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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Tage seiner abweisenden Zurückgezogenheit nie gegeben. Hernando suchte Trost bei seinen Kindern und schöpfte so Hoffnung für die Zukunft.
    Eines Tages ritt er sogar zum Campo de la Merced und spazierte über den düsteren Friedhof zum Grab seiner Mutter. Dort unterhielt er sich im Stillen mit Aischa.
    Warum hatte sie ihm das angetan?
    Er versuchte, eine Antwort zu finden. Die Zeit verstrich, Her nando spielte tausend Möglichkeiten durch, bis er schließlich auf eine Antwort stieß, die nichts mit Aischas Beweggründen zu tun hatte: Sie lebten. Fatima lebte. Francisco und Shamir ebenso, Inés vermutlich auch. Wäre ihm ihr Tod etwa lieber, nur weil er dadurch sein Leid lindern könnte? Hernando fühlte sich unwürdig. Bis jetzt hatte er immer nur an sich gedacht, an seine eigene Schuld und an seine Feigheit, die ihm Francisco so erbittert vorgeworfen hatte. Aber das Wichtigste war doch, dass sie am Leben waren, selbst wenn es so weit weg von ihm war! Dieser Gedanke vermittelte ihm zumindest einen gewissen Trost … Aber er sehnte sich nach Fatimas Verzeihung.
    Hernando wartete gespannt auf Neuigkeiten von Munir, doch seine Hoffnungen wurden zunichtegemacht, als ihm der Alfaquí den Brief an Fatima zusammen mit seiner Weigerung, ihn nach Tetuan zu übermitteln, wieder zurückschickte.
    Im Palast in Tetuan gab es unterdessen eine Neuerung, die Fatima nicht übersehen konnte: Seit dem Streit mit Shamir und ihrem Sohn gehörten drei imposante, bewaffnete Sklaven aus Nubien zum Palastpersonal.
    »Sie sind nur zu Eurer eigenen Sicherheit da, Herrin«, erklärte einer der Diener. »Es sind unruhige Zeiten, und Euer Sohn hat dies angeordnet.«
    Zu ihrer eigenen Sicherheit? Zwei der schwarzen Männer verfolgten sie auf Schritt und Tritt. Fatima wollte es wissen: An einem Morgen steuerte sie in Begleitung der beiden Sklavinnen, die ihre Bündel trugen, zielstrebig zum Bab Mqabar im nördlichen Abschnitt der Stadtmauer.
    Bevor sie aber durch das Stadttor gehen konnte, stellten sich ihr die beiden Nubier in den Weg.
    »Ihr könnt die Stadt nicht verlassen, Herrin«, wies sie einer der beiden zurecht.
    »Ich möchte nur zum Friedhof gehen«, gab Fatima vor.
    »Dort ist es nicht sicher.«
    An einem anderen Tag verließ sie am frühen Morgen ihr Schlafgemach. Sie hatte noch nicht einmal die Hälfte des Korridors zurückgelegt, als aus den Schatten die beeindruckende Gestalt eines der Schwarzen auftauchte.
    »Habt Ihr einen Wunsch, Herrin?«
    »Wasser.«
    »Seid unbesorgt. Ich werde Euch einen Krug bringen lassen. Geht wieder zu Bett.«
    Sie war erneut eine Gefangene in ihrem eigenen Haus! Nicht dass sie vorhatte zu fliehen – sie wusste ohnehin nicht, was sie noch tun oder denken sollte. Nachdem sie so lange von Hernandos Verrat überzeugt gewesen war, löste allein die Möglichkeit, dass es anders sein könnte, in ihr wieder die Gefühle aus, die sie jahrelang in den hintersten Winkel ihres Herzens verbannt hatte. Seit Ibrahims Tod führte sie die Geschäfte der Familie. Sie häufte mit der gleichen Härte Reichtümer an, mit der Abdul und Shamir christliche Schiffe überfielen oder die spanische Küste angriffen. Sie entsagte dafür sogar ihren Bedürfnissen als Frau. Aber jetzt waren die alten Gefühle wieder in ihr erwacht, und wenn sich ihr Blick nachts am Horizont verlor – dort, wo die Berge von Granada in den Himmel ragen mussten –, erinnerten leichte Schauder sie daran, dass sie einmal fähig gewesen war, mit ihrem ganzen Sein zu lieben.
    An einem Nachmittag kam der junge Ephraim zu Fatima, um mit ihr einige geschäftliche Dinge zu regeln. Er war nach dem Tod seines Vaters zu einem engen Vertrauten der Familie geworden.
    »Ich muss dich um einen Gefallen bitten, Ephraim«, sprach sie ihn an, als ihr der Kaufmann gerade einen Warenposten erläutern wollte.
    »Ihr müsst wissen, dass Euer Sohn mit mir geredet hat«, flüsterte ihr der kluge Mann zu.
    Fatima sah ihn aus ihren schwarzen Mandelaugen eindringlich an.
    »Aber ich bin Euer treuer Diener.«

65
    Tod verheißt ewige Hoffnung.
    »Romanze des Aben Humeya«, Moriskenromanzero
    R afaela begleitete gerade den Hauslehrer zur Tür, der Juan und Rosa täglich unterrichtete, als sie einen Fremden auf sich zukommen sah. Hernando hatte zwar seine Gemütsruhe scheinbar wiedererlangt, aber Rafaela – die kurz vor der Niederkunft stand – geriet bei jedem unerwarteten Ereignis in Panik. Der etwa vierzigjährige Mann, dessen Gewänder offensichtlich unter einer langen

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