Die Pferde vom Friesenhof 02 - Wilde Jagd am Meer
wie die Pferde die Verbrecher in Schach gehalten hatten. Bedächtig nahm der Polizeibeamte die Dienstmütze ab und strich über seinen glänzenden, kahlen Kopf. »Alle Achtung! Wie trainiert man Pferde, damit sie Verbrecher jagen?« Lea lehnte sich an Magic und lachte. »Gar nicht. Friesen mögen Menschen einfach unheimlich gern leiden - und wir gehören praktisch zu ihrer Herde. Das heißt, die Pferde lassen es nicht zu, dass ein Herdenmitglied entführt wird.«
»Nicht schlecht«, sagte Herr Holm beeindruckt. Er griff zu seinem Block und wandte sich an die Kidnapper, die verstockt vor ihm im Strandkorb saßen. »Und jetzt zu Ihnen.«
Stumm stierten die beiden auf die Handschellen an ihren Gelenken. Neben dem Korb lagen die Bojen und die Stricke, mit denen die DLRG-Jungen die Entführer gefesselt hatten, nachdem sie sie aus dem Wasser gezogen hatten.
Mit lautem Geklingel näherte sich vom Deich ein Mountainbike-Fahrer. Man konnte sehen, dass er kräftig in die Pedale trat, um durch den zusammengehäuften
Sand vorwärts zu kommen. »Wartet auf mich! Ich habe alles dabei!« Der Wind trieb die Rufe klar herüber, eine Mädchenstimme.
Herr Holm wurde aufmerksam. »Ist das eure Freundin Jette Jacobs?«
Die Mädchen nickten. Vorhin hatten sie Jette von Niels’ Handy aus angerufen und ihr die haarsträubende Geschichte erzählt. Natürlich packte Jette daraufhin auf der Stelle ihre Fundstücke ein und machte sich auf den Weg zu ihnen.
Außer Atem erreichte sie den Strandkorb. Das Rad flog achtlos in den Sand. Jette öffnete ihren Rucksack und holte einen vollgeschriebenen Block und einige Plastiktüten hervor.
»Beweismaterial«, bemerkte sie selbstbewusst, als sie ihre Schätze Herrn Holm überreichte. Sie schnappte nach Luft. »Vom ersten Überfall in der Sattelkammer. Außerdem habe ich alles aufgeschrieben. In einer Tüte ist der Lippenstift drin, den wir in Ingwersens Strandkorb gefunden haben. Falls Sie eine DNA-Analyse machen wollen ...«
»Donnerwetter«, sagte Herr Holm. »Das ist allerhand.« Zum ersten Mal sah der junge Mann mit den Handschellen hoch und starrte Jette gehässig an. »Warum spielst du nicht mit Barbiepuppen?«, fragte er bitter.
»Pah«, sagte Jette patzig. »Und warum verdienen Sie Ihr Geld nicht mit ehrlicher Arbeit?«
Wütend sprang der Mann auf, doch sofort war ein Polizist da, der ihn energisch zurück in den Strandkorb drückte.
Etwas später wusste die Polizei mehr über die Verbrecher. Die beiden waren so »schlau«, dass sie Führerscheine und andere Ausweise dabeihatten. Der Mann hieß Rick Katzenberger, war fünfundzwanzig Jahre und stammte aus München, genau wie seine einundzwanzigjährige Freundin Hera Huber.
Rick Katzenberger arbeitete als Kabelträger bei einer Filmgesellschaft. Das ging aus einem Studioausweis hervor. Charlotte bestätigte, dass ihre Mutter mit dieser Firma Filme drehte. Seit einem Jahr war Katzenberger bei allen Dreharbeiten von Isabel Lech dabei gewesen. Ein Kinderspiel für ihn, Hefte und Bücher aus Charlottes Schultasche zu stehlen, wenn sie ihre Mutter am Drehort besuchte...
Nach der ersten Vernehmung am Strand verfrachteten die Polizisten das Paar getrennt in zwei Streifenwagen. »Vielleicht brauche ich euch später noch als Zeugen«, sagte Herr Holm zu den Mädchen und schrieb sämtliche Adressen auf.
»Müssen wir dann nach Husum kommen und kriegen schulfrei?«, fragte Vanessa keck.
»Gut möglich.« Der Polizist schmunzelte und setzte sich als Letzter in seinen Wagen.
Die Mädchen stiegen in die Sättel und machten Platz für die Polizeiautos.
Herr Holm kurbelte die Scheibe herunter. »Das Pärchen wird euch nie vergessen«, sagte er und hob grüßend die Dienstmütze. »Ihr Mädchen vom Friesenhof habt den beiden das große Ding vermasselt.«
Hoppelnd entfernten sich die Autos über den verwehten Strand.
Die Reiterinnen warteten auf ihren Pferden, bis die Streifenwagen den Deich erreichten. Jede hing ihren Gedanken nach, während sie der Polizei hinterherblickten. Was für ein Reiterurlaub lag hinter ihnen!
Als sie zu Beginn der Ferien auf dem Friesenhof angekommen waren, aus Berlin und Bielefeld, aus Hamburg und Halle, aus München und Magdeburg, aus Soest und Solingen, aus Würzburg und Wuppertal, waren sie zwölf einzelne Ferienmädchen gewesen - aber wenn es morgen nach Hause ging, dann trennte sich eine verschworene Gemeinschaft.
Lea unterbrach die nachdenkliche Stille. »Deine Eltern könnten uns vor Dankbarkeit die Füße
Weitere Kostenlose Bücher