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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Vikar auf und berichtest ihm, welche Gründe dich dazu veranlassen, dich in die Obhut der Kirche zu begeben.«

43
    E inige Schaulustige klatschten dem Priester Beifall, während Hernando sich mit schmerzverzerrtem Gesicht wieder aufzurichten versuchte. Eigentlich hatte er sich schon nach seinem Sturz von Azirat kaum mehr bewegen können, aber jetzt, nach der Rangelei mit José und seinen Bewachern und dem gewaltigen Stoß, als sie ihn zu Boden gerissen hatten, sah er sich zu keiner Bewegung mehr fähig.
    Ein blond gelockter Mann mit blauen Augen half ihm auf.
    »Ruhe«, rief der erste Geistliche. »Wer hier für Aufruhr sorgt, verliert das Recht auf den Schutz der Kirche und wird aus dem Gotteshaus verwiesen.«
    Sofort ebbte der Applaus ab, aber die Scherze und Späße über die Männer des königlichen Oberstallmeisters und ihre Machtlosigkeit im Geltungsbereich der Kirche brachen wieder los, sobald der Geistliche außer Hörweite war.
    »Ich heiße Pérez«, begrüßte der blonde Mann Hernando und reichte ihm die Hand.
    »Aber wir nennen ihn hier nur ›Buceador‹«, stellte ein anderer Mann fest, der zu ihnen gekommen war und trotz der Oktoberkälte mit nacktem Oberkörper herumlief.
    »Ich bin Hernando«, stellte sich der Neuzugang vor und fragte sich, wie Buceador – also »Taucher« – zu seinem Namen gekommen war.
    »Pedro«, sagte der Mann mit dem nackten Oberkörper.
    »Kommt, wir gehen zum Vikar«, forderte Pérez ihn auf.
    »Danke, aber du brauchst mich nicht zu begleiten«, erwiderte Hernando.
    »Keine Sorge«, beruhigte ihn der Blonde. »Wir haben ohnehin nichts zu tun: Wir dürfen nicht einmal Karten spielen. Und wie du gerade selbst festgestellt hast, dürfen wir auch nicht Beifall spenden.« Hernando versuchte mit seinem Begleiter Schritt zu halten, doch seine Schmerzen waren so heftig, dass er taumelte. Pérez wartete auf ihn, und schließlich betraten sie gemeinsam die Gebetshalle.
    »Er hat sich mit dem Vikar gestritten«, erklärte ihm Pérez und deutete auf Pedro, der im Hof geblieben war. »Er hat Probleme wegen eines sehr kostbaren Halsbandes«, fügte er noch hinzu, als sie durch den Säulenwald schritten. »Aber er rückt nicht mit den Einzelheiten raus. Anscheinend wollte er auch dem Vikar die Sache nicht erklären.«
    Die Sakristei lag, wie Hernando sich sehr wohl erinnerte, an der Südwand der Kathedrale neben der Schatzkammer, in einer Kapelle zwischen dem Mihrab und der ehemaligen Bibliothek, deren Umbau zur Tabernakelkapelle immer noch nicht abgeschlossen war. Pérez wunderte sich, wie freundlich der Vikar Don Juan den neuen Schützling behandelte, nachdem sie an der Tür um Einlass gebeten hatten.
    »Der Graf von Espiel ist ein gefährlicher Feind«, stellte Don Juan fest, als Hernando seine Geschichte beendet hatte. Pérez hörte aufmerksam zu, während der Vikar in seinen Akten Notizen machte. »Ich werde dem Provisor die Fakten zukommen lassen, damit er über deine Situation entscheidet. Ich hoffe, dir in Bälde mehr darüber sagen zu können. Und das mit deiner Familie tut mir sehr leid«, sagte er noch zum Abschied.
    »Woher kennt er dich?«, fragte Pérez, sobald sie die Sakristei verlassen hatten. »Ist er ein Freund von dir? Wie …«
    »Lass uns zur Bibliothek gehen«, vertröstete Hernando ihn.
    Don Julián nahm gerade die letzten Bände aus den Regalen der Tabernakelkapelle. Die neu gebaute Bibliothek neben der Puerta de San Miguel war etwas kleiner, und einige Bücher und Schriftrollen mussten in die Privatbibliothek des Bischofs überführt werden – wo die Ab schriften des Korans und der arabischen Prophezeiungen versteckt waren.
    »Dürfen wir eintreten?«, fragte Hernando durch das Gitter, das die Gerüste und die Bauarbeiter vom Gebetssaal der ehemaligen Moschee abgrenzte.
    »Du kennst den Bibliothekar?«, flüsterte Pérez erstaunt, als Don Julián sie überaus freundlich begrüßte. Sein Lächeln erstarb allerdings, als er von Fatimas Schicksal und dem ihrer Kinder erfuhr.
    Sie schritten gemeinsam durch die unzähligen Säulen, Pérez hinterdrein, und Hernando musste Don Julián – wie zuvor Don Juan – seine Geschichte erzählen.
    »Der Graf von Espiel! Das ist nicht gut«, seufzte Don Julián. »Aber der Provisor wird auf deiner Seite sein: Die Espiels waren eines jener Adelshäuser, die sich am heftigsten der neuen Kathedrale widersetzten, bevor Kaiser Karl schließlich ihren Bau genehmigte. Und in dem Neubau hatten die Espiels keine eigene Kapelle mehr.

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