Die Pfeiler des Glaubens
Alten, klammerte sich an die Rippen des Tieres und war dem andauernden Spott der anderen Morisken ausgesetzt. Nur Jusuf erwies sich als treuer Gefährte und verscheuchte die Kinder, wenn Ubaid gerade nicht achtgab. Hernando hielt ununterbrochen, wenn auch erfolglos, in der Menschenmenge nach Fatima und seiner Mutter Ausschau.
»Ihr müsst ihn erniedrigen«, befahl Barrax seinen Gespielen. »Sobald Kapitäne, Janitscharen, Soldaten oder diese Fatima in der Nähe sind, müsst ihr ihn demütigen. Er muss seinen Stolz und seine Ehre verlieren.«
Im Lager steckten die beiden Jünglinge Hernando unter Gelächter in eine hauchdünne Tunika aus grüner Seide und eine mit Edelsteinen bestickte Pluderhose. Hernando wollte sich wehren, aber gegen die Kraft der zu Hilfe eilenden Barbaresken, die ihn amüsiert auszogen und neu einkleideten, war er machtlos. Er wollte sich die lächerlichen Kleider wieder vom Leib reißen, doch die beiden Gespielen fesselten ihm die Hände und begannen gut gelaunt mit ihrem Rundgang durchs Lager.
Kaum hatten sie ein paar Schritte zurückgelegt, ließ Hernando sich auf die Erde fallen. Der Ältere hieb mehrfach mit einem dünnen Stöckchen auf seinen Kopf ein, aber Hernando blieb stur liegen. Soldaten, Frauen und Kinder beobachteten das Spektakel.
»Warte!«, sagte der Jüngere und zwinkerte schelmisch.
Dann kniete er sich neben Hernando hin und fuhr ihm mit der Zunge langsam über die Wange. Hernando bebte vor Zorn. Zuerst herrschte Ruhe, doch dann klatschten und kreischten einige der Schaulustigen, andere pfiffen empört. Der Ältere lachte höhnisch, während der andere mit seiner Zunge Hernandos Hals entlangglitt und ihn dabei zwischen den Beinen streichelte. Hernando raste innerlich vor Wut, aber er war ihnen hilflos ausgeliefert.
»Aufhören!«, schrie Hernando. »Es reicht!«
Da packten ihn die jungen Männer unter den Achseln, halfen ihm auf die Beine und setzten ihren Rundgang fort. Plötzlich standen sie vor Aischa und Fatima, deren Gesichter verschleiert waren. Es war keine zufällige Begegnung: Barrax hatte den jungen Männern ausdrücklich befohlen, ihn in dieser lächerlichen Aufmachung zu Ibrahims Zelt zu führen.
Hernando blickte beschämt zu Boden. Auch Fatima senkte den Blick, und Aischa brach in Tränen aus.
»Seht ihn euch genau an, Frauen!« Die laute Stimme des Stiefvaters, der plötzlich im Eingang des Zeltes stand, ließ Hernando instinktiv zusammenzucken. »Seht ihr? Der dreckige Nazarener hat genau das bekommen, was er verdient!« Als Hernando nicht mehr anders konnte und zu Fatima und Aischa hinübersah, erschrak er über die leeren Blicke der Frauen.
»Er wird versuchen zu fliehen«, warnte Barrax den Anführer der Wachen und seine Geliebten noch am selben Abend. »Vielleicht versucht er es heute Nacht, vielleicht morgen, vielleicht erst später. Aber er wird es versuchen. Ihr dürft ihn nicht aus den Augen lassen, und wenn es so weit ist, schreitet ihr nicht ein, sondern ruft mich.«
Nach drei Tagen war es so weit. Tief in der mondscheinlosen Nacht kroch Hernando, an Händen und Füßen gefesselt, unter den Maultieren hindurch zu einer kleinen Schlucht in der Nähe des Lagers. Ohne zu zögern ließ er sich den steilen Abhang hinabrollen. Sein Körper prallte dabei gegen Steine, Büsche und Äste, aber Hernando spürte keinen Schmerz. Er spürte überhaupt nichts mehr. Dann folgte er auf Ellbogen und Knien kriechend dem Verlauf der Schlucht. Je weiter sich die Lagergeräusche entfernten, umso schneller schleppte er sich vorwärts. Schließlich lachte er nervös auf. Ja, er würde es schaffen!
Doch plötzlich stieß sein Kopf gegen Männerbeine. Vor ihm stand der Korsarenanführer, der sich langsam zu ihm herabbeugte.
»Mein Schiff heißt nicht umsonst Fliegendes Pferd «, flüsterte Barrax. Hernando ließ sein Gesicht auf den felsigen Boden sinken. »Nur wenige, sehr wenige spanische Schiffe sind mir je entwischt. Mach dir lieber keine Hoffnungen, mein Kleiner.«
Das Heer des Herzogs von Sesa, der zur Verteidigung von Órgiva herbeigeeilt war, wurde von Aben Aboos Männern vernichtend geschlagen. Nach diesem triumphalen Sieg waren die Alpujarras nun gänzlich unter der Kontrolle der Morisken, und die Christen befürchteten, die Rebellion könne sich jetzt auf das angrenzende Königreich Valencia ausbreiten.
Angesichts dieser Gefahr befahl König Philipp II. nicht nur die Vertreibung aller Morisken aus dem Albaicín, sondern erklärte ihnen nun den Krieg
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