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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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von seinen Heldentaten. Er war offensichtlich betrunken.
    »Der ist einer von ihnen«, sagte Hernando und wartete darauf, dass Don Nicolás ihn endlich aus den Augen ließ.
    Aber der Hidalgo umklammerte seinen Arm nur noch kräftiger, als bereitete er sich auf den bevorstehenden Kampf vor.
    »Ihr da!«, rief Don Nicolás.
    Sofort verstummten alle Gespräche. Einige Gäste in der Nähe sprangen auf und stießen dabei die Stühle zur Seite. Hernando spürte, wie seine Knie weich wurden.
    »Wir konntet Ihr es wagen, den Namen derer von Varus in den Schmutz zu ziehen?«, schrie der Hidalgo wütend.
    Der Soldat stand schwankend auf und griff nach seinem Degen.
    »Wie könnt Ihr es wagen, Señor, die Stimme gegen mich zu erheben?«, rief er. »Schließlich bin ich ein Fahnenträger der spanischen Tercios auf Sizilien, ein Hidalgo aus dem Baskenland!« Hernando duckte sich instinktiv, als er diese Worte vernahm. Hilfe, noch ein Hidalgo! »Wenn Euer Stammbaum rein ist, was ich bezweifle, habt Ihr das nicht nötig.«
    »Ihr stellt meine Ahnen infrage?«, kreischte Don Nicolás.
    »Ich habe es Euch doch gesagt«, flüsterte Hernando ihm zu. »Genau das habe ich gehört, er bezweifelt, dass …« Aber Don Nicolás beachtete ihn schon nicht mehr.
    »Ihr selbst befleckt den Namen Eurer Familie mit Eurem unehrenhaften Verhalten«, rief der Fahnenträger.
    »Ich fordere Genugtuung«, schrie Don Nicolás.
    »Die werdet Ihr bekommen!«
    Beide Hidalgos zückten ihre Waffen. Spätestens jetzt standen die restlichen Schankgäste auf und machten den beiden Edelleuten Platz.
    Hernando fehlten die Worte. Ein Duell! Er öffnete seine verschwitzte Hand, sah lächelnd auf das Geldstück und verließ das Wirtshaus. Hin ter ihm begann das metallische Klirren der aufeinanderprallenden Degen. Dummköpfe, diese Christen!
    Inzwischen hatte Hernando zahlreiche Fahrten mit der Müden Jungfrau zum anderen Guadalquivir-Ufer hinter sich. Er und Juan wurden Freunde, und sie rissen bei ihren nächtlichen Gesprächen immer noch ihre Witze über die exotischen Frauen des Barbareskenbordells auf der anderen Seite der Meerenge.
    Diese Freundschaft brachte Hernando inzwischen weit mehr ein als die zwei Blanca-Münzen, die ihm der Maultierhändler bei ihrer ersten Überfahrt gezahlt hatte: Hernando wurde endlich an den Einkünften aus dem Weinschmuggel beteiligt. Allmählich wurde das Potro-Viertel mit seinen Bewohnern – Abenteurer, Gauner und Ganoven – zu seinem zweiten Zuhause. Er arbeitete nach wie vor in der Gerberei, schließlich brauchte er vor dem Richter und dem Pfarrer von San Nicolás eine Arbeitsstelle, aber sein eigentliches Leben spielte sich rund um die Plaza del Potro ab.
    Während einige Jungen aus den Pfarrbezirken San Lorenzo oder Santa María für ihn die Häute vom Schlachthof holten, ging Hernando zur Calahorra-Festung. Er hatte dort immer etwas mit Juan und den anderen Händlern zu besprechen. Beim Gedanken daran, wie er sich von dieser leidigen Schlepperei befreit hatte, musste er jedes Mal lächeln. Als er das erste Mal vom Schlachthof entlang der Stadtmauer Richtung Gerberei gegangen war, hatte er gesehen, wie einige Jungen aus den umliegenden Stadtvierteln sich auf dem Patrouillenweg der Wachen Steinschlachten lieferten. Dabei hatte es schon viele Verletzte und sogar Tote gegeben, vor allem wenn jemand unverhofft in den Steinhagel geriet. Der Rat der Stadt hatte deshalb die Steinschlachten verboten, aber die Jungen dachten nicht daran, ihr Vergnügen aufzugeben, und überlisteten die Wachen. Als Hernando zum ersten Mal aus Versehen zwischen die Fronten geraten war, hatte er die von den Kindern geworfenen Steine mit den Tierhäuten abgewehrt. Ein andermal hatte er beobachtet, wie sie sich auf ihre nächste Schlacht vorbereiteten. Er musste dabei an seine Wurfübungen in den Alpujarras denken. Er war besser als sie. Wer sollte ihn schon schlagen können? Eine Blanca-Münze war der Einsatz, ein Holzpfosten das Ziel: Wenn die Burschen verloren, mussten sie seine Häute in die Gerberei tragen, wenn sie hingegen gewannen, konnten sie die Münze behalten. Hernando verlor nur selten, und während die jungen Burschen ihren Teil der Abmachung erfüllten, ging er hinter der Calahorra-Festung zu den Viehhändlern am Campo de la Verdad, wo er umherstreifte und vorgab, den Mist der Maultiere zu holen. Plötzlich zeigte einer der Pferdehändler auf diesen verdreckten, stinkenden Morisken, packte ihn am Schopf und setzte ihn auf einen Gaul, um den

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