Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
Vom Netzwerk:
Käufer davon zu überzeugen, dass das Pferd zahm war und nicht bockte. Hernando tat so, als wäre ihm angst und bange und als hätte er noch nie auf einem Pferd gesessen. Der Händler sang indessen ein Loblied auf das brave Tier, das selbst völlig unerfahrene Reiter im Sattel behielt. Sobald das Tier verkauft und der Käufer verschwunden war, erhielt Hernando sein Geld.
    Ein andermal half er einem Edelmann mitten in der Nacht, über die Mauer des Nonnenklosters Santa Cruz zu klettern. Er sollte auf der anderen Seite warten, um ihm auf dem Rückweg einen Strick zuzuwerfen. Während er in der Dunkelheit wartete, hörte er das Paar zuerst flüstern und später lustvoll stöhnen.
    Außerdem arbeitete er für die Betreiber von geheimen Spelunken. Dort lernte er auch Palomero kennen, einen nur etwas älteren Mann, der als Lockvogel Interessenten für Karten- oder Würfelspiele anwarb. Palomero hatte ein untrügliches Gespür dafür, welcher Fremde hinter dem Rücken des Gesetzes sein Geld verwetten wollte, und bald half Hernando ihm dabei. Seine Aufgabe bestand vor allem darin, andere Lockvögel in der Gegend um die Plaza del Potro von jedem potenziellen Spieler fernzuhalten, den Palomero entdeckt hatte. Hernando stellte den konkurrierenden Kundenwerbern ein Bein, schubste sie oder ließ sich andere Finten einfallen. Wie nicht anders zu erwarten, geriet Hernando dabei in so manchen Streit, manchmal kam es auch zu Schlägereien, aber all das festigte nur seine Freundschaft mit Palomero, und er bekam von ihm sogar meist mehr Geld als vereinbart. Sie schwatzten miteinander, sie lachten zusammen, teilten ihr Essen, und Hernando ließ sich stets aufs Neue von Palomero verblüffen.
    Einmal behauptete er, endlich den Trick durchschaut zu haben, mit dem Mariscal – einer der Spelunkenbetreiber – nicht nur unbedarfte Spieler, sondern auch die erfahrensten Falschspieler und Zinker ausnahm.
    »Er wackelt nur mit dem rechten Ohrläppchen«, berichtete er voller Bewunderung. »Sein Gesicht ist vollkommen regungslos, nicht einmal die Ohrmuschel bewegt sich, nur das Ohrläppchen! Es ist ein abgekartetes Spiel: Sobald er das Zeichen gibt, weiß einer seiner Komplizen, welche Karten Mariscal hat, und wettet – und gewinnt. Sieh her, ist es so richtig?«
    Hernando prustete vor Lachen angesichts der wilden Grimassen seines Freundes – dessen Ohrläppchen sich aber kein bisschen bewegte.
    »Nein, tut mir leid.«
    Hernando hatte Glück. Die Geschäfte liefen gut, und er verhandelte bereits mit Juan über die erste Rate für ein Maultier. Der Viehhändler machte ihm einen guten Preis. Hernando wollte das Maultier bei Ibrahim gegen Fatima eintauschen. Sosehr er seinen Stiefsohn auch hasste, dieses Angebot würde er ihm nicht ausschlagen können, außerdem hatte Ibrahims Interesse an seiner zweiten Frau in letzter Zeit deutlich nachgelassen. Fatima fastete eisern, blieb hager und dürr, was bei Ibrahim – der zudem von der Feldarbeit völlig erschöpft nach Hause kam – keine Begierde weckte. Aischa wiederum tat das Ihre, um ihn von der jungen Frau abzulenken. Ihr war nicht entgangen, dass Fatimas tiefschwarze Augen seit Kurzem wieder zu leuchten begonnen hatten und dass ihre Lebenslust langsam zurückzukehren schien.
    Hernando hatte versucht, Fatima von seinem Plan zu überzeugen.
    »Bestimmt ist er damit einverstanden!«, ermutigte er sie. »Du siehst doch, wie schlecht gelaunt er im Morgengrauen aufsteht und wie erschöpft er abends vom Feld nach Hause kommt. Er hasst diese Arbeit. Ibrahim braucht das Reisen, die Weite. Glaub mir.«
    Tatsächlich konnte nichts die düstere Stimmung des Maultiertreibers aufhellen, die nun zu seinem ohnehin schon übellaunigen und aufbrausenden Temperament hinzukam.
    »Aber er hasst dich – abgrundtief«, entgegnete Fatima. Außerdem war ihr in den letzten Tagen aufgefallen, dass Ibrahim sie wieder zusehends lüstern anzustarren begann. Doch sie verheimlichte ihre Befürchtungen vor dem zuversichtlichen Hernando.
    »Ich denke, er ist sich immer noch selbst der Nächste«, entgegnete er. »Als meine Mutter mit mir schwanger war, nahm er mich für ein Maultier in Kauf. Jetzt geht es ihm doch viel schlechter als damals, warum sollte er nicht zustimmen?«
    Sie wollten nach einem ihrer gemeinsamen Spaziergänge gerade in die Sackgasse einbiegen, in der sich ihr heruntergekommenes Haus befand, als sie einen jungen Mann an der Straßenecke stehen sahen. Hernando kannte ihn. Er bewohnte mit seiner Familie

Weitere Kostenlose Bücher