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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Der Bau der neuen Capilla Mayor war beim Rat der Stadt Córdoba zunächst auf Ablehnung gestoßen, denn einige Ratsherren hatten befürchtet, der Neubau könne die zahlreichen kleineren Kapellen oder Altäre in der Mezquita zerstören. Im Kampf gegen das Domkapitel hatten die Veinticuatros gemeinsam mit den Jurados ein Edikt erlassen, durch das jeder Bauarbeiter, der sich am Bau der neuen Kathedrale beteiligte, mit der Todesstrafe rechnen musste. Kaiser Karl V. hatte schließlich den Streit beendet und den Bau der neuen Kathedrale genehmigt.
    Unter dem Jubel der Schaulustigen begann nun der Einzug der Richter des Inquisitionsgerichts, der Domherren sowie der Stadträte und der Angeklagten. Hernando bestaunte immer noch dieses christliche Bauwerk, das von dem beige-roten Säulenwald umgeben war und Tausende Menschen in sich aufnehmen konnte. Den Raum zwischen der äußersten Säulenreihe und der Außenmauer der Gebetshalle hatten die christlichen Adligen und Pfründenbesitzer für Kapellen zu Ehren ihrer Heiligen und Märtyrer genutzt. Altäre, Christusfiguren und Gemälde mit religiösen Motiven waren hier aber nicht nur Ausdruck der Frömmigkeit, sondern eine Zurschaustellung der Macht der Adelshäuser, die diese Kapellen errichten ließen und großzügig ausschmückten. Wo man auch hinsah, entdeckte man die Wappen der Adligen und Kirchenfürsten: auf Wänden, Säulen und Grabplatten, auf Gemälden, Lampen, Türknäufen, Stühlen … sowie auf den Feldbannern und Helmen der Adligen aus Kastilien, Polen, Böhmen oder den deutschen Landen, die überall aus Dankbarkeit für die im Namen der Christenheit errungenen Siege hingen.
    Ein Muslim unter Christen! Das war Hernandos Gedanke, als Orgelspiel und Chorgesang den Einzug des Bischofs, des Inquisitors und des Corregidors der Stadt Córdoba ankündigten.
    Hernando blickte zur Decke der Kathedrale: Die Christen suchten in ihren Bauten die Annäherung an Gott und errichteten sie, so hoch es ihre Technik zuließ. Die Basis war breit und gedrungen, die Höhen waren schmal. Aber die Moschee von Córdoba war ein Wunder der islamischen Architektur, das Ergebnis einer gewagten Konstruktion, in der die Macht Gottes zu den Gläubigen herabstieg. Im Gegensatz zu den christlichen Bauten lag in der Moschee das Gewicht, der Schwerpunkt, auf den vielen schlanken Säulen – eine aufsehenerregende, öffentliche Herausforderung der Logik.
    Warum hatten die Christen dieses architektonische Meisterwerk der verhassten Mauren nicht wie all die anderen Moscheen der Stadt einfach dem Erdboden gleich gemacht? Das Domkapitel und die Adligen von Córdoba gehörten zu den reichsten in ganz Spanien. Sie hätten eine gigantische Kathedrale wie die in Granada oder in Sevilla in Auftrag geben können. Stattdessen ließen sie zu, dass der muslimische Glaube in Form dieser Säulen, der niedrigen Decken und der Raumaufteilung überlebte … die Seele der Mezquita.
    Wie so viele andere bekamen Hernando, Fatima und Abbas nichts von dem Autodafé zu sehen. Nur die Zuschauer in den ersten Reihen hinter den Richtern und Bütteln, die die Ehrengäste beschützten, konnten das Spektakel aus der Nähe betrachten. Wohl aber bekamen sie die öffentliche Verlesung der Anklageschriften und Urteile mit, bei denen die Vergehen und die verhängten Strafen kurz aufgeführt wurden. Neunundzwanzig der dreiundvierzig Angeklagten waren Morisken. Die anwesenden Christen lauschten der öffentlichen Verlesung, um dann das Urteil – mit dem die Vorführung jedes einzelnen Angeklagten endete – zu bejubeln oder ihrem Unmut mit Pfiffen Luft zu machen.
    Zweihundert Peitschenhiebe und drei Jahre Galeere wegen Bigamie für einen Mann aus Andújar. Eine hohe Geldstrafe und den Pranger für einen Mann, der daran festhielt, dass es keine Sünde sei, mit einer Frau Beischlaf zu halten, wenn er dafür bezahlte. Eine niedrige Geldstrafe und das Büßerhemd für einige Männer und Frauen wegen Gotteslästerung oder wegen übler, skandalöser und ketzerischer Äußerungen oder weil sie die Wirksamkeit der Exkommunikation angezweifelt hatten. Konfiskation von Hab und Gut, Peitsche und lebenslange Galeere für zwei französische Anhänger der Sekte Luthers …
    »Elvira Bolat!«, rief der Notar. »Neuchristin aus Terque …«
    »Elvira!«, entfuhr es Fatima. Ein Mann und eine Frau, die vor ihnen standen, drehten sich überrascht um: zuerst zu ihr, dann zu Hernando, dem Fatima gerade etwas erklären wollte. »Ich kenne Elvira. Sie ist meine

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