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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Hugh vermuten ließ, daß Micky noch immer nicht gefaßt war.
    Noch ehe der Zug stand, sprang er ab und gelangte als erster Fahrgast an die Sperre. Dort wandte er sich an einen Polizeiinspektor: »Ich bin der Seniorchef des Bankhauses Pilaster«, sagte er und gab dem Mann seine Karte. »Ich weiß, daß Sie hinter einem Mörder her sind. Aber in dem soeben eingelaufenen Zug befindet sich eine Frau, die gestohlene Wertgegenstände im Werte von einhunderttausend Pfund mit sich führt. Es handelt sich dabei um Eigentum der Bank. Ich nehme an, die Dame plant, heute abend mit der   Aztec   das Land zu verlassen und die Gegenstände mitzunehmen.«  

»Um was für Gegenstände handelt es sich denn, Mr. Pilaster?«
    fragte der Inspektor.
    »Um eine Sammlung juwelenbesetzter Schnupftabaksdosen.«
    »Und wie heißt diese Frau?«
    »Es ist die Gräfinwitwe von
    Whitehaven.«
    Der Polizeibeamte hob die Brauen. »Ich lese die Zeitungen, Sir«, sagte er. »Offenbar steht die Angelegenheit in Verbindung mit dem Zusammenbruch der Bank.«
    Hugh nickte. »Wir müssen diese Schnupftabaksdosen verkaufen, damit die Leute, die ihr Geld verloren haben, ausbezahlt werden können.«
    »Können Sie mir Lady Whitehaven zeigen?« Hugh spähte durch das Schneetreiben auf den Bahnsteig hinaus. »Dort hinten beim Gepäckwagen, das ist sie!« sagte er. »Die Dame mit dem großen Hut mit den Vogelflügeln.« Augusta überwachte gerade die Entladung ihres Reisegepäcks.
    Der Inspektor nickte. »Sehr gut. Bleiben Sie hier bei mir an der Sperre. Wir halten sie fest, wenn sie durchkommt.« Mit gespannter Erwartung sah Hugh zu, wie die Reisenden den Zug verließen und durch die Sperre hinausströmten. Obwohl er sich ziemlich sicher war, daß Micky nicht mit diesem Zug gekommen war, musterte er aufmerksam alle Gesichter. Augusta kam als letzte an die Sperre. Drei Gepäckträger schleppten ihre Koffer.
    Als sie Hugh erkannte, erbleichte sie.
    Der Inspektor war die Höflichkeit in Person. »Entschuldigen Sie, Lady Whitehaven, auf ein Wort ...«
    Nie zuvor hatte Hugh Augusta so ängstlich erlebt. Dennoch gab sie sich majestätisch wie eh und je. »Ich fürchte, mir fehlt die Zeit, Inspektor«, sagte sie kühl. »Mein Schiff legt heute abend ab. Ich muß an Bord.«
    »Ich garantiere Ihnen, daß die Aztec nicht ohne Sie ablegen wird, Gnädigste«, antwortete der Inspektor formvollendet und fügte mit Blick auf die Gepäckträger hinzu: »Ihr könnt die Sachen vorübergehend abstellen, Jungs.« Wieder an Augusta gewandt, sagte er: »Mr. Pilaster behauptet, Sie führen einige sehr wertvolle Schnupftabaksdosen aus seinem Besitz mit sich. Ist das korrekt?« Augusta wirkte beinahe erleichtert. Hugh konnte sich keinen Reim darauf machen, war aber nun selbst beunruhigt. Er fürchtete, sie könne plötzlich einen Trumpf aus dem Ärmel schütteln, auf den er nicht vorbereitet war. »Ich wüßte nicht, warum ich eine derart impertinente Frage beantworten sollte«, sagte sie selbstgefällig.
    »Wenn Sie sich weigern, muß ich Ihr Gepäck durchsuchen lassen.«
    »Nun gut«, erwiderte Augusta. »Jawohl, ich habe die Schnupftabaksdosen bei mir. Aber sie sind mein Eigentum. Es handelt sich um die Sammlung meines verstorbenen Ehemanns.« Der Inspektor wandte sich an Hugh: »Was sagen Sie dazu, Mr. Pilaster?«
    »Sie gehörten Ihrem Ehemann, soviel ist richtig. Aber er hat sie seinem Sohn Edward Pilaster vererbt, und Edwards Eigentum gehört jetzt der Bank. Lady Whitehaven versucht, die Dosen zu stehlen.«
    »Wir werden der Sache nachgehen«, sagte der Inspektor.
    »Unterdessen muß ich Sie beide bitten, mich auf die Polizeiwache zu begleiten.«
    Augusta schien in Panik zu geraten. »Aber ich darf mein Schiff nicht verpassen!« rief sie.
    »Ich kann Ihnen in diesem Fall nur den Vorschlag machen, die umstrittenen Wertgegenstände in der Obhut der Polizei zu lassen. Sie erhalten sie zurück, sobald sich herausstellt, daß Ihre Ansprüche berechtigt sind.«
    Augusta zögerte. Hugh wußte, wie schwer es ihr fiel, einen solchen Schatz preiszugeben. Aber sie mußte doch wohl einsehen, daß sie keine Wahl hatte. Sie war auf frischer Tat ertappt worden und konnte von Glück reden, daß sie nicht im Gefängnis landete. »Wo befinden sich die Schnupftabaksdosen, Gnädigste?« fragte der Inspektor. Hugh wartete.
    Augusta deutete auf einen Koffer. »Da drinnen.«
    »Den Schlüssel, wenn ich bitten darf?«
    Wieder zögerte Augusta, und wieder gab sie nach. Sie kramte einen kleinen Ring

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