Die Pfeiler des Glaubens
verschlang.
»Weiter«, sagte Gironcillo zu Hernando und zwang ihn, den Blick von der Erdspalte abzuwenden. »Wir nehmen jetzt unsere Stellungen ein, damit wir diese verdammten Christen gebührend empfangen können.«
»Aber …« Hernando zeigte auf die Pferde.
»Darum kümmern sich jetzt die Jungen. Dein Stiefvater hat recht: Du bist alt genug für den Krieg. Außerdem will ich dich an meiner Seite haben. Ich glaube, du bringst mir Glück.«
Also stieg Hernando zusammen mit seinen Glaubensbrüdern zur Brücke hinab. Fast dreitausend Männer verteilten sich über den Abhang und erwarteten das christliche Heer.
Jemand stimmte ein Lied an, und gleich darauf ertönte eine Pauke. Ein anderer Mitstreiter erklomm die Anhöhe und ließ eine gewaltige Fahne im Wind flattern, und auf einmal war dahinter noch eine, und dort noch eine … Hernando spürte, wie er eine Gänsehaut bekam: Dreitausend Mann sangen mit einer Stimme zum Donnern der Pauken, und der Hang verwandelte sich in ein weiß-rot wogendes Fahnenmeer.
Dies war ihr gebührender Empfang für das nun eintreffende Heer des Marquis von Mondéjar, Generalkapitän des Königreichs Granada. Hernando ließ sich von der allgemeinen Begeisterung mitreißen, und gemeinsam mit dem imposanten Gironcillo stimmte er in die herausfordernden Rufe mit ein.
Der Marquis befehligte seine Truppen in einer glänzenden Rüstung. Die Infanterie postierte er auf dem gegenüberliegenden Abhang, die Kavallerie bildete die Nachhut. Dann befahl er den Arkebusenschützen, die Waffen zu laden, und die Schlacht begann.
Die Morisken beantworteten das feindliche Feuer mit Schüssen aus ihren wenigen Arkebusen und Armbrüsten. Und dank ihrer zahlreichen Schleudern ließen sie einen anhaltenden Steinregen auf die Feinde niederprasseln. Hernando atmete den Pulvergeruch ein, den Gironcillos Arkebuse verströmte. Da er selbst keine Schleuder besaß, warf er die Steine gekonnt mit der Hand. Er brachte einen Fußsoldaten zu Fall, und das ermutigte ihn, mit jedem Wurf mehr zu wagen. Übermütig setzte er sich dem feindlichen Feuer aus.
»Pass auf!« Der Monfí packte ihn am Arm und riss ihn mit einem Ruck zu Boden. Dann machte er sich wieder mit dem Ladestock an seiner Waffe zu schaffen. Hernando wollte erneut einen Stein werfen, aber Gironcillo ließ es nicht zu. »Sie wollen mich treffen. Wegen meiner Arkebuse bin ich ihr Hauptziel.« Er legte eine Bleikugel in den Lauf und betätigte mit aller Kraft den Ladestock. »Ich will nicht, dass sie dich meinetwegen umbringen. Wirf deine Steine, aber bleib in Deckung!«
Der Schusswechsel dauerte nicht lange: Die Morisken hatten der Überlegenheit der feindlichen Waffen nicht genug entgegenzusetzen. Die Christen luden und schossen unaufhörlich und bescherten ihren Gegnern zahlreiche Verluste. Schließlich befahl Gironcillo den Rückzug in höher gelegene Stellungen, außerhalb der Reichweite der Christen.
»Über die Brücke werden sie nicht kommen!«, riefen die Aufständischen, während sie geordnet den Rückzug antraten.
Der Marquis befahl, das Feuer einzustellen, da die Schüsse vor erst sinnlos waren. Die Morisken reizten ihren Feind mit Kriegs gesängen und Schlachtrufen. Hernando und die anderen beobachteten, wie der Marquis mit dem Helm in der Hand neben seinen uniformierten Hauptleuten die zerstörte Brücke betrachtete. Über diese Brücke konnte unmöglich ein ganzes Heer marschieren!
Und so sahen sie schließlich, wie der Marquis den Kopf schüttelte – und die Morisken explodierten schier vor Begeisterung und ließen ihre Fahnen wehen. Auch Hernando stieß Freudenrufe aus und reckte die Faust gen Himmel. Der Marquis wollte sich gerade geschlagen geben und den Rückzug antreten, als ein Mönch – dem Habit nach ein Franziskaner – mit einem Kreuz in der Hand auf die Überreste der Brücke zusteuerte. Er sah den Marquis dabei nicht einmal an. Die Freudenrufe verstummten. Der Marquis befahl, dem Geistlichen Feuerschutz zu geben. Alle beobachteten gebannt den Mönch, der die einsturzgefährdete Brücke betrat und den Muslimen stolz das Kreuz entgegenhielt.
Noch ehe der Mönch auf der anderen Seite angekommen war, wagten sich zwei weitere Infanteristen auf die Brücke. Einer der beiden machte einen falschen Schritt und stürzte in die Tiefe. Doch noch bevor sein Körper an den Felsen der Klamm zerschellte, war aus der Reihe der christlichen Infanterie ein Ruf zu vernehmen, so als sollte sein Tod die Gefährten nur umso mehr anstacheln:
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