Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Edward trat ein. »Was gibt's denn, Mutter?« fragte er.
    Die Störung verärgerte Augusta, zumal sie keine Ahnung hatte, worauf der Junge hinauswollte. »Was willst du hier?«
    »Du hast nach mir geschickt.«
    »Das habe ich gewiß nicht. Ich bat dich, Lady Florence den Garten zu zeigen.«
    Edward setzte eine beleidigte Miene auf. »Hugh sagte, du wolltest mich sprechen.«
    Augusta verstand sofort. »So, sagte er das? Und nun zeigt er wohl selber Lady Florence den Garten, wie?«
    Edward begriff ihre Anspielung. »Ja, ich glaube schon«, sagte er mit waidwundem Blick. »Sei mir bitte nicht böse, Mutter.« Augusta schmolz sofort dahin. »Keine Sorge, Teddy«, sagte sie. »Ich weiß, was für ein verschlagener Bengel Hugh ist.« Doch wenn er glaubt, er kann seine Tante Augusta an der Nase herumführen, dann ist er obendrein auch noch dumm, dachte sie bei sich.
    Sie hatte die Unterbrechung anfangs als sehr störend empfunden. Inzwischen war ihr klar, daß das, was sie Madeleine über Vetter Samuel erzählt hatte, fürs erste genügte. Im Augenblick galt es nur, Zweifel zu säen - alles Weitere wäre übereilt. »Ich muß mich wieder um meine Gäste kümmern«, meinte sie und führte Sohn und Schwägerin aus dem Zimmer.
    Sie gingen die Treppe hinunter. Der Lärm aus Geschwätz, Gelächter und dem hellen Klingen von hundert silbernen Teelöffeln, die auf Porzellanuntertassen gelegt wurden, ließ den Schluß zu, daß dem Fest ein erfolgreicher Verlauf beschieden war. Augusta überprüfte kurz das Eßzimmer, wo die Dienerschaft Hummersalat, Obsttörtchen und geeiste Getränke bereitstellte. In der Eingangshalle wechselte sie hie und da ein paar Worte mit Gästen, deren Blick den ihren traf, hielt dabei aber nach einer ganz bestimmten Person Ausschau - nach Lady Stalworthy, Florences Mutter. Die Vorstellung, Hugh könne das Mädchen heiraten, erfüllte Augusta mit Sorge. Hugh machte sich ohnehin schon viel zu gut in der Bank. Er verfügte über das außerordentliche Zahlengedächtnis eines Straßenhändlers und die gewinnenden Manieren eines Falschspielers. Selbst Joseph äußerte sich lobend über ihn - und vergaß dabei ganz die bedrohliche Lage, in die ihr gemeinsamer Sohn dadurch geriet. Sollte Hugh tatsächlich eine Grafentochter ehelichen, so gewänne er zusätzlich zu seinen angeborenen Talenten auch noch gesellschaftlichen Status und würde zu einem gefährlichen Rivalen für Edward. Der liebe Teddy verfügte weder über Hughs oberflächlichen Charme noch über dessen kaufmännische Denkweise und benötigte daher jede Hilfe, die Augusta ihm verschaffen konnte.
    Schließlich sah sie Lady Stalworthy am Erkerfenster des Wohnzimmers stehen, eine hübsche Frau mittleren Alters, die ein rosafarbenes Kleid trug, dazu einen kleinen, üppig mit Seidenblüten besetzten Strohhut. Augusta fragte sich besorgt, was Lady Stalworthy über eine mögliche Verbindung zwischen Hugh und Florence dachte. Hugh war zwar keine besonders gute Partie, aber aus Lady Stalworthys Sicht auch keine Katastrophe. Florence war ihre jüngste Tochter. Die beiden älteren hatten sich so gut verheiratet, daß Lady Stalworthy vielleicht ein Auge zudrückte. Dies galt es nun zu verhindern - die Frage war bloß, wie? Sie stellte sich neben Lady Stalworthy und merkte, daß diese Hugh und Florence im Garten beobachtete. Hugh erklärte irgend etwas, während Florence ihm mit leuchtenden Augen lauschte. »Das sorglose Glück der Jugend«, kommentierte Augusta. »Hugh macht einen sehr netten Eindruck auf mich«, sagte Lady Stalworthy.
    Augusta faßte sie scharf ins Auge. Lady Stalworthy lächelte verträumt. Sie muß einmal ebenso hübsch gewesen sein wie ihre Tochter, vermutete Augusta, und erinnerte sich jetzt ihrer eigenen Jugendzeit. Höchste Zeit, daß sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht wird ... »Wie rasch sie vergeht, diese sorglose Zeit.«
    »Doch wie idyllisch sie ist, solange sie währt.« Der Zeitpunkt, das Gift zu verabreichen, war gekommen. »Hughs Vater ist tot, wie Sie wissen«, sagte Augusta. »Seine Mutter lebt sehr zurückgezogen in Folkestone, daher fühlen Joseph und ich uns verpflichtet, so etwas wie Elternstelle an Hugh zu vertreten.« Sie machte eine Pause. »Ich muß Ihnen wohl kaum sagen, daß eine Verbindung mit Ihrer Familie für Hugh ein außerordentlicher Erfolg wäre.«
    »Wie freundlich von Ihnen«, erwiderte Lady Stalworthy, als habe man ihr soeben ein hübsches Kompliment gemacht. »Die Pilasters sind selbst

Weitere Kostenlose Bücher