Die Pfeiler des Glaubens
Hochzeitsformeln. Fatima musste sie als Witwe selbst beantworten und schwor, dass es keinen Gott außer Gott gibt und dass sie dem Koran entsprechend alle Fragen wahrheitsgemäß beantwortete: Sie wollte in Ehren und gemäß der Sunna verheiratet sein.
»Wenn ihr recht schwört«, endete der Alfaquí, »ist Allah euer Zeuge, und er wird euch Gnade gewähren. Aber wenn ihr falsch schwört, wird Allah euch zerstören und euch seine Gnade entziehen.« Bevor der König mit der Lesung der sechsunddreißigsten Sure begann, sah Fatima zum Himmel: Möge Allah uns zerstören.
Fatima saß auf dem Rücken des weißen Maultieres, das von einem schwarzen Sklaven am Halfterstrick geführt wurde. Sie war in eine weiße Tunika gehüllt, und die Henna-Zeichnungen an den Füßen waren das Einzige, was von ihrem Körper zu sehen war. Zahlreiche Morisken bejubelten sie auf ihrem Weg durch den Ort. Zurück im Gasthof, wurde Fatima in Ibrahims Zimmer gebracht und auf dem Bett mit einem weißen Laken zugedeckt, unter dem sie mit geschlossenen Augen still daliegen sollte. Das Tuch wurde nur ein einziges Mal gelüftet.
»Jetzt verstehe ich deine Begierde«, hörte sie Aben Aboo seufzen, der etwas länger als angebracht unter das Laken blickte. »Genieße sie, mein Freund. Möge Allah dich mit vielen Söhnen segnen.«
Nach dem Besuch der Gäste setzte sich Fatima auf eines der Kissen am Boden. Sie verschloss sich innerlich vor der bevorstehenden Begegnung mit Ibrahim und achtete nicht weiter auf die schamlosen und hartnäckigen Ratschläge der Frauen, die bei ihr geblieben waren. Sie wollte nichts essen. Aischas Anblick tröstete sie keineswegs: Sie saß ihr starr und abwesend gegenüber. Ihre Gedanken waren bei dem soeben versklavten Sohn. Da klammerte sich Fatima an das Einzige, was ihr noch Kraft bringen konnte: das Gebet. Sie betete still, rezitierte die Bittgebete, die sie kannte, und wandelte ihre schlimmsten Befürchtungen in Gebete um. Ihr Flehen war Ausdruck eines verzweifelten Glaubens, aber ihre Kraft wuchs mit jedem Wort, mit jedem Anruf.
Nach Mitternacht kündigte die plötzliche Unruhe der Frauen an, dass Ibrahim auf dem Weg ins Schlafzimmer war. Eine Frau ordnete Fatima noch schnell das Haar und schob ihr die Tunika über die Schultern. Sie weigerte sich, zur Tür zu sehen, durch die die Frauen leise hinauseilten.
»Tod verheißt ewige Hoffnung«, flüsterte sie mit geschlossenen Augen vor sich hin.
»Zeig dich deinem Mann!« Die Stimme des Maultiertreibers ließ sie zusammenzucken.
Beim Versuch aufzustehen versagten ihr fast die Knie. Es gelang ihr dennoch, sich aufzurichten.
»Los. Zieh dich aus, meine Schöne«, sagte er und ging auf sie zu.
Fatima taumelte, sie bekam kaum Luft. Sie roch die üblen Ausdünstungen des Maultiertreibers. Ibrahim deutete mit seinem schmierigen Kinnbart ungeduldig auf die Tunika. Fatimas zitternde Finger kämpften mit den Knoten, bis die Tunika zu Boden glitt und sie nackt vor ihm stand. Ibrahim glitt mit seinem lüsternen Blick über diesen jungen Körper, der keine vierzehn Jahre alt war. Eine schwielige Hand griff nach den festen, runden Brüsten. Fatima schloss die Augen. Sie spürte, wie er mit seinen trockenen, rauen Händen über ihre zarte Haut fuhr. Dann drehte er eine Brustwarze zwischen seinen krummen Fingern hin und her. Mit fest geschlossenen Lidern empfahl sie sich Gott, dem Propheten und allen Engeln. Aus ihrer Brustwarze tropfte Milch auf Ibrahims Finger. Mit einer Hand bearbeitete er weiter ihre Brüste, die andere Hand führte er an die Scheide des Mädchens, warf sie dann auf die Kissen und drang brutal in sie ein.
Gesänge und Musik, Hochzeitsrufe und Lachen auf den Straßen von Laujar begleiteten Fatima in dieser endlosen Nacht. Ibrahim befriedigte seine Begierde immer wieder an ihr. Fatima ließ es über sich ergehen, gehorchte ihm, unterwarf sich schweigend. Sie weinte an diesem Tag ein zweites und letztes Mal, als Ibrahim an ihren Brüsten saugte.
20
E nde Oktober griff Aben Aboo mit zehntausend Mann Órgiva an, den strategisch wichtigsten Ort in den Alpujarras. Nach den ersten Angriffswellen, denen sich die Christen erfolgreich widersetzten, verfügte der König, den Ort durch eine Belagerung auszuhungern und so zur Kapitulation zu zwingen.
Hernando war zusammen mit der Moriskenarmee nach Órgiva gekommen, diesmal allerdings bei den Frauen, Kindern und kampfunfähigen Männern am Ende des Trosses: Er saß mit Fußfesseln im Damensitz auf der ausgemergelten
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