Die Pfeiler des Glaubens
Später verärgerten sie das Domkapitel, als sie den Bau einer anderen Kirche finanzierten, für den sie den Hochaltar stifteten. Seither sind die Beziehungen zwischen dem Grafen und dem Bischof mehr als angespannt.«
»Ist das gut, wenn der Provisor auf meiner Seite ist?«
»Natürlich. Als Kirchenrichter entscheidet er darüber, ob dein Fall dem Kirchenrecht und den Beschlüssen des Konzils entspricht. Zunächst: Du bist kein Mörder und auch kein Wegelagerer. Nach allem, was du bislang erzählt hast, kannst du wegen deines Vergehens um den Schutz der Kirche bitten. Aber es gibt einen noch wichtigeren Umstand: Der kirchliche Schutz vor der Justiz ist befristet, ansonsten würden unsere Gotteshäuser zu Verwahrstätten für Verbrecher. Hier in Córdoba gilt eine Frist von dreißig Tagen. Man geht davon aus, dass der Schutzsuchende in diesem Zeitraum die Konsequenzen seines Vergehens klären kann. Aber so, wie ich den Grafen von Espiel einschätze, wirst du das in dieser Zeit nicht schaffen.« Hernando nickte betrübt. »Der Graf wird keinen Deut nachgeben. Es wird mindestens zu einer körperlichen Züchtigung kommen. Denn meistens endet die Zuflucht in den Bereich der Kirche so: Die Kirche verlangt von der weltlichen Justiz, dass sie den Verbrecher wohlwollend behandelt, und wenn so ein Pakt vereinbart wird, liefert sie ihn aus. Und hier kommt der Einfluss des Provisors ins Spiel, denn wenn diese Vereinbarung nicht getroffen wird, kann der Aufenthalt unendlich verlängert werden.«
»Aber was hat der Graf davon, wenn er sich nicht mit der Kirche einigt? Er kann mich doch nicht aus der Kathedrale schleifen, und außerdem erhält er keine Wiedergutmachung für mein Vergehen …«
»Die meisten Christen«, erwiderte Don Julián, »wagen es nicht, gegen die Schutzsuchenden in der Kirche vorzugehen. Da gebe ich dir recht. Die Drohung, diejenigen sofort zu exkommunizieren, die die Kirche als Zufluchtsort nicht achten, schüchtert sie in ihren frommen Überzeugungen ausreichend ein.« Hernando fasste sich an den schmerzenden Rücken und dachte daran, wie schnell ihn José Velasco und die anderen bei dem Wort » Exkommunikation « auf den Boden hatten fallen lassen. »Aber der Graf von Espiel kann, wie viele bedeutende Familien, andere Leute in seinem Namen handeln lassen, damit er selbst nicht exkommuniziert wird. Merk dir eines: Du darfst niemandem vertrauen. Sobald der Graf mitbekommt, dass du hier Zuflucht gefunden hast, wird er alles daransetzen, dir das Leben schwerzumachen. Er wird seine Leute an den Kirchenportalen postieren, damit dir kein Essen gebracht wird und damit dich niemand besucht. Du darfst keinem vertrauen, der dich im Innenhof anspricht, und nicht einmal hier drin kannst du sicher sein. Sie könnten dich entführen und in einem Verlies auf den Ländereien des Grafen verschwinden lassen. Für immer.«
»Soll ich etwa den Rest meines Lebens hier verbringen«, flüsterte Hernando, »wenn sie mich nicht entführen?«
Don Julián blieb stehen, er drehte sich zu Pérez um und bedeutete ihm mit einer Geste, sich etwas zu entfernen.
»Das heißt«, flüsterte Don Julián, nachdem er überprüft hatte, dass Pérez tatsächlich zwei Säulen entfernt stehen geblieben war, »dass nun vielleicht der Zeitpunkt gekommen ist, an dem du zu den Barbaresken fliehen musst.«
»Aber was wird dann aus meiner Mutter?«
»Sie kann mit dir fliehen.« Die beiden Männer sahen sich in die Augen. »Ich werde deine Reise vorbereiten«, stellte Don Julián fest, als Hernando auch nach einigen Augenblicken nicht widersprochen hatte.
»Wenn du meine Flucht vorbereitest, denk bitte daran, dass ich noch in die Alpujarras muss, zum Kastell von Lanjarón.«
»Wegen der Waffe?«
»Ja«, sagte Hernando und ließ seinen Blick über den scheinbar endlosen Säulenwald schweifen. »Dort liegt der Krummsäbel von Mohammed vergraben.«
»Das ist zwar gewagt, aber ich denke, es wird möglich sein«, sagte der Geistliche. »Trotz des Verbotes und trotz der neuerlichen Deportationen im Königreich Granada kehren viele Morisken dorthin zurück.« Don Julián lächelte. »Ach, dieses unvergleichliche Abendrot in Granada! Also, von dort aus könnt ihr an die Küste von Málaga oder Almería reisen und dann ein Schiff nach Vélez, Tetuan, El Araish oder Salé nehmen.«
Kurz nach Einbruch der Dunkelheit verließ Hernando die Gebetshalle und begab sich in den Innenhof. Don Julián hatte ihm versprochen, ihre Flucht vorzubereiten und sich
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