Die Pfeiler des Glaubens
den Augen seiner Glaubensbrüder. Die Entscheidung war gefallen … Ein Krieg war unvermeidbar. Er entfernte sich immer weiter von den Hochrufen und dem Trubel und dachte daran, wie oft er damals in den Alpujarras genau diese Rufe gehört hatte. Er selbst war damals …
Da traf ihn ein kräftiger Schlag im Nacken. Hernando sackte in sich zusammen. In seiner Verwirrung spürte er nur, dass mehrere Männer ihn an den Armen packten und von der Lichtung mit den Lagerfeuern wegschleiften. Zwischen den Bäumen angekommen, ließen sie ihn auf die Erde fallen. Mit dröhnendem Kopf und verschwommener Sicht meinte er, vor sich drei oder auch vier Männer zu sehen. Sie sprachen Arabisch.
»Was … was wollt ihr?«, stammelte Hernando, ebenfalls auf Arabisch. »Wer …?«
Hernando versuchte sich aufzurichten, wurde aber von einem Fuß auf seiner Brust daran gehindert. Gegen den matten Feuerschein zeichneten sich die Umrisse von vier Männern ab, doch ihre Gesichter waren im Dunkeln nicht zu erkennen.
»Was wollt ihr?«, fragte er erneut.
»Einen verdammten Abtrünnigen und Verräter umbringen«, gab der Mann, der ihn am Boden hielt, zur Antwort.
Die Drohung donnerte durch die finstere Nacht. Hernando bemühte sich, wieder klar zu denken. Da spürte er plötzlich die kalte Spitze einer Säbelklinge an seinem Hals. Warum wollten sie ihn töten? Waren es Männer aus Córdoba? Er selbst war bei der Versammlung niemandem aus der Stadt begegnet, aber … Das eisige Metall schob sich langsam über seinen Adamsapfel.
»Ich bin weder ein Abtrünniger noch ein Verräter«, verteidigte er sich jetzt mit fester Stimme. »Wer so etwas sagt …«
»… kennt dich nur zu gut!«
Der Druck der Säbelspitze auf seinen Hals nahm zu.
»Fragt Munir!«, stammelte Hernando. »Fragt den Alfaquí von Jarafuel! Er wird euch bestätigen, dass …«
»Glaub mir, wir brauchen ihm nur zu erzählen, was wir über dich wissen, dann wird er dich auf der Stelle selbst umbringen wollen. Aber das ist unsere Aufgabe. Unsere Rache.«
»Was für eine Rache?«, warf er ein. »Was habe ich getan? Wenn ihr mich beschuldigt, ein Verräter zu sein, dann soll unser König über mich urteilen.«
Nun kniete sich einer der Männer neben ihn und beugte sich zu ihm herunter, bis sein Gesicht nur noch eine Handbreit von seinem entfernt war. Hernando spürte den heißen Atem dieses Mannes.
»Ibn Hamid«, flüsterte er hasserfüllt. Hernando erschauderte, als er seinen arabischen Namen hörte. Stammten die Männer etwa aus den Alpujarras? Was hatte das alles zu bedeuten? »Das hat dir schon immer gefallen, wenn man dich so genannt hat, nicht wahr?«
»So heiße ich«, erwiderte Hernando nur.
»Der Name des Mannes, der sein eigenes Volk verraten hat!«
»Ich habe es nie verraten. Wie kommst du dazu, so etwas zu behaupten?«
Der Mann gab einem seiner Begleiter ein Zeichen, woraufhin dieser zur Lichtung eilte und mit einem brennenden Kienspan zurückkam.
»Sieh mich an, Ibn Hamid. Ich will, dass du weißt, wer dir den Tod bringt. Sieh mich an … Vater.«
Im Schein des Lichtes sah Hernando in zwei große und vor Wut funkelnde blaue Augen. Diese Gesichtszüge …
»Mein Gott! Das kann nicht sein!«, flüsterte Hernando. Alles um ihn herum begann sich zu drehen, und tausend Erinnerungsfetzen blitzten vor seinem inneren Auge auf. So viele Jahre waren inzwischen vergangen. »Francisco!«
»Ich heiße Abdul«, erwiderte sein Sohn eiskalt. Dann blickte er zu dem Mann, dessen Klinge an Hernandos Kehle ruhte. »Und das ist Shamir, falls du dich noch an ihn erinnerst.«
Shamir! Hernando versuchte die Gesichtszüge seines Stiefbruders zu erkennen, doch er war ganz in Dunkelheit gehüllt. Eine Woge des Glücks durchströmte seinen Körper. Francisco lebte! Und Shamir! Wie waren sie Ubaid entkommen? Aischa hatte doch geschworen, mit eigenen Augen gesehen zu haben, wie der Maultiertreiber aus Narila seine Familie in den Bergen umgebracht hatte.
»Ich dachte, ihr seid tot! Aber ihr lebt!«, rief er. »Ich habe wochenlang nach euch gesucht! Ich bin durch die gesamte Sierra geritten, um eure Leichen zu finden. Und die von Inés … und Fatima.«
»Elender Feigling!«, fuhr ihn Shamir an.
»Wir haben jahrelang darauf gewartet, dass du uns rettest«, zischte Abdul hasserfüllt. »Keinen Finger hast du gerührt, nicht für meine Mutter, nicht für deine Tochter und nicht für deinen Stiefbruder. Und auch nicht für mich!«
Hernando spürte, wie ihm die Luft wegblieb. Was warf
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