Die Pfeiler des Glaubens
alles erzählen!«, forderte Fatima die beiden Männer auf.
Und das taten sie. Hasserfüllt berichteten sie ihr vom Nazarener, sie erzählten von der nächtlichen Begegnung, und sie gaben Munirs Worte wieder, die diesem verdammten Verräter das Leben gerettet hatten. Fatima lauschte den Ausführungen aufmerksam, zog aber ihre eigenen Schlüsse daraus. Ibn Hamid war bei der Versammlung der Anführer der Rebellion gewesen und hatte viele Jahre seines Lebens für diese Bleitafeln geopfert. Das konnte nur bedeuten, dass er nicht von seinem Glauben abgefallen war. Ihre Miene hellte sich immer mehr auf. Wenn das stimmte … dann war Ibn Hamid immer noch ein Gläubiger! Doch da drangen ihr Shamirs Worte wie Nadelstiche ins Herz.
»Außerdem musst du wissen, dass er geheiratet hat … eine Christin! Du bist also frei, Fatima … und noch bist du eine schöne Frau.«
»Für wen hältst du dich eigentlich! Meinst du wirklich, du könntest mir sagen, was ich zu tun und zu lassen habe? Ich werde niemals wieder heiraten!«, schrie sie.
Shamir spürte den Schmerz, der hinter diesen Worten lauerte. Da erwachte plötzlich Ibrahims Dämon in ihm. Der junge Mann stürzte auf sie zu – und baute sich bedrohlich vor ihr auf.
»Du wirst ihn niemals wiedersehen, Fatima! Ich werde ihn eigenhändig umbringen, wenn ich erfahre, dass es eine Verbindung zwischen euch gibt. Ich werde ihm das Herz herausreißen! Hast du mich verstanden?«
Doch das war noch lange nicht das Ende seines Wutausbruchs. Er kam gerade erst in Fahrt und brüllte weiter. Sie war doch nur eine Frau! Eine Frau hatte zu gehorchen! Der Palast gehörte ihm, ebenso die Sklaven, die teuren Möbel, das Essen, selbst die Luft, die sie atmete. Wie sollte er ihr eine Beziehung mit diesem verdammten Hund gestatten – mit diesem Feigling, der sie damals nicht vor Ibrahim beschützen konnte? Außerdem würden sie den Respekt ihrer Männer verlieren. Alle wussten inzwischen von dem Schwur des Korsaren, den sie in Toga geleistet hatten. Die Barbaresken hatten jedem davon erzählt, der es hören wollte.
Fatima blieb aufrecht stehen, wie in der Nacht als sie Ibrahim in Córdoba verkündet hatte, dass sie sich ihm nie wieder hingeben werde. Von Abdul erhoffte sie sich keine Hilfe, sie sah ihn nicht einmal an, sie wollte ihren Sohn nicht mit seinem Gefährten entzweien, der letztendlich der Herr über all ihren Besitz war.
»Denke daran, was ich dir gerade gesagt habe … Mach keine Dummheiten«, brummte Shamir noch. Dann drehte er sich um und verließ den Raum.
Da erst suchte Fatima in den blauen Augen ihres Sohns nach einem Anflug von Verständnis und Unterstützung, doch Abduls Blick war kalt und seine Miene so versteinert wie die des anderen Korsaren. Sie sah ihm enttäuscht hinterher, als auch er hinaus stürmte. Erst als sie allein war, ließ sie zu, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten.
64
In Valencia wurden viele Morisken aufgrund gewisser Briefe ins Gefängnis gesteckt, die uns der König von England unlängst hat zukommen lassen. Sie waren zwischen den Papieren der verblichenen Königin gefunden worden und von Morisken verfasst. Darin bitten sie um Unterstützung für ihren bevorstehenden Aufstand, und sie versprechen, unsere Stadt zu plündern, wenn sie mit ihrer Flotte käme. Viele von ihnen hat man unter Folter verhört, um herauszufinden, worum es bei diesem Handel ging, und nach wie vor werden weitere bestraft, um für die anderen ein Exempel zu statuieren.
Luis Cabrera de Córdoba
Bericht über die Vorfälle am spanischen Hofe
N ach dem Tod von Elisabeth I. von England hatten Spanien und England im August 1604 ein Friedensabkommen geschlossen. Neben anderen Zusagen versprach Philipp III. darin, von seinem Plan abzusehen, auf der Insel einen katholischen König zu installieren. Vielleicht ließ Jakob I. deswegen und als Zeichen der Dankbarkeit nur wenige Monate nach der Vertragsunterzeichnung dem spanischen König einige Dokumente zukommen, die man in den Akten seiner Vorgängerin gefunden hatte. Darunter waren auch Papiere über die geheimen Pläne der valencianischen Morisken, sich mithilfe der Engländer und Franzosen gegen den katholischen König zu erheben und die spanischen Reiche für den Islam zurückzuerobern.
Der Vizekönig von Valencia und die Inquisition machten sich ans Werk, sobald der Staatsrat die Pläne für den Aufstand bekanntgegeben hatte.
Zahllose Morisken wurden festgenommen und gefoltert, bis sie die Verschwörung schließlich
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