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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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daß er von Micky zur armen Verwandtschaft gezählt und entsprechend behandelt wurde; deshalb fand er es schwierig, ihn objektiv zu betrachten. Micky war eine angenehme Erscheinung und stets hochelegant gekleidet. Hugh erinnerte er an einen Kater - geschmeidig und sinnlich, mit glänzendem Fell. Irgend etwas stimmte nicht mit einem Mann, der immer wie geleckt auftrat. Manche hielten es schlicht für unmännlich, doch die Frauen schien es nicht zu stören.
    Hugh folgte Rachel mit seinen Blicken. Sie gesellte sich zu Micky, der neben seinem Vater stand und sich mit Edwards Schwester Clementine, mit Tante Madeleine und der jüngeren Tante Beatrice unterhielt. Jetzt wandte sich Micky Rachel zu, schenkte ihr seine volle Aufmerksamkeit, gab ihr die Hand und sagte etwas, das sie zum Lachen brachte. Hugh ging auf, daß Micky sich immer mit drei oder vier Frauen gleichzeitig unterhielt. Irgendwie empörte Hugh Rachels Vergleich. Florence war kein weiblicher Micky Miranda. Sie mochte ebenso anziehend und beliebt sein, ja - aber Micky war nach seiner Überzeugung charakterlich nicht ganz sauber.
    Er durchquerte den Saal, bis er - aufgeregt und etwas nervös - an Florences Seite stand. »Wie geht es Ihnen, Lady Florence?« Sie lächelte betörend. »Was für ein außergewöhnliches Haus!«
    »Gefällt es Ihnen?«
    »Ich weiß nicht so recht ...«
    »Das sagen die meisten.«
    Sie lachte, als hätte er eine witzige Bemerkung gemacht, was Hugh außerordentlich freute.
    »Es ist hochmodern, müssen Sie wissen«, fuhr er fort. »Allein die fünf Badezimmer! Und im Keller gibt es einen riesigen Wasserboiler, der durch Heißwasserrohre das ganze Haus heizt.«
    »Vielleicht ist das steinerne Schiff auf der Giebelspitze ein bißchen übertrieben.«
    Hugh senkte die Stimme. »Das denke ich auch. Es erinnert mich an den Rindskopf, den die Fleischer vor ihre Läden hängen.« Wieder kicherte sie. Hugh freute sich, daß er sie zum Lachen bringen konnte. Noch netter wäre es, sie für sich allein zu haben, entschied er.
    »Kommen Sie, lassen Sie sich den Garten zeigen«, sagte er. »Wie hübsch.«
    Der Garten war gar nicht hübsch, dazu war er zu frisch angelegt, doch das spielte keine Rolle. Hugh geleitete Florence aus dem Wohnzimmer auf die Terrasse hinaus, doch dort lauerte auch schon Augusta. Sie warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und sagte:
    »Lady Florence, wie schön, daß Sie gekommen sind. Edward wird Ihnen den Garten zeigen.« Sie grabschte sich Edward, der ganz in der Nähe stand, und bevor Hugh auch nur einen Ton hervorbrachte, hatte sie die beiden auch schon fortgeschickt. Hugh biß frustriert die Zähne zusammen und schwor sich, sie damit nicht so einfach davonkommen zu lassen. »Mein lieber Hugh, ich weiß doch, daß du dich mit Rachel unterhalten möchtest«, sagte sie, nahm seinen Arm und schleppte ihn wieder ins Haus. Er war machtlos, es sei denn, er hätte ihr ärgerlich seinen Arm entrissen und es auf einen Skandal ankommen lassen. Rachel stand noch immer mit Micky Miranda und dessen Vater zusammen. »Micky«, sagte Augusta, »ich möchte Ihrem Vater meinen Schwager vorstellen, Mr. Samuel Pilaster.« Sie nahm die beiden mit, und wieder fand sich Hugh mit Rachel allein gelassen. Rachel lachte. »Diese Frau ist nicht zu bremsen.«
    »Das käme dem Versuch gleich, einen fahrenden Zug aufzuhalten«, schäumte Hugh. Durchs Fenster sah er, wie Florences Röcke neben Edward durch den Garten wogten.
    Rachels Blick war dem seinen gefolgt, und sie sagte: »Gehen Sie ihr nach.«
    Hugh grinste. »Danke.«
    Er eilte in den Garten. Unterwegs kam ihm ein raffinierter Gedanke in den Sinn: Wie wär's, wenn ich dasselbe Spielchen triebe wie Tante Augusta und Edward einfach wegschickte? Augusta wird zwar toben, wenn sie mir auf die Schliche kommt - aber das wird durch ein paar Minuten mit Florence unter vier Augen leicht wettgemacht ... Zur Hölle mit Augusta! Er hatte die beiden eingeholt.
    »Ach, Edward, deine Mutter bat mich, dich zu ihr zu schicken. Sie ist in der Eingangshalle.«
    Edward hatte keinen Einwand - er war an plötzliche Meinungsänderungen seiner Mutter gewöhnt. »Bitte entschuldigen Sie mich, Lady Florence«, sagte er nur und ging ins Haus. »Hat sie wirklich nach ihm geschickt?« fragte Florence. »Nein.«
    »Sie sind ja ein ganz Schlimmer«, sagte sie und lächelte dabei. Hugh sah ihr in die Augen und sonnte sich im Glänze ihres Einverständnisses. Später würde er für seinen Streich bitter büßen müssen - aber

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