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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Adlige, die auf ihren Stierkampf warteten, kamen hinzu – allerdings nicht, um zu helfen. Vielmehr grinsten sie hämisch, als sie die verzweifelten Rufe des Grafen hörten.
    In dem Moment stellte sich der Hengst genau vor Hernando und dem jungen Diener wieder auf die Hinterbeine und tänzelte mit den Vorderhufen in der Luft. Hernando sprang zur Seite, als er die panischen, vorquellenden Augen des Pferdes sah. Doch der junge Diener war zu langsam, und an seiner Stirn klaffte plötzlich eine blutende Platzwunde – ein Huf hatte ihn erwischt. Der Hengst würde sie tottrampeln! Er brachte die Vorderhufe gerade wieder auf die Erde und wollte sich erneut aufbäumen, als Hernando sich auf den Pferdekopf stürzte und die Augen des Pferdes mit seinem Körper verdeckte. Er biss dem Tier kräftig ins Ohr, drehte das andere brutal nach hinten und spürte die heiße Dunstwolke des schmerzerfüllten Wieherns an seinem Bauch, als das Tier unter seinem Gewicht schließlich den Kopf senkte. Schnell riss Hernando den Schädel des Pferdes so heftig zur Seite, dass es zu Fall kam. Am Boden angekommen, fixierte Hernando Hals und Kopf des Pferdes mit den Knien – das Ohr immer noch zwischen den Zähnen.
    »Bleibt stehen!«, befahl jemand den Dienern des Grafen, die zu dem Pferd eilten.
    Hernando ließ nun von dem einen Ohr ab, aber das andere hielt er nach wie vor fest nach hinten gedreht. Dann begann er, leise einige Suren zu rezitieren, um das Tier zu beruhigen. Dabei hielt er die Lippen dicht an das leicht blutende Ohr des Pferdes. So verharrte er eine geraume Weile, und beim melodischen Klang der Suren begann das Pferd allmählich wieder regelmäßig zu atmen.
    »Ich packe jetzt seinen Kopf in eine Decke, ja?« Das war die gleiche Stimme, die zuvor die Diener aufgehalten hatte. Hernando konnte nur ein Sporenpaar aus Silber neben sich am Boden erkennen. »Pass auf, dass er nicht gleich wieder aufspringt.«
    Hernando hörte den Mann mit den Silbersporen leise fluchen, während er mit der Decke hantierte.
    »Eitler Geck! Er hat einen so wunderschönen Hengst überhaupt nicht verdient.« Hernando verlagerte sein Gewicht und spürte, wie sich die Decke zwischen ihn und den Pferdekopf schob. »Dummkopf! Von wegen spanischer Grande!«, murmelte der Mann, als die Decke endlich an ihrem Platz war. »Und jetzt musst du dafür sorgen, dass er ganz langsam aufsteht. Zuerst wird er den Kopf anheben, dann die Beine ausstrecken. Und genau dann musst du ihm die Decke unter den Kiefer schieben und die Enden verknoten, damit er sie nicht abwirft. Kannst du das? Traust du dir das zu?«
    »Ja.«
    »Gut. Also: jetzt«, sagte der Mann.
    Der Hengst war vermutlich erschöpft, jedenfalls stand er sehr viel langsamer auf, als Hernando erwartet hatte, sodass er ihm ohne weitere Gegenwehr die Enden der Decke unter dem Kiefer zusammenbinden konnte. Als das Pferd stand und unter der Decke nichts sehen konnte, wurde es ganz ruhig. Einer der Diener des Grafen wollte das Pferd am Zügel fassen, aber eine Hand fuhr dazwischen.
    »Finger weg!« Hernando drehte sich endlich nach der Stimme um. Neben ihm stand der Grande Don Diego López de Haro, der tapfere Marquis von Carpio – königlicher Oberstallmeister von Philipp II. und Veinticuatro von Córdoba. »Wollt ihr vielleicht, dass der Hengst noch einmal bockt«, sagte der Marquis von Carpio an die Diener gerichtet. »Ihr versteht überhaupt nichts von Pferden, genau wie euer …« Er sprach nicht weiter, sondern schüttelte nur den Kopf. »Euch darf man wirklich nur Esel und Maultiere anvertrauen! He, du da, bring das Pferd lieber selbst zum Grafen!« Hernando hörte zwar, wie verächtlich der Grande das letzte Wort aussprach, aber er konnte nicht mehr sehen, wie der Oberstallmeister die Augen zusammenkniff und die rechte Hand nachdenklich ans Kinn führte. Er war neugierig, was Hernando machen würde, wenn der Hengst das Blut auf dem Platz roch und abermals in Panik geraten würde. Was er auch tat! Das Pferd wieherte auf und machte Anstalten kehrtzumachen, aber in dem Moment zog Hernando kräftig am Zaumzeug und versetzte ihm einen Tritt in den Bauch. Der Hengst zitterte, aber er gehorchte und folgte Hernando auf die Plaza de la Corredera. Don Diego beobachtete die Szene und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Wie kannst du es wagen, mein Pferd zu treten? Mein Zuchthengst ist mehr wert als dein Leben! Haltet ihn!«, brüllte der Graf von Espiel, und seine beiden Diener rannten zu Hernando. Einer riss

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