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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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ließ er einen Brei aus Weizen oder Roggen kochen, dem außer Kleie und Salz noch Olivenöl zugesetzt wurde. Hernandos Vorschläge stießen im Marstall zunächst auf Argwohn, aber Don Diego ging davon aus, dass sie zumindest keinen Schaden anrichten würden – und ließ Hernando seinen Willen. Die Ergebnisse konnten sich sehen lassen: Saeta wurde ruhiger, ohne jedoch sein Feuer zu verlieren, und das scheue Tier wurde mutiger. Reiter, Reitknechte, Stallburschen, Schmiede und Sattler schätzten Hernando, und der Verwalter erfüllte ihm fast jeden Wunsch – so konnte Aischa dank seiner Empfehlung in der Werkstatt eines Webers beim Seidenspinnen aushelfen.
    Für diesen 8. Dezember 1573, den Tag der Unbefleckten Empfängnis Mariä, hatten die Inquisitoren ein Ketzergericht in der Kathedrale von Córdoba angesetzt. Hernando und Fatima sahen mit Sorge, wie allein die Ankündigung unter der Bevölkerung für Aufruhr sorgte. Selbst das Personal des Marstalls ließ sich davon anstecken. Bereits in den beiden Jahren zuvor hatte man an diesem Tag das Ketzergericht abgehalten. Im Vorjahr war die fromme wie makabre Schaulust der Bewohner Córdobas auf brutale Weise gestillt worden: Beim Autodafé wurden nach einem langen Prozess samt Folter insgesamt sieben Hexen verurteilt – unter ihnen auch die berühmte Leonor Rodríguez aus Montilla, genannt La Camacha. Sie leistete die Abschwörung einiger leichterer Vergehen, wurde aber dennoch zu hundert Peitschenhieben in Córdoba und weiteren hundert in Montilla verurteilt. Zudem durfte sie ihren Heimatort zehn Jahre lang nicht betreten und musste ihre Schuld zwei Jahre lang in einem Siechenhaus in Córdoba abarbeiten. In den Tagen vor dem Autodafé waren die Morisken darauf bedacht, ihren Nachbarn möglichst wenig aufzufallen. Schließlich hatte diese Hexe gestanden, ihre teuflischen Künste von einer Maurin aus Granada erlernt zu haben! Abbas hatte Hernando am Abend vor dem großen Ereignis noch einen Besuch abgestattet.
    »Wir müssen morgen in die Kathedrale gehen und beim Ketzergericht dabei sein«, sagte er nach der Begrüßung.
    Hernando und Fatima sahen sich entsetzt an.
    »Wirklich?«, fragte der junge Mann. »Warum?«
    »Einige der Angeklagten sind Muslime.«
    Trotz seiner afrikanischen Herkunft hatte Abbas ein gutes Verhältnis zu den Inquisitoren. Er selbst hatte die Regeln, die er Hernando beigebracht hatte, absolut verinnerlicht. Vor seinen unbarmherzigen Nachbarn im Alcázar war er der christlichste aller Christen, und sein vorbildhaftes Verhalten führte dazu, dass ausgerechnet er als gelungenes Beispiel für die erfolgreiche Bekehrung eines gebürtigen Anhängers der Sekte Mohammeds herhalten musste. Durch seinen Beruf fiel es ihm leicht, das Vertrauen der geizigen Inquisitoren und ihrer Gehilfen zu erschleichen: hier ein lockeres Schloss repariert, dort eine zerbrochene schmiedeeiserne Verzierung erneuert – von den Gitterstäben der Karzer ganz zu schweigen! All diese kleinen Mängel wurden dem geschickten Schmied des königlichen Marstalls gemeldet, der die Reparaturen – vorgeblich aus Frömmigkeit – selbstverständlich kostenlos ausführte.
    »Aber warum sollen wir dabei zusehen, wie unsere Glaubensbrüder und -schwestern verurteilt werden?«, fragte Hernando verständnislos.
    »Als Beweis unserer Ergebenheit und Hochachtung gegenüber dem Heiligen Inquisitionsgericht«, leierte der Schmied herunter und verzog das Gesicht. »Glaub mir, bitte, wir müssen uns dort blicken lassen. Außerdem möchte ich, dass du jemanden kennenlernst. Und – das ist der Hauptgrund – wir müssen vor Ort erfahren, für was genau wir verurteilt werden und welche Strafen darauf ausgesetzt sind. Wir müssen unseren Glaubensbrüdern in Algier berichten, wie die Inquisition mit den Muslimen in Spanien umgeht.«
    Fatima und Hernando blickten gleichzeitig auf.
    »Warum das?«, fragte der junge Mann.
    »Für jede Verurteilung in Spanien rächen sich die Türken in Algier an einem Christen in ihren Gefängnissen. Ja, darum geht es«, bekräftigte er, als er Hernandos zweifelnden Gesichtsausdruck bemerkte. »Die Christen wissen das. Das hält die Inquisition zwar nicht davon ab, Ketzereien zu ahnden, aber es beeinflusst die Härte der Strafen. Ich habe selbst mitbekommen, wie sich die Christen darüber unterhalten haben. Wir schicken unsere Berichte nach Algier, und sie bekommen von befreiten Christen oder den Mercedarier-Mönchen, die die Gefangenen freikaufen, neue Informationen. Das

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