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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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der Mann. »Aber Pferde verkaufen sich nicht, wenn man sie im Stall stehen läßt. Wenn Sie allerdings so um 'ne Stunde rum mit ihm durch den Park reiten würden, also - so 'ne Lady wie Sie, die, wenn Sie's mir nicht übelnehmen, noch schmuck wie aus 'm Schächtelchen aussieht, das würde schon was hermachen ... Früher oder später kommt bestimmt einer und fragt Sie, wieviel Sie für das Pferd haben wollen.«
    Ist damit etwa Geld zu verdienen? fragte sich Maisie. Sollte das vielleicht sogar eine Chance sein, das Geld für die Miete aufzubringen, ohne daß ich Leib und Seele dafür verkaufen muß? Aber sie fragte nicht nach dem, was sie am meisten interessierte, sondern sagte zu Sammles: »Und dann sag' ich zu dem Burschen:
    ›Gehen Sie zu Mr. Sammles im Curzon-Stall, der Gaul gehört nämlich ihm ‹ Hab' ich Sie richtig verstanden?«
    »Glasklar. Bloß 'n ›Gaul‹ ist mein Redboy ja nun nicht gerade. Sagen Sie lieber ›diese großartige Kreatur‹ oder ›dieses prächt'ge Stück Pferdefleisch‹ oder so.«
    »Vielleicht«, sagte Maisie und nahm sich vor, an Stelle von Sammles' Worten eigene zu finden. »Kommen wir zum Geschäftlichen.« Sie konnte nicht länger so tun, als wäre ihr die Bezahlung gleichgültig. »Wieviel zahlen Sie?«
    »Was, glauben Sie, wäre es wert?«
    Maisie nannte eine übertrieben hohe Summe. »Ein Pfund pro Tag.«
    »Zuviel«, lautete prompt die Antwort. »Ich zahle die Hälfte.« Maisie konnte ihr Glück kaum fassen. Zehn Shilling pro Tag war ein unglaublich hoher Lohn. Ein Hausmädchen in ihrem Alter konnte sich glücklich schätzen, wenn sie einen Shilling am Tag bekam!
    »Wann soll ich anfangen?«
    »Morgen vormittag halb elf.«
    »Abgemacht.«
    Sie besiegelten den Handel mit einem Handschlag, und die Mädchen setzten ihren Weg fort. Sammles rief Maisie noch nach:
    »Dasselbe Kleid wie heute, wenn ich bitten darf! Steht Ihnen nämlich'«
    »Keine Sorge'« gab Maisie zurück. Es war das einzige Kleid, das sie besaß. Doch das ging Sammles nichts an.
     
     
    VERKEHR IM PARK
    An den Herausgeber der Times
     
    Sir,
     
    es wurde gemeldet, daß sich in den letzten Tagen jeden Vormittag um etwa elf Uhr dreißig im Hyde Park die Kutschen der a rt staue n , daß für eine Zeitspanne von bis zu einer Stunde kein Vorankommen mehr ist. Zahlreiche E rklärungen wurden dafür angeboten. Etwa, daß zu viele Landadlige zur Saison in die Stadt kommen oder daß Londons Prosperität nun sogar Händlersgattinnen gestattet, sich eine Kutsche zu halten und in d e n Park zu fahren. Die wahre Ursache wurde bisher jedoch nirgendwo erwähnt. Sie ist bei einer Dame unbekannten Namens zu suchen, die von der Männerwelt als
    »die Löwin« bezeichnet wird, zweif e llos auf Grund ihres lohfarbenen Haars. Es handelt sich um ein bezauberndes, sehr hübsch gekleidetes Wesen, das mit leichter Hand und feuri g em Geist Pferde reitet, die so manchen Mann zu schrecken imst a nde waren. Überdies lenkt sie mit gleicher Geschicklichkeit eine K u tsche, die von perfekt aufeinander abgestimmten Zweiergespannen gezogen wird. Der Ruf ihrer Schönheit und ihres reiterlichen Wagemuts hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet, so daß ganz London zu jener Stunde, da mit ihrem Erscheinen zu rechnen ist, in den Park pilgert, um dort allerdings die Erfahrung machen zu müssen, daß es weder vor noch zurück geht.
    Wäre es Ih n en, Sir, zu d essen beruflichen Pflichten es gehört, alles zu wissen und jeden zu kennen, und dem daher wahrscheinlich auch die wahre Identität der Löwin kein Geheimnis ist, n icht möglich, dahingehend auf sie einzuwirk e n, daß sie von ihrem Tun abläßt, damit der Park wieder m den gewohnten Zustand gepflegter Ordnung und leichter P assierbarkeit zurückversetzt wird?
     
    Ich verbleibe, Sir, Ihr sehr ergebener Diener ... Ein Beobachter
     
    Dieser Leserbrief muß ein Witz sein, dachte Hugh und legte die Zeitung beiseite. Die sogenannte Löwin gab es tatsachlich - er hatte gehört, wie sich die Bankangestellten über sie unterhielten -, aber daß sich im Hyde Park die Kutschen stauten, lag nicht an ihr. Trotzdem war er neugierig geworden. Er spähte durch die bleigefaßten Fenster von Whitehaven House zum Park hinüber. Heute war Feiertag. Die Sonne schien, und zahlreiche Menschen waren bereits unterwegs, zu Fuß, zu Pferd oder in Kutschen. Ich könnte eigentlich auch in den Park gehen und nachsehen, worum sich das ganze Theater dreht, dachte Hugh. Vielleicht habe ich ja Glück ...
    Auch Tante Augusta

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