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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Familie zu kümmern.
    Während Aischa und Abbas in Gedanken versunken dastanden, war im Patio einige Augenblicke nichts außer dem leisen Plätschern des Brunnens zu hören.
    Abbas folgte Hernando auf dem Weg, den die Stutenherde zum königlichen Jagdgebiet Lomo del Grullo genommen hatte: Écija, Carmona, Fuentes, Sevilla und schließlich Villamanrique. Er zwang sich weiterzugehen. Er zwang sich, ein Bein vor das andere zu setzen, und er beobachtete verzweifelt, wie ihn seine Füße einem Ziel näher brachten, das er gar nicht erreichen wollte. Was sollte er Hernando sagen? Wie sollte er ihm beibringen, dass Ubaid seine Frau und seine Kinder getötet hatte? Wie sollte er ihm gestehen, dass er sein Versprechen nicht gehalten hatte?
    Zunächst hatte Abbas versucht, selbst mit dem einarmigen Monfí in Verbindung zu treten, während er auf die Erlaubnis des königlichen Oberstallmeisters wartete, Richtung Lomo del Grullo aufbrechen zu dürfen. Er wollte die Hintergründe erfahren, er wollte ihn sogar töten, aber die üblichen Wege, mit den Aufständischen in den Bergen Kontakt aufzunehmen, blieben diesmal erfolglos: Der Einarmige und seine Bande schienen wie vom Erdboden verschluckt. Warum bloß hatte er Fatima und die Kinder entführt und umgebracht?
    »Warum hat er das gemacht?«, fragte sich auch Don Diego, als er dem Schmied den Geleitbrief überreichte, damit er sich auf den Weg nach Sevilla machen konnte. »Ich dachte, er sei auch ein Moriske, oder?«
    »Hernando und Ubaid hatten schon früher in den Alpujarras Streit miteinander«, berichtete Abbas dem Oberstallmeister.
    »Aber deshalb bringt man doch nicht gleich eine wehrlose Frau und drei unschuldige Kinder um!«, entgegnete der Grande und hielt das Dokument in seinen Händen. »Heilige Jungfrau!«
    Abbas zuckte nur mit den Achseln. Don Diego hatte vollkommen recht. Es ergab alles keinen Sinn, und Aischa weigerte sich über den Vorfall zu sprechen. Er konnte also nicht einmal nach den Leichen suchen, um sie angemessen zu bestatten. Sobald der Schmied Hernandos Mutter nach den Geschehnissen fragte, kam von ihr immer wieder nur ein »irgendwo in den Bergen«.
    Und nun war Abbas unterwegs, Schritt für Schritt kam er unter der gleißenden Sonne Andalusiens voran, er hatte Bauchschmerzen vor Zorn, vor Wut kam ihm die Galle hoch, und Tränen standen ihm in den Augen, während er darüber grübelte, wie er seinem Freund mitteilen sollte, dass der Einarmige seine Gattin und die beiden Kinder »irgendwo in den Bergen« der Sierra Morena brutal ermordet hatte.
    Alle Sätze, die er sich im Voraus zurechtgelegt hatte, waren wie weggeblasen, als er vor Hernando stand, dessen Worte plötzlich wie aus weiter Entfernung zu kommen schienen, als trüge sie der Wind von irgendwo herüber.
    »Was ist los?«
    »Ubaid …«, flüsterte Abbas.
    »Was ist mit Ubaid?« Hernando starrte den Schmied mit seinen blauen Augen an, deren Glanz mit einem Schlag völlig erloschen war. »Was ist passiert? Was ist mit meiner Familie? Sag schon!«
    »Er hat sie umgebracht«, brachte Abbas schließlich hervor. Er konnte seinem Freund nicht in die Augen sehen. »Er hat alle umge bracht … außer deiner Mutter.«
    Hernando verschlug es die Sprache. Einige Augenblicke lang stand er regungslos da, er war wie betäubt, sein Verstand wollte das Gesagte nicht aufnehmen. Dann führte er ganz langsam die Hände vors Gesicht und schrie.
    »Fatima! Die Kinder!«
    »Verdammter Hurensohn«, fuhr er Abbas an. Er schlug auf den Schmied ein, der zu Boden fiel. Dann stürzte er sich auf ihn.
    »Du hast versprochen, dass sie sicher sind. Du solltest auf sie aufpassen! Ich habe dich gebeten, dich um meine Familie zu kümmern!«
    Hernando prügelte weiter auf Abbas ein, der sich gegen die Schläge nicht einmal zur Wehr setzte.
    Das Letzte, was der Schmied noch mitbekam, ehe er bewusstlos wurde, war, dass andere Männer den brüllenden und wild um sich schlagenden Hernando von ihm wegzogen.
    Einige Meilen vor Córdoba weigerte sich Azirat in dem rasenden Tempo weiterzugaloppieren, in dem sie seit Lomo del Grullo geritten waren. Wütend stieß Hernando dem Pferd immer wieder die Sporen in die Flanken, aber das Pferd war nicht mehr in der Lage, auch nur einen Huf vor den anderen zu setzen. Es wurde immer langsamer und blieb schließlich ganz stehen.
    »Los! Schneller!«, rief Hernando. Er gab dem Tier wieder die Sporen und beugte sich weit nach vorn. Azirat schwankte. »Du sollst weitergaloppieren!«, schluchzte

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