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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Hernando verabschiedete.
    »Friede sei mit dir, Hernando.«
    »Danke, Meister. Friede sei mit dir.«
    In Ugíjar war der Oberrichter der Alpujarras über Hernandos bevorstehende Ankunft unterrichtet worden. Zugleich hatte man ihn gebeten, das Mädchen Isabel – mittlerweile eine Frau – ausfindig zu machen.
    Hernando kam mit seinen Begleitern am Kirchplatz an. Auch an Ugíjar war die Vertreibung der Morisken nicht spurlos vorübergegangen: Es gab zahlreiche verfallene oder unbewohnte Häuser. Die Kirche hingegen war restauriert worden. Hoch zu Ross ließ Hernando seinen Blick über die Stadt schweifen. Was hatte er hier nicht alles erlebt! Er erinnerte sich an das Gedränge in den Straßen, an Aben Humeyas Soldaten. Er hatte den Suk wieder vor Augen und die Janitscharen und die Türken, die er hier zum ersten Mal gesehen hatte. Fatima, Isabel, Ubaid, Salah und seine Familie, Barrax und …
    »Willkommen!«
    Hernando zuckte zusammen. Er war so in seine Erinnerungen vertieft, dass er das kleine Empfangskomitee samt Oberrichter an der Spitze gar nicht bemerkt hatte. Der derbe, kleine Mann stand von zwei Bütteln eskortiert vor ihm. Hernando und Don Sancho saßen ab. Der Oberrichter wandte sich instinktiv an den Hidalgo, der ihm sogleich deutlich zu verstehen gab, dass er sich an den anderen Reiter zu wenden hatte.
    »Ich heiße Euch«, sprach er nun an Hernando gewandt weiter, »im Namen des Corregidors von Granada willkommen.«
    »Danke«, erwiderte Hernando und drückte die Hand, die ihm der Oberrichter feierlich entgegenstreckte.
    »Der Herzog von Monterreal hat Euren Aufenthalt beim Corregidor angekündigt. Wir haben für Euch eine Unterkunft vorbereitet.«
    Inzwischen umringten einige neugierige Bewohner die illustre Gruppe. Da Hernando diese offizielle Begrüßung unangenehm war, wollte er umgehend aufbrechen. Er machte einen Schritt auf sein Pferd zu, aber die Begrüßungsrede war noch nicht zu Ende.
    »Außerdem begrüße ich Euch im Namen Seiner Exzellenz Don Ponce de Hervás, Richter am Obergericht von Granada.« Hernando blickte den Oberrichter der Alpujarras fragend an. »Ihr müsst wissen«, erläuterte dieser sofort, »Don Ponce ist der Gemahl von Doña Isabel – des Mädchens, das Ihr damals so mutig vor der Versklavung durch die Ketzer gerettet habt. Der Richter, seine Gemahlin und seine gesamte Familie möchten sich gern persönlich bei Euch bedanken. Deshalb hat Don Ponce meine Wenigkeit damit beauftragt, Euch auszurichten, dass Ihr nach Beendigung Eurer Mission von Seiner Exzellenz in Granada als Gast erwartet werdet.«
    Hernando lächelte. Isabel war also noch am Leben. Genau hier, an dieser Stelle, hatte er sie an einem Strick durch die Scharen der interessierten Käufer gezogen und deren Angebote abgewehrt. Mehr als dreihundert Dukaten hatte ihm der Janitschar damals geboten.
    »Was darf ich ihm in Eurem Namen ausrichten?«, erkundigte sich der Oberrichter.
    »Wem?«, fragte Hernando, der noch immer seinen Erinnerungen nachhing.
    »Don Ponce. Er erwartet eine Antwort. Was soll ich ihm sagen?«
    »Ja, sagt ihm, dass ich seine Einladung gern annehme.«
    Der Herzog behielt recht: Die Stuten in den Alpujarras waren für die Zucht ungeeignet. Die Tiere wirkten nicht sonderlich elegant: Sie hatten gedrungene Leiber, kurze Hälse und massive Köpfe. Hernando ritt auf Volador durch die Weiler und Dörfer der Alpujarras und hielt vorgeblich nach tauglichen Tieren Ausschau. Sein Pferd rief bei den einfachen Dörflern große Bewunderung hervor, und niemand entlarvte ihn als einen jener Morisken, die sich vor vierzehn Jahren am Aufstand beteiligt hatten. Hernando war im Stil der kastilischen Edelleute gekleidet, und weder seine blauen Augen noch seine Hautfarbe – die nicht selten sogar heller war als die der Altchristen in den Alpujarras – erweckten auch nur den geringsten Verdacht.
    Auf einem seiner Streifzüge kam Hernando auch nach Juviles. In dem Dorf, in dem er seine ersten Lebensjahre verbracht hatte, lebten inzwischen nur mehr etwa vierzig Männer und Frauen. Angesichts der Häuser, der Kirche und des Dorfplatzes folgte er dem Vogt, der ihm vier seiner eigenen Pferde anbieten wollte – mit gemischten Gefühlen. Bei ihrem Gang über den Platz schloss Hernando kurz die Augen. Sofort hörte er die donnernden Arkebusenschüsse und die verzweifelten Schreie der Frauen, sogleich hatte er den beißenden Geruch von Schießpulver, Blut und Angstschweiß in der Nase. Eintausend Frauen hatte man allein auf

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