, der zur Pedanterie neigte - ein Mann, der sich von Kopf bis Fuß umzog, nur weil ihm in Kniehöhe ein Tröpfchen Wein auf die Hose gespritzt war. Ein Schwächling, der sich leicht einschüchtern ließ, war er nicht. Ihn frontal anzugehen war die falsche Methode.
    Bedenken, ihn zu verletzen, hatte Augusta nicht. Sie hatte Samuel noch nie gemocht. Manchmal tat er ihr gegenüber so, als fände er sie amüsant, doch oft hatte sie das Gefühl, er wolle sie partout nicht ernst nehmen, und das erboste sie jedesmal von neuem. Während August sich um ihre Gäste kümmerte, verdrängte sie alle Gedanken an ihren Neffen Hugh und dessen empörenden Unwillen, einer jungen Dame den Hof zu machen, die genau die Richtige für ihn wäre. Dieser Zweig der Familie war schon immer etwas schwierig gewesen und durfte sie jetzt nicht von dem viel dringenderen Problem ablenken, das Micky ihr zu Bewußtsein gebracht hatte: Samuel war eine Bedrohung. In der Eingangshalle entdeckte sie ihre Schwägerin Madeleine Hartshorn. Arme Madeleine! Man sah ihr an, daß sie Josephs Schwester war, denn auch sie hatte die Pilaster-Nase. Dem ein oder anderen Mann in der Verwandtschaft mochte die Nase ja eine gewisse Würde verleihen - eine Frau mit einem solchen Zinken war dagegen schlichtweg unattraktiv. Madeleine und Augusta waren einst Rivalinnen gewesen. Vor vielen Jahren, als Augusta und Joseph jung verheiratet waren, hatte es Madeleine gar nicht gefallen, daß Augusta mehr und mehr zum Mittelpunkt der Familie wurde. Madeleine selbst besaß indessen weder die magische Ausstrahlung noch die Energie Augustas, die sich in eine Vielzahl von Aktivitäten stürzte: Augusta organisierte Hochzeiten und Beerdigungen, stiftete Ehen, schlichtete Streitigkeiten, kümmerte sich um die Unterstützung der Siechen, Schwangeren und Verwaisten. Durch Madeleines Haltung wäre es einmal fast sogar zu einer Spaltung der Familie in zwei feindliche Lager gekommen - doch dann war sie selbst es gewesen, die Augusta eine entscheidende Waffe in die Hand gegeben hatte. Eines Nachmittags hatte Augusta ein exklusives Geschäft für Tafelsilber in der Bond Street betreten - und eben noch mitbekommen, wie Madeleine im hinteren Teil des Ladens verschwand. Augusta gab sich unentschlossen beim Kauf eines Toastständers und verlängerte auf diese Weise ihren Aufenthalt im Laden, bis sie nach einer Weile einen gutaussehenden jungen Mann auf dem gleichen Weg wie Madeleine entschwinden sah. Sie hatte schon gehört, daß die über solchen Läden liegenden Räume gelegentlich zu romantischen Stelldicheins zweckentfremdet wurden. Sie war sich fast sicher, daß Madeleine eine Affäre hatte. Eine Fünf- Pfund-Note entlockte der Ladeninhaberin, einer Mrs. Baxter, den Namen des jungen Mannes: Vicomte Tremain. Augusta war aufrichtig schockiert gewesen - wiewohl sie im ersten Moment daran dachte, genau das, was Madeleine mit dem Vicomte Tremain trieb, mit Micky Miranda zu tun. Aber das kam natürlich nicht in Frage - zumal man sie ebenso leicht ertappen konnte, wie sie Madeleine ertappt hatte.
    Es hätte Madeleines gesellschaftlicher Ruin sein können. Ein Mann, der sich einen Seitensprung leistete, galt zwar als Sünder, aber auch als Romantiker; eine Frau, die das gleiche tat, war eine Hure. Drang ihr Geheimnis an die Öffentlichkeit, so wurde sie von der guten Gesellschaft geschnitten, und die Familie schämte sich ihrer. Augustas zweiter Gedanke bestand darin, Madeleine zu erpressen, indem sie ihr mit der Offenbarung ihres Geheimnisses drohte. Doch das hätte ihr Madeleines ewige Feindschaft eingetragen, und es war töricht, sich unnötig immer neue Feinde zu schaffen. Gab es nicht eine

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