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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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sie über die Karawanen auf dem Laufenden halten, oder über die Santa Hermandad. Sie brauchen Spitzel und Kundschafter. Den Faustdolch habe ich übrigens von ihnen.«
    »Und wo finde ich diese Monfíes?«, fragte Ibrahim nach. »Die Sierra Morena ist groß.«
    »Glaub mir, wenn du erst einmal in den Bergen bist, werden sie dich finden«, antwortete der Mann. »Aber pass auf, dass ihnen nicht die Männer der Santa Hermandad zuvorkommen.«
    Die Santa Hermandad von Córdoba bestand normalerweise aus zwei Bütteln und Einheiten mit je zwölf Männern. Sie ahndete solche Vergehen, die außerhalb der Stadtgrenzen begangen wurden: auf dem Land, in den Bergen und in Orten mit weniger als fünfzig Einwohnern. Sie war für ihre brutalen Schnellverfahren bekannt, und momentan verfolgte sie Aufständische wie Sobahet, der die Christen nach wie vor in Angst und Schrecken versetzte. Sobahet war ein besonders gewalttätiger Monfí-Anführer aus Valencia, der mit seinen Männern die Sierra Morena und die Gebiete im Norden von Córdoba unsicher machte. Ihm schlossen sich vor allem verzweifelte Sklaven oder Männer an, die vor ihrem Lehnsherrn geflohen waren.
    Diese Aufständischen in den Bergen könnten Ibrahims letzte Rettung sein.
    Am nächsten Morgen machten sich Ibrahim und Aischa mit Shamir auf den Weg. Sie kamen am Friedhof der Kirche Santa Marina vorbei, ließen den Malmuerta-Turm – ein Gefängnis ausschließlich für Adlige – links liegen und verließen die Stadt durch die Puerta del Colodro, das Stadttor in Richtung der Sierra Morena im Norden von Córdoba.
    Ibrahim hatte Aischa befohlen, genügend Proviant und wärmende Kleidung für den anstrengenden Fußmarsch mitzunehmen. Sein Tonfall war so schneidend, dass sie gar nicht erst nach den Gründen gefragt hatte. Sie passierten die Puerta del Colodro zusammen mit den zahlreichen Arbeitern, die auf dem Weg zu den Feldern oder in den Schlachthof waren, und folgten dem Camino de las Ventas – dem Weg nach Adamuz, einem Ort nördlich von Montoro. In der Nähe von Montoro stießen sie auf vier aufgespießte Köpfe mit abgeschnittenen Zungen. Die Aufständischen konnten nicht weit sein.
    Der Camino de las Ventas, der Weg der Gasthöfe, führte von Cór doba aus durch die Sierra Morena bis nach Toledo. Am Wegrand lagen zahlreiche Gasthöfe und Schenken, und Ibrahim zog es deshalb vor, abseits dieser wichtigen Handelsroute oder sogar querfeldein zu reisen. Dennoch hatten sie schon bald ihre erste Begegnung mit der Santa Hermandad. Kurz vor Alcolea war an einem Pfosten der bereits verweste und von Pfeilen durchbohrte Leichnam eines Mannes angebunden – er diente den Aasfressern als Speise und sollte die Bewohner immer daran erinnern, wie ein Todesurteil der Santa Hermandad aussah! Ibrahim beherzigte diese Warnungen und zwang Aischa, einen noch unwegsameren Pfad zu nehmen. Statt dem Weg über die Ausläufer der Sierra Morena zu folgen, ging es nun direkt in die Berge. Der ehemalige Maultiertreiber fand sich mühelos zwischen Korkeichen und Schluchten und auf den kleinen Bergpfaden zurecht, die sonst nur Ziegenhirten und Ortskundige benutzten.
    Ibrahim und Aischa, die mit dem Säugling auf dem Rücken schweigend hinter ihrem Ehemann ging, brauchten den ganzen Tag für den Weg bis Adamuz. Sie schlugen ihr Nachtlager unter freiem Himmel auf, verborgen vor Reisenden und der Santa Hermandad.
    »Warum fliehen wir aus Córdoba?«, fragte Aischa irgendwann und reichte Ibrahim einen Kanten Brot. »Wohin gehen wir?«
    »Wir sind nicht auf der Flucht«, antwortete ihr Mann.
    Damit war das Gespräch beendet, und Aischa kümmerte sich um ihr Kind. Sie wagten weder ein Feuer zu entfachen noch einzuschlafen. Sie lauschten angespannt dem entfernten Heulen der Wölfe, dem nahen Grunzen von Wildschweinen und anderen Geräuschen – wahrscheinlich Bären. Aischa drückte Shamir ängstlich an sich. Ibrahim hingegen schien glücklich: Er betrachtete den Mond, ließ den Blick über die schroffe Landschaft schweifen und erinnerte sich an das Leben, das er vor seiner Vertreibung geführt hatte.
    Im Morgengrauen waren sie plötzlich von Aufständischen umringt. Die Monfíes waren auf dem Camino de las Ventas unterwegs und spähten jeden Reisenden aus, der nicht für Schutz gesorgt hatte. Die Männer, immer auf der Hut vor Einheiten der Santa Hermandad, hatten die kleine Familie bereits am Vortag entdeckt, ihr aber keine weitere Beachtung geschenkt: Ein Mann und eine Frau mit Kleinkind und ohne Gepäck

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