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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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zu heben und Palacio ans Bein zu pinkeln. Aber der Mann berechnete genau den Abstand zu dem Tier und neigte den Kopf so, dass die Platte dem Hund auf den Rücken knallte. Dieser jaulte laut auf und rannte weg. Palacio sprach kein einziges Wort, er lächelte seinem geneigten Publikum erhaben zu und bleckte seinen einzigen Schneidezahn.
    »Bravo!«, riefen Mesa und der Chirurg gleichzeitig und hielten die Handflächen auf.
    »Macht er das immer?«, fragte Hernando.
    »Ja, jeden Tag! Immer zur gleichen Zeit«, antwortete Pérez. »Einmal musste er vor dem wütenden Besitzer eines Hundes flüchten. Seither wetten wir immer, ob der Hundebesitzer erscheint oder nicht, und dafür setzen wir zehn zu eins«, sagte er lachend.[1]
    1 Mit Bewunderung und Dank dem Meister des Ro mans Miguel de Cervantes gewidmet, von dem ich den »Verrückten aus Córdoba« geliehen habe, eine Figur aus der Vorrede zum zweiten Teil des Don Quijote von der Mancha . (Anmerkung des Autors)
    Die folgende Nacht verbrachte Hernando nicht im Innenhof.
    »Noch gestern Abend, vermutlich kurz nachdem er seine Männer hierhergeschickt hat, hat der Graf um eine Audienz beim Bischof gebeten«, berichtete Don Julián nach dem Morgengebet, als Hernando ihm die Vorfälle der Nacht geschildert hatte. »Der Graf muss völlig außer sich gewesen sein. Ich denke zwar, der Bischof wird ihn nicht empfangen, aber der Graf wird alles in seiner Macht Stehende unternehmen, um dich gefangen zu nehmen – und wenn er seinen gesamten Hofstaat losschicken muss, um dich zu entführen. Da bin ich mir sicher.«
    »Don Julián, für ihn war das doch nur irgendein Pferd. Das Tier war nicht einmal für die Weiterzucht geeignet! Warum der ganze Aufruhr?«
    »Täusch dich nicht: Es geht hier nicht um irgendein Pferd, es geht um seine Ehre! Ein Moriske hat seinen Namen befleckt und seine Ansprüche missachtet! Denk daran: Für einen Adligen gibt es keinen gröberen Affront.«
    Die Ehre! Hernando fiel plötzlich die Begebenheit mit dem Hidalgo ein, der damit geprahlt hatte, vom Römer Varus abzustammen, und dann nur wegen des Verdachts, jemand könnte seinen Stammbaum anzweifeln, sein Leben riskierte … Sogleich erinnerte er sich auch an die Geldstücke, die er von dem Einfaltspinsel erhalten und dann an Fatima weitergegeben hatte. Fatima!
    »Du weißt ja«, riss ihn Don Julián aus seinen Gedanken, »dass ich nicht nur Bibliothekar bin, sondern auch der Kaplan der Capilla de San Bernabé. Sie ist eine der drei kleinen Kapellen hinter dem Hauptschiff. Noch heute Abend gebe ich dir die Schlüssel, und wenn die Pförtner die Leute vor die Tür setzen und das Gotteshaus schließen, dann versteckst du dich in dem Schrank, der dort eingebaut ist. Du solltest vorsichtshalber etwas warten, bevor du wieder herauskommst und dir einen bequemeren Schlafplatz suchst. Und vergiss nicht: Nachts sind immer noch Wächter unterwegs, vor allem in der Nähe der Schatzkammer.«
    »Das können wir nicht riskieren. Wenn sie mich …«
    »Ich bin ein alter Mann, aber du kannst noch viel für uns erreichen – und sei es bei den Barbaresken. Ja, du hast viele Schicksalsschläge hinnehmen müssen – Gott allein weiß, warum –, aber die Hoffnung unseres Volkes ruht auf Menschen wie dir.«
    Die Männer, die den Innenhof bewohnten, würden sich wegen seiner nächtlichen Abwesenheit schon keine Sorgen machen, versuchte ihn der Geistliche zu überzeugen. Hernando sprach mit Don Julián noch über Mesa, den Dokumentendieb, und der Bibliothekar versprach, sich für ihn einzusetzen.
    Der Graf von Espiel verstärkte unterdessen die Präsenz seiner Soldaten in den Straßen, und seine Schergen nahmen Aischa von nun an regelmäßig das Essen für Hernando weg. Gleichzeitig versuchte Don Julián mit Abbas’ Hilfe – der den Geistlichen bat, Hernando nichts von seiner Beteiligung zu erzählen –, die Flucht in die Barbareskenstaaten vorzubereiten. Aber auch der Graf, der genau wusste, dass dies die einzige Rettung für Hernando darstellte, war hier nicht untätig: Er stattete seine Spitzel mit Geld aus, damit sie all jene Personen bestachen oder bedrohten, die ihm bei der Flucht behilflich sein könnten.
    Hernando konnte zwar die Pförtner leicht täuschen, die die Gläubigen nach der Abendmesse aus der Kathedrale trieben, aber niemals vergaß er sein wild pochendes Herz, seine verschwitzten Hände und seinen zitternden Körper, der den Schlüsselbund zum Klimpern brachte. Dieses Klirren kam ihm in der nächtlichen

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