Die Pferde vom Friesenhof 01 - Start mit Hindernissen
Schon wieder ein Verbot?
Aber Mascha wusste genauso wenig wie Nelly, warum ihr Vater den Friesenhof zum Sperrgebiet erklärt hatte. Ein kühler Windstoß fegte um die Ecke und ließ die Mädchen frösteln. Nelly rubbelte ihre Arme. »Puh, kalt, so eine Nacht. Lasst uns zurückfahren, dann wird uns wenigstens warm.«
Klara schreckte zusammen. Auf keinen Fall wollte sie die Mädchen gehen lassen, ohne mehr über das Friesenhofverbot herauszufinden. Schnell schlug sie vor: »Wartet! Was haltet ihr von heißem Kakao zum Aufwärmen? Wir könnten gemütlich frühstücken, hier im Stall.«
Sie warf Lea den Schlüssel zu. »Geht schon mal rein und seht euch die Pferde aus der Nähe an. Ich besorge ein paar Sachen.« Klara verschwand durch die Praxis in Richtung Küche.
Begeistert stießen sich die Mädchen an. Über Kims Gesicht huschte nur ein leichtes Leuchten, sie war die Einzige, die sich etwas spröde benahm.
Lea schloss die Tür auf. »Leise!«
Es war stockdunkel, als die nächtlichen Besucher auf die Stallgasse traten. Man sah nicht die Hand vor Augen. Trotzdem fürchtete sich keins der Mädchen. Eine heimelige Atmosphäre empfing sie - der Duft von sauberem Heu, das Prusten der Pferde. Das gab ihnen sofort ein Gefühl der Sicherheit.
Lea tastete die Wand neben der Tür ab, bis sie die Taschenlampe fand, die dort für Notfälle hing. Als der Lichtkegel durch den Stall huschte, hoben die Pferde ihre Köpfe vom Heu und guckten über die Türen.
Lea zerrte Strohballen aus der vorderen Box, in der Vorrat für die Einstreu lagerte. Gemeinsam verteilten die Mädchen ihre Sitzgelegenheiten auf der Stallgasse.
»Am liebsten möchte ich auf eurem Friesenhof Reiterferien machen«, flüsterte Nelly Ingwersen. »Ich auch!«
- »Ich auch!«, tönte es leise von links und rechts. »Meinem Vater kann ich alles abschmusen«, verriet Nelly, »vielleicht schaffe ich das mit den Reiterferien bei euch auch irgendwann.«
»Bei meiner Mutter wird das nichts«, stöhnte Kim. »Sie plant mich den ganzen Sommer über als Hilfe ein. Ich muss in unserer Pension helfen, dem >Seehund<. Oh, Mascha, ich beneide dich, du hast es viel besser.« Mascha zog sich die Kapuze ihres Sweatshirts über die Ohren, ihr war kalt. »Stimmt. Wir haben nur sechs Zimmer im >Deichblick<, da habe ich meine Ruhe.«
Nelly Ingwersen lachte, legte sich auf zwei Strohballen und ließ ihren rotblonden Pferdeschwanz hinunter baumeln. »Gut, dass ich zwei große Brüder habe. Sie kümmern sich um unsere Strandkörbe - die vermieten wir nämlich«, fügte sie für Lea hinzu.
Vom Eingang war Klaras Stimme zu hören. »Leuchtet mal her!« Sie balancierte ein Tablett, auf dem eine Kanne Kakao, ein Korb voller Friesenwaffeln und ein Stapel Becher standen.
Lea verteilte das Frühstück auf einem der Strohballen. »Haut rein, Leute!«
Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. Die Mädchen knusperten die süßen Waffeln in sich hinein, tranken Kakao und krümelten die Stallgasse voll.
Nur Klara konnte nichts essen. Das unheilvolle Wort »Friesenhof-Verbot« lag wie Blei in ihrem Magen. Klara war fast vierzehn und wusste, dass ein Reiterhof und eine Tierarztpraxis Pleite machen, wenn keine Kunden kommen. Sie spann den Gedanken weiter. Ihre Magenschmerzen verstärkten sich, denn am Ende stand die Erkenntnis: kein Geld, kein Friesenhof, keine Pferde - keine Luna.
Die fünf anderen Mädchen schwatzten ohne Punkt und Komma. Man hätte meinen können, Lea würde sie schon ewig kennen. Sie blühte förmlich auf und hatte das Gefühl, wieder mitten im Leben zu seift. Die Pferde scharrten und verlangten nach Leckerbissen. Kichernd steckten die Mädchen ihnen Möhren zu.
»Endlich eine richtige Reitschule!«
Diesen Stoßseufzer der Westerbüller Mädchen hörte man zum x-ten Mal. Bei Otto Tönnies konnten sie nicht reiten, seine vier Pferde vermietete er nur für Ausritte an Urlauber.
Klara gab sich einen Ruck. Wenn sie ihre Befürchtung jetzt nicht aussprach, war es vielleicht zu spät.
»Wer weiß, wie lange es hier Pferde gibt!«
Einen Moment hörten alle auf zu kauen. Vor Schreck blieb Nelly die Friesenwaffel im Hals stecken, sie hustete. Mascha klopfte ihr auf den Rücken. Kim und Jette verschlug es die Sprache.
»Spinnst du, Klara?«, sagte Lea ärgerlich. »Was erzählst du für einen Mist?«
Klara breitete die Arme aus. »Tatsache ist, dass zwei Eltern verboten haben, uns zu besuchen. Das ist doch sehr seltsam. Klingt fast so, als ob jemand etwas gegen uns hat.
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