Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
ich, eine andere Aufgabe anvertrauen: Nimm einen Lappen, und wisch den Küchentisch ab. Sol, du kannst auffegen - du bist der kleinste und deshalb dem Boden am nächsten. So- und jetzt, Jungs, an die Arbeit!«
     
    Hugh fand es sehr beeindruckend, wie Scotland Yard auf seinen Bericht reagierte.
    Der Fall fiel in das Ressort von Kriminalkommissar Magridge, einem Mann in Hughs Alter mit scharfgeschnittenen Zügen. Sein Verhalten verriet Präzision und Intelligenz. Der hätte es bei uns in der Bank bestimmt zum Prokuristen gebracht, dachte Hugh. Innerhalb einer Stunde hatte Magridge eine Personenbeschreibung von Micky Miranda verteilen lassen und in allen Hafenstädten Fahnder auf ihn angesetzt.
    Außerdem schickte er auf Hughs Anregung einen Inspektor aus, der Edward Pilaster verhören sollte. Der Mann kehrte mit der Nachricht zurück, Miranda versuche, das Land zu verlassen. Darüber hinaus hatte Edward ausgesagt, daß Micky auch für den Tod von Peter Middleton, Seth Pilaster und Solomon Greenbourne verantwortlich sei. Daß Micky möglicherweise auch Onkel Seth auf dem Gewissen hatte, war Hugh neu und erschütterte ihn zutiefst. Im übrigen ließ er Magridge wissen, daß er Micky in den Fällen Middleton und Greenbourne schon des längeren unter Verdacht habe.
    Derselbe Inspektor, der Edward aufgesucht hatte, wurde nun zu Augusta geschickt. Sie lebte noch immer in Whitehaven House. Das war zwar ohne Geld nicht unbegrenzt möglich, doch bisher war es ihr jedenfalls gelungen, den Verkauf des Hauses und seiner Einrichtung zu verhindern.
    Ein Polizeibeamter, der den Auftrag bekommen hatte, in den Londoner Buchungsbüros der Schiffahrtslinien Erkundungen anzustellen, berichtete, daß ein Mann, auf den die Beschreibung zutraf, unter dem Namen M. R. Andrews eine Überfahrt auf der Aztec gebucht habe, die noch am selben Abend Southampton verlassen sollte. Die Polizei in Southampton wurde darüber unterrichtet und angewiesen, sowohl den Bahnhof als auch den Anleger überwachen zu lassen.
    Unverrichteterdinge kehrte der auf Augusta angesetzte Inspektor zurück. Sein Klingeln und Klopfen war vergeblich. »Ich habe einen Schlüssel«, sagte Hugh.
    »Sie ist wahrscheinlich ausgegangen«, sagte Magridge. »Wollen Sie nicht selber mal nachsehen? Ich möchte den Inspektor jetzt eigentlich zur Botschaft Cordobas schicken.« Froh darüber, etwas Nützliches tun zu können, stimmte Hugh zu und fuhr mit einer Droschke nach Kensington. Er klingelte und klopfte, aber niemand kam an die Tür. Offensichtlich war das gesamte Personal inzwischen gegangen. Hugh zog seinen Schlüssel hervor und öffnete.
    Es war kalt im Haus. Obwohl es nicht Augustas Stil entsprach, sich versteckt zu halten, beschloß Hugh, auf alle Fälle in jedem einzelnen Zimmer nachzusehen. Das Erdgeschoß war verwaist. Er stieg die Treppe hinauf und betrat Augustas Schlafzimmer. Dort bot sich ihm ein überraschender Anblick: Die Türen des Kleiderschranks standen sperrangelweit offen, die Schubladen der Kommode waren herausgezogen, auf dem Bett und auf den Stühlen lagen Kleidungsstücke herum. Das paßte nun ganz und gar nicht zu Augusta - sie war eine auf Sauberkeit und Ordnung bedachte Person. Im ersten Moment glaubte Hugh an einen Einbruch, doch dann kam ihm ein anderer Gedanke. Im Eilschritt stürmte er die Treppenflucht zur Dienstbotenetage empor. Vor siebzehn Jahren, als er selbst noch in diesem Haus gewohnt hatte, waren die Reise- und Schrankkoffer in einem großen Wandschrank verstaut gewesen. Die Tür des Schranks stand offen. Im Innern befanden sich ein paar kleinere Handkoffer, aber kein großer truhenartiger Überseekoffer. Augusta hatte sich aus dem Staub gemacht.
    Rasch überprüfte Hugh auch noch die anderen Zimmer des Hauses. Erwartungsgemäß begegnete er keinem Menschen. In den Räumen der Hausangestellten und den Gästezimmern entwickelte sich bereits der muffige Geruch leerstehender Wohnungen. Im Schlafzimmer seines verstorbenen Onkels Joseph fiel ihm auf, daß es die diversen Renovierungen des Hauses völlig unverändert überstanden hatte. Er wollte das Zimmer gerade verlassen, als sein Blick auf das lackierte Vitrinenschränkchen mit Josephs wertvoller Schnupftabaksdosensammlung fiel. Die Vitrine war leer.
    Hugh runzelte die Stirn. Er wußte, daß die Schnupftabaksdosen noch nicht bei den Auktionatoren deponiert waren: Augusta hatte bislang den Abtransport von Inventar und Wertgegenständen aus Whitehaven House zu verhindern gewußt. Also hatte sie

Weitere Kostenlose Bücher