Die Pfeiler des Glaubens
nicht, dachte Hernando, als er die Treppen zu den Unterkünften hochstieg. Er brauchte Hamid! Er musste ihn einfach hin und wieder sehen und sich mit ihm bereden. Er brauchte seinen Rat, vor allem aber brauchte er die Gewissheit, dass er da war. Er brauchte Hamid als Vater.
Er erzählte Fatima die Neuigkeiten, und sie hörte ihm aufmerksam zu. Als er geendet hatte, lächelte sie ihn an und streichelte seine Wange.
»Befreie ihn«, flüsterte sie. »Was auch immer sein Preis sein mag. Du verdienst gut. Und wir kommen schon zurecht.«
Hernando machte sich sofort auf den Weg. Man hatte seinen Lohn erhöht, inzwischen waren es drei Dukaten im Monat sowie zehn Zentner guter Weizen im Jahr. Er verdiente zwar weniger als die erfahrenen Bereiter oder als Abbas in der Schmiede, doch für ihn und seine Familie war das ein mehr als großzügig bemessener Lohn. Zudem sparte Fatima so eisern, als könnte ihr Wohlstand jeden Moment zu Ende sein.
An den Feiertagen war der Campo de la Verdad ein beliebtes Ziel für die Bewohner der Stadt. Sie spazierten am Ufer des Guadalquivir entlang, betrachteten die drei Mühlen und die römische Brücke. Obwohl es Sonntag war, strömten die Menschen zu den Viehhändlern, die dort ihre Pferde und Maultiere präsentierten.
Da entdeckte Hernando seinen alten Freund Juan. Er ging gebückt und wirkte noch kleiner als sonst. Beim Lächeln sah man, dass ihm inzwischen noch mehr Zähne fehlten als früher.
»Ach, der Moriskenreiter!«, begrüßte er Hernando. »Da staunst du, oder? Ja, ich habe schon davon gehört. Du bist hier inzwischen eine Art Berühmtheit.«
Das hatte Hernando nicht erwartet. Was wussten die Leute noch über ihn?
»Es kommt nicht oft vor, dass ein junger Moriske Bereiter im königlichen Marstall wird … und auch noch in der Kathedrale arbeitet. Einige der Händler, mit denen du damals zusammengearbeitet hast«, erklärte Juan und zwinkerte ihm verschmitzt zu, »werben mit deinem Namen, um Käufer anzulocken. › Dieses Pferd hat Hernando, der Bereiter des Königs, persönlich zugeritten! ‹ Ich habe auch schon überlegt zu sagen, dass du auf meinen Maultieren gesessen hast … und sie immer sofort zahm waren.«
Die beiden lachten.
»Wie geht es dir, Juan?«
»Es geht. Die Müde Jungfrau hat das Zeitliche gesegnet«, flüsterte er. »Wie es sich für eine echte Dame gehört, ist sie langsam und würdevoll von uns … nun ja, untergegangen. Zum Glück in der Nähe des Ufers, und wir konnten die Fässer retten.«
»Hast du weitergemacht, nachdem …?«
»Sieh dir dieses prächtige Maultier an«, lenkte Juan ab. Hernando begutachtete das Tier. Es wirkte gesund, war kräftig und gut gebaut. Wo lag der Makel? »Möchte der königliche Stallmeister zur Abwechslung mal ein ordentliches Tier kaufen?«
»Willst du dir zwei Blancas verdienen?«, fragte Hernando wie damals der Maultierhändler zu Beginn ihrer Freundschaft.
Juan führte argwöhnisch eine Hand zum Kinn und ließ das faulige Zahnfleisch sehen.
»Ich werde langsam alt«, beteuerte er. »Ich kann nicht mehr so laufen wie …«
»Was ist eigentlich aus dem Freudenhaus der Barbaresken geworden? Kannst du auch nicht mehr …«
»Willst du mich beleidigen? Jeder spanische Mann, der etwas auf sich hält, würde alles dafür geben, sein Leben während eines Rittes auf einem dieser Prachtweiber auszuhauchen!«
Hernando und der Maultierhändler saßen bei einem Krug Wein in einem Wirtshaus in der Nähe der Kathedrale.
»Er ist mein Vater«, sagte Hernando.
»Also wenn das so ist, will ich nichts dafür haben«, bot der Maultierhändler an. »Aber für deine Zweifel an meiner Männlichkeit wirst du mir büßen. Du wirst schon sehen, wie ich das Mädchen …«
»Du kannst mir viel erzählen. Wie weiß ich denn, dass du nicht einfach wie ein holder Knabe im Schoß einer dieser Frauen schlummerst? Schließlich werde ich nicht dabei sein«, spann Hernando den Scherz weiter.
»Junger Mann, ich mache dir einen Vorschlag: Stell dich auf der Plaza del Potro neben den Brunnen, und du wirst selbst auf die Entfernung und trotz des Lärms in der Gasse das Luststöhnen …«
»Wie soll ich denn wissen, welche …?«
»Du wirst hören, wie sie meinen Namen ruft!«
Sie lachten. Hernando dachte an die alten Zeiten und daran, wie die Müde Jungfrau immer mit Wasser vollgelaufen war. Schon damals war Juan klein und schmächtig gewesen, aber sie hatten das Ufer immer erreicht!
»Da bin ich mir sicher. Aber der Aufseher darf auf
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