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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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sprechen. Zwischen den Eheleuten lag eine gespannte Stille. Hernando beobachtete Rafaela: Sie zitterte … Was sollte er nur mit diesem verängstigten Mädchen anfangen, das noch dazu fünfundzwanzig Jahre jünger war als er? Zu seiner großen Überraschung verspürte er zudem selbst eine gewisse Furcht. Seit wie langer Zeit beschränkten sich seine Liebesabenteuer auf die jungen Dirnen in der Bordellgasse? Mit einem Seufzer geleitete er sie zu ihrem Schlafgemach, das neben seinem eigenen lag. Rafaela betrat es und errötete, sie murmelte so leise etwas vor sich hin, dass er ihre Worte nicht verstehen konnte. Hernando blickte auf die Hände seiner Gattin: Die Haut war aufgerissen, so kräftig hatte sie ihre Hände gerieben.
    Dann zog er sich in die Bibliothek zurück.
    Am Tag nach der Hochzeit suchte ihn Miguel auf. Mit hochrotem Gesicht verkündete ihm dieser in einem immer wieder unterbrochenen Redefluss seine Absicht, das Haus in Córdoba zu verlassen und in Hernandos kleinen Bauernhof auf dem Land zu ziehen. Er gab vor, dort Toribio und dessen Arbeit mit den Zuchtstuten und den Fohlen besser überwachen zu können. Beide kannten jedoch den wahren Grund, der den Jungen zu diesem Schritt veranlasste: Er zog sich zurück, damit Hernando und Rafaela ungestört sein konnten. Sein Herr hatte Wort gehalten und geheiratet, und Miguel wollte nicht, dass seine Anwesenheit im Haus das Zusammenleben des frisch vermählten Ehepaares einschränkte.
    Miguel war nicht von seinem Entschluss abzubringen, also mussten Hernando und seine Frau ihn ziehen lassen. Als sie nach seiner Verabschiedung wieder ins Haus traten, fühlte Hernando sich merkwürdig allein. Er aß mit Rafaela zu Mittag, doch außer ein paar Höflichkeitsfloskeln sprachen sie dabei kein Wort. Danach ging er wieder in die Bibliothek. Von seinem Arbeitsplatz aus hörte er, wie Rafaela im ganzen Haus beschäftigt war und die Zimmer putzte. Manchmal glaubte er sogar, sie summte ein Lied, aber die Melodie brach immer wieder ab, als wollte sie keinen Lärm verursachen.
    So verstrichen die ersten Wochen. Hernando gewöhnte sich an Rafaelas Anwesenheit, und seine Frau fühlte sich in ihrem neuen Zuhause von Tag zu Tag wohler. Sie begleitete María zum Markt, sie kochte für ihn. Nie störte sie ihn, wenn er sich in die Bibliothek einsperrte, nie fragte sie, was er dort trieb. Mit dem Sommer war etwas Farbe auf Rafaelas bleiche Wangen gekommen, und aus dem schüchternen, unterdrückten Summen waren allmählich fröhliche Lieder geworden, die durch das ganze Haus schallten.
    »Warum hat dieses Pferd eine andere Trense als das hier?« Rafaela überraschte Hernando eines Tages im Stall.
    Bislang hatte sie den Stall gemieden, wenn Hernando seine Ausritte vorbereitete. Rafaela zeigte auf die Zaumzeuge, die an der Wand hingen.
    Normalerweise verhielt sich Hernando ihr gegenüber eher wortkarg, aber bei der Gelegenheit gab er ihr wie von selbst eine ausführliche Antwort.
    »Das hängt vom Pferd ab«, setzte er an. »Bei manchen ist das Maul schwarz, bei einigen weiß und bei anderen rot. Die besten Tiere haben ein schwarzes, das ist am natürlichsten, wie bei diesem hier.« Hernando zog mit aller Kraft den Gurt fest. »Diese Tiere brauchen eine weiche Trense, mit kurzen Zügeln und einem Mundstück, das …« Hernando hielt einen Moment mit seinen Ausführungen inne, er stand mit dem Rücken zu Rafaela. »Bei diesen Trensen muss der Sitz schräg sein …« Dann drehte er sich zu seiner Frau um. »Und das Mundstück muss groß und rund sein«, beendete er seine Ausführungen und sah ihr in die Augen. »Warum interessiert dich das?«
    Sie blieben eine Weile schweigend voreinander stehen. Schließlich machte Hernando den ersten Schritt. Er berührte sanft Rafaelas Schultern, beugte sich zu ihr herunter und küsste sie. Ein wohliger Schauder erfasste sie von Kopf bis Fuß.
    Noch am selben Abend beobachtete Hernando seine Frau beim Essen. Rafaela wirkte heiter und erzählte von einer lustigen Begebenheit, die sie auf dem Weg zum Markt erlebt hatte. Ihre schmalen Lippen zeigten ein Lächeln und ließen ihre perlweißen Zähne aufblitzen. Ihre Stimme klang weich und natürlich. Hernando bemerkte erstaunt, wie er zum ersten Mal herzlich mit ihr lachte.
    Nach dem Abendessen begaben sie sich gemeinsam in den Patio. Es war eine sternenklare Nacht, und die Rosen verströmten ihren betörenden Duft. Beide betrachteten das Funkeln am Firmament.
    »Willst du keine Kinder mit mir

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