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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Silvestre?«
    Don Alfonso sah seinen Sekretär nicht einmal an, aber Silvestre begriff sofort, dass der Herzog kein weiteres Geflüster über den befreundeten Morisken dulden würde.
    »Selbstverständlich, Hoheit«, antwortete der Sekretär.
    »Dann setz dich mit Don Diego Fajardo de Córdoba in Verbindung, und erkundige dich nach dieser Christin. Ich glaube dir, Hernando«, bekräftigte er an seinen Retter gewandt. »Ich brauche keine Bestätigung für diese Geschichte, aber ich will, dass du bei deiner Reise durch die Alpujarras als der empfangen wirst, der du bist: als ein Christ, der für andere Christen sein Leben riskiert hat. Die Interessen des Königs dürfen keinesfalls durch den Argwohn der dort ansässigen Altchristen gefährdet werden.«
    Der Herzog erklärte diese Audienz damit für beendet.
    »Machen wir mit den Bittstellern weiter«, ordnete Don Alfonso an. Sofort hastete ein Page vom Schreibtisch herbei, um den Kammerherrn zu benachrichtigen.
    »Das ist nicht nötig«, sagte der Herzog.
    Der Page blieb stehen und sah verwundert zum Sekretär. Silvestre bedeutete ihm, wieder zu der kleinen Sitzbank zurückzugehen, die in einer dunklen Ecke stand und auf der ein weiterer Page saß. Der Herzog hielt sich nicht an das Zeremoniell, sondern begleitete Hernando persönlich bis zur Tür. Er öffnete sie, umarmte Hernando vor den Augen aller Anwesenden und verabschiedete sich mit zwei Wangenküssen von ihm. Viele der Besucher, die bei der Ankunft des Morisken ihre Verachtung nicht verhehlt hatten, senkten nun den Blick, als Hernando durch das Vorzimmer zurück zu den Stallungen ging.
    Obwohl der Sohn des Marquis von Los Vélez die Nachricht noch nicht bestätigt hatte, war Hernandos Rettung von Isabel und anderer Christen während des Aufstandes in aller Munde. Die Anzahl der Geretteten wuchs in demselben Maße, wie sich das Gerücht in ganz Córdoba verbreitete – sowohl bei den Christen als auch bei seinen Glaubensbrüdern. Die Moriskensklaven des Herzogs erzählten Abbas und den übrigen Mitgliedern des Ältestenrates davon, die darin nur die Bestätigung all ihrer Anschuldigungen sahen, die sie dem Verräter ohnehin bereits vorwarfen.
    »Wie konntest du nur?«, schrie Aischa ihn bei seinem nächsten Besuch an. Sie spazierten am Guadalquivir entlang zur Martos-Mühle, ganz in der Nähe der Gerbereien und der Stelle, von wo aus er vor Jahren die Überfahrten mit der Müden Jungfrau unternommen hatte. Der Rat der Stadt hatte aus diesem Uferstreifen inzwischen einen Ort der Erholung für die Bewohner von Córdoba gemacht.
    »Du hast uns alle betrogen! Du hast dein Volk betrogen! Du hast sogar Hamid betrogen!«
    »Mutter, Isabel war ein unschuldiges Mädchen. Sie wollten sie als Sklavin verkaufen! Du darfst diesem Geschwätz nicht glauben …«
    »Deine Schwestern waren auch unschuldige Mädchen! Kannst du dich überhaupt noch an sie erinnern? Deine Schwestern wurden mit mehr als tausend anderen Frauen auf dem Dorfplatz von Juviles ermordet. Hernando, mehr als eintausend Frauen fanden dort den Tod! Und die Überlebenden wurden in Granada auf der Plaza de Bib-Rambla versteigert. Tausende unserer armen Glaubensbrüder wurden hingerichtet oder versklavt! Hamid war ein Sklave! Hast du das etwa vergessen?«
    »Wie sollte ich das vergessen!«
    »Und Aquil und Musa«, sprach seine Mutter wütend weiter. »Was ist aus ihnen geworden? Kaum waren wir hier in dieser verdammten Stadt angekommen, da haben sie uns deine Brüder weggenommen und als Sklaven verkauft. Hernando, sie waren auch nur Kinder! Niemand hat sie gerettet! Sie waren genauso unschuldig wie diese … wie diese Isabel.« Sie gingen schweigend weiter. »Ich verstehe das alles einfach nicht«, sagte Aischa schließlich mit müder Stimme. Mittlerweile waren sie auf der Höhe des Mühlrades angekommen. »Das mit diesem Adligen ist mir schon schwer genug gefallen, aber jetzt auch noch diese Geschichte … Sohn, du hast dein Volk verraten!« Aischa blickte Hernando mit eiskalten Augen an. Sie zeigte eine Entschiedenheit, die er noch nie zuvor an seiner Mutter gesehen hatte. »Du magst das Familienoberhaupt sein … das Oberhaupt einer Familie, die es gar nicht mehr gibt. Und du magst der Einzige sein, der mir in dieser Welt noch geblieben ist, aber ich will dich trotzdem nicht mehr sehen. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben.«
    »Mutter!«, erschrak Hernando.
    Aischa drehte sich um und kehrte allein ins Santiago-Viertel zurück.

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    H ernando konnte sich

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