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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Geschäftsabschluß von A bis Z verfolgen. Auf diesem Posten ließ sich nicht nur am meisten lernen, sondern er bot auch beste Aussichten auf weitere Beförderung. Hugh war überdies bekannt, daß Bill Rose, Onkel Samuels Korrespondenzsekretär, bald in Pension gehen würde. Daher antwortete er jetzt ohne Zögern: »Es wäre schön, wenn ich dein Korrespondenzsekretär werden könnte.«
    »Jetzt schon? Du bist doch erst seit einem Jahr in der Bank ...«
    »Wenn Mr. Rose ausscheidet, werden es achtzehn Monate sein.«
    »Das stimmt.« Samuel gab sich noch immer amüsiert, aber er lehnte Hughs Wunsch nicht kategorisch ab. »Nun ja, wir werden sehen«, sagte er nur, bevor er hinausging.
    »Haben Sie Sir John Cammel empfohlen, die restlichen Rußland- Anleihen zu kaufen?« fragte Mulberry Hugh. »Ich habe ihn nur auf die Möglichkeit hingewiesen«, antwortete Hugh.
    »So, so«, sagte Mulberry, und gleich noch einmal: »So, so.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Sein forschender Blick blieb minutenlang auf Hugh geheftet.
     
    Es war ein sonniger Sonntagnachmittag, und ganz London flanierte im besten Sonntagsstaat durch die Stadt. Die breite Prachtstraße, die zum Piccadilly Circus führte, war vom Verkehr befreit, denn am heiligen Sonntag ließen sich allenfalls Gehbehinderte spazierenfahren.
    Maisie Robinson und April Tilsley schlenderten die Piccadilly hinunter, sahen sich die Paläste der Reichen an und hielten nach Männern Ausschau.
    Sie lebten in Soho, wo sie sich ein Zimmer in einem heruntergekommenen Haus in der Carnaby Street teilten, unweit des Armenhauses von St. James. Gewöhnlich standen sie gegen Mittag auf, kleideten sich sorgfältig an und bummelten dann durch die Straßen. Gegen Abend hatten sie dann meistens zwei Männer aufgetan, die ihnen ein Essen spendierten. Wenn nicht, gingen sie hungrig zu Bett. Geld hatten sie fast keines, allerdings brauchten sie auch wenig. War die Miete fällig, so bat April einen »Freund«, ihr etwas Geld zu »leihen«. Maisie trug stets dasselbe Kleid und wusch Abend für Abend ihre Unterwäsche. Eines schönen Tages würde ihr jemand ein neues Kleid kaufen. F r üher oder später, so hoffte sie, würde irgendeiner der Männer, die ihr Abendessen bezahlten, sie heiraten wollen oder sie zu seiner Mätresse machen. April spukte noch immer der Südamerikaner im Kopf herum, den sie kürzlich kennengelernt hatte. Tonio Silva hieß er. »Stell dir bloß vor, er kann es sich leisten, bei einer Wette zehn Guineen zu verlieren!« sagte sie aufgeregt. »Und rote Haare haben mir schon immer gefallen.«
    »Der andere Südamerikaner, der dunkle, hat mir gar nicht gefallen«, gab Maisie zu bedenken. »Micky? Aber der sieht doch phantastisch aus!«
    »Schon, aber er hat so was Verschlagenes an sich. Jedenfalls war das mein Eindruck.«
    April deutete mit dem Finger auf eine riesige Villa. »Das ist das Haus von Sollys Vater.«
    Die Villa lag etwas abseits von der Straße. Eine halbkreisförmige Auffahrt führte zum Portal. Die Fassade erinnerte an einen griechischen Tempel, denn sie war bis unters Dach mit einer Reihe Pilaster geschmückt. An der mächtigen Eingangstür prangten Messingbeschläge, und die Fenster waren mit roten Samtvorhängen bestückt.
    »Stell dir mal vor«, sagte April, »hier könntest du eines Tages wohnen.«
    Maisie schüttelte den Kopf. »Ich doch nicht.«
    »Es wäre nicht das erste Mal«, behauptete April. »Du mußt bloß ein bißchen schärfer sein als die feinen reichen Mädchen, und das ist doch gar nicht so schwer. Wenn du erst mal verheiratet bist, lernst du die Sprache und all das Zeug in Null Komma nichts. Du drückst dich ja jetzt schon sehr gewählt aus, wenn du nicht gerade wütend bist. Und Solly ist ein netter Kerl.«
    »Ein netter, aber fetter Kerl.« Maisie und zog eine Grimasse. »Aber denk nur, wie reich er ist! Sein Vater soll in seinem Landhaus ein ganzes Symphonieorchester unterhalten - nur für den Fall, daß er nach dem Dinner ein bißchen Musik hören will.« Maisie seufzte. Sie hatte keine Lust, an Solly zu denken. »Wo seid ihr denn noch gewesen, nachdem ich diesem Hugh die Meinung gegeigt habe?«
    »Bei 'nem Rattenkampf. Danach ging ich mit Tonio ins Hotel Batt.«
    »Hast du's mit ihm getrieben?«
    »Aber natürlich! Was glaubst du, warum wir dahin gegangen sind?«
    »Zum Whist spielen vielleicht?« Sie kicherten.
    April warf Maisie einen berechnenden Blick zu. »Du hast's doch mit Solly auch getrieben, oder?«
    »Ich hab' ihn

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