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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Hugh. »Einfach anquatschen wie eine Nutte geht doch bei denen nicht, oder?«
    Edward deutete auf einen hochgewachsenen, würdevoll aussehenden Herrn im weißen Frack, der eine Art Orden trug und offenbar das Geschehen auf der Tanzfläche überwachte. »Das ist der Zeremonienmeister. Für ein Trinkgeld stellt er dich ihr vor - und sie dir.«
    Eine merkwürdige prickelnde Mischung aus Würde und Zügellosigkeit beherrschte die Atmosphäre.
    Die Polka ging zu Ende, und einige Tänzerinnen und Tänzer begaben sich wieder an ihre Tische. Wieder fuchtelte Edward mit dem Zeigefinger in der Luft herum und rief: »Verdammich, wenn das nicht Fatty Greenbourne ist!«
    Hugh blickte in die angegebene Richtung: Tatsächlich - das war er, ihr ehemaliger Schulkamerad, feister und runder denn je. Die weiße Weste schien aus allen Nähten zu platzen. Und an seinem Arm hing ein Mädchen von berückender Schönheit. Fatty und seine Begleiterin ließen sich an einem Tisch nieder. »Warum setzen wir uns nicht für ein Weilchen zu ihnen?« fragte Micky leise.
    Hugh, der darauf brannte, das Mädchen aus der Nähe betrachten zu können, stimmte bereitwillig zu, woraufhin die drei jungen Männer zielstrebig zwischen den Tischen hindurch auf das seltsame Paar zusteuerten.
    »Guten Abend, Fatty!« tönte Edward fröhlich. »Hallo, alte Bande«, erwiderte der Angesprochene und fügte freundlich hinzu:
    »Man nennt mich neuerdings Solly, wenn ihr nichts dagegen habt.« Hugh war Solly hin und wieder in der City, dem finanziellen
    Herzen Londons, begegnet. Solly arbeitete seit einigen Jahren in der Zentrale der Greenbourne-Bank, gleich um die Ecke vom Stammhaus der Pilasters. Edward, erst seit ein paar Wochen in der City tätig, war Solly bislang nicht über den Weg gelaufen. »Wir dachten, wir setzen uns ein Weilchen zu euch«, sagte Edward salopp und sah das Mädchen neugierig an. Solly wandte sich an seine Begleiterin: »Miss Robinson, darf ich Ihnen ein paar ehemalige Schulkameraden vorstellen? Edward Pilaster, Hugh Pilaster und Micky Miranda.« Miss Robinsons Reaktion war verblüffend. Sie erblaßte unter ihrem Rouge und fragte: »Pilaster? Etwa aus der Familie von Tobias Pilaster?«
    »Tobias Pilaster war mein Vater«, erwiderte Hugh. »Woher kennen Sie den Namen?«
    Die junge Frau hatte sich schnell wieder gefaßt. »Mein Vater war bei Tobias Pilaster & Co. angestellt. Als Kind habe ich mich immer gefragt, wer Co. ist.« Sie lachte, und die anfangs spürbare Spannung war verflogen. »Wollen Sie sich nicht setzen, meine Herren?«
    Auf dem Tisch stand eine Flasche Champagner. Solly schenkte Miss Robinson ein und bedeutete dem Ober, ein paar zusätzliche Gläser zu bringen. »Das ist ja ein echtes Schülertreffen der alten Windfield-Boys«, sagte er. »Stellt euch vor, wer noch hier ist - Tonio Silva.«
    »Wo?« fragte Micky rasch. Die Nachricht war ihm sichtlich unangenehm. Warum eigentlich? fragte sich Hugh. In der Schule hatte Tonio doch immer Angst vor ihm ...
    »Auf der Tanzfläche«, sagte Solly. »Er tanzt mit Miss April
    Tilsley, Miss Robinsons Freundin.«
    »Sie können mich ruhig Maisie nennen«, sagte Miss Robinson.
    »Ich bin nicht so förmlich.« Und sie zwinkerte Solly frech zu. Ein Ober erschien und servierte Solly einen Hummer. Solly stopfte sich seine Serviette in den Kragen und fing an zu essen. »Ich dachte, ihr Judenjungen dürft keine Schalentiere essen«, stichelte Micky ebenso sanft wie unverschämt.
    Solly ging - wie immer - auf die Anspielung nicht ein. »Koscher bin ich nur zu Hause«, sagte er.
    Maisie Robinson warf Micky einen feindseligen Blick zu. »Wir Judenmädchen essen, was wir wollen«, sagte sie und stibitzte ein Stückchen von Sollys Teller.
    Daß sie Jüdin war, überraschte Hugh. In seiner bisherigen Vorstellung waren Juden schwarzhaarig und hatten einen dunklen Teint. Er betrachtete Maisie aufmerksam. Sie war ziemlich klein, machte sich jedoch mit einem hoch aufgetürmten Chignon und einem riesigen, mit künstlichen Blumen und Früchten verzierten Hut ein gutes Stück größer. Der Hut beschattete ein kleines, freches Gesicht mit grünen Augen, in denen der Schalk saß. Der Ausschnitt ihres kastanienbraunen Abendkleids enthüllte einen beachtlichen mit Sommersprossen übersäten Teil ihres Busens. Sommersprossen galten gemeinhin nicht als besonders attraktiv, doch Hugh konnte seine Augen kaum von ihnen abwenden. Nach kurzer Zeit bemerkte
     

Maisie seinen Blick und starrte zurück. Hugh lächelte

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