Die Pflanzenmalerin
einander noch eine ganze Weile in die Augen, dann nahm ich meine Hand fort.
»Wer dann?«
Die Antwort gab Gabriella.
»Karl hat dir ja gesagt, dass sich auch andere für den Vogel interessieren. Vielleicht war es einer von ihnen...<
In diesem Moment zog eine Bewegung hinter mir Andersons Aufmerksamkeit auf sich, und er erhob sich wieder. Ich drehte mich um und sah Katya zögernd am Eingang der Bar stehen, ganz in Schwarz, das Haar sehr dunkel. Anderson rief ihr etwas auf Norwegisch oder Schwedisch zu und winkte sie heran. »Kommen Sie«, sagte er, jetzt auf Englisch. »Wir machen noch eine Flasche auf.«
Ich kann nicht behaupten, dass es ein einfacher Abend wurde, obwohl Anderson vollkommen entspannt wirkte. Er hielt das Gespräch sorgsam vom Ulieta-Vogel fern und erzählte stattdessen von seiner Zeit als junger Paläontologe in Amerika. Seine Geschichten klangen einstudiert, aber es waren gute Geschichten, und sie brachten Katya zum Lachen. Als sich die Unterhaltung allgemeineren Themen zuwandte, stellte Anderson ihr eine Frage, die sich auf Schweden bezog, sodass Gabriella und ich uns selbst überlassen blieben. Andersons Gegenwart veränderte die Vertrautheit, die ich bei unserem letzten Treffen gespürt hatte, und die Nähe der beiden anderen bewirkte, dass wir ziemlich steif miteinander plauderten. Ab und an zuckte Gabriellas Blick zu Katya hinüber, ein wenig neugierig, unsicher, wie sie sie einordnen sollte.
Als Anderson ein Essen zu viert vorschlug, reichte es mir, und ich sagte schnell, Katya und ich hätten anderswo einen Tisch reserviert. Nachdem wir unsere Mäntel angezogen hatten und wieder draußen standen, musste ich Katya gestehen, dass das nicht stimmte.
»Ich wollte nur nicht den Abend mit Anderson verbringen.«
Sie sah mich ein wenig befremdet an. »Aber der ist doch sehr nett. Und so unterhaltsam.«
»Er gefällt dir?«
»Ein interessanter Mann. Ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte.« Sie legte mir die Hand auf den Arm, drückte ihn leicht und führte mich die Gasse hinunter. »Aber so siegesgewohnt. Und ob mir das gefällt, weiß ich nicht so recht.<
Eine Weile gingen wir schweigend nebeneinander her, aber ich musste noch etwas loswerden.
»Dass du ihm von deinen Fabricius-Recherchen erzählt hast … Ich dachte, das bleibt unter uns.<
Sie wirkte gekränkt. »Natürlich. Ich hab ihm auch nur gesagt, dass ich mir die Papiere angesehen habe, nicht, was dabei herausgekommen ist.<
»Offenbar weiß er alles darüber. Es sei eine Sackgasse, meint er.<
Abrupt blieb sie mitten auf der leeren Straße stehen und sah zu mir auf. »Hast du Gabriella davon erzählt?«
»Gabriella?« Ich wurde rot. Der Abend in dem Restaurant, als der Wein floss …
Katya sah mich einen Augenblick prüfend an und ging dann achselzuckend weiter. Es wurde kein besonders gelungener Abend.
Am nächsten Tag waren wir praktisch im selben Moment, als das Grafschaftsarchiv öffnete, zur Stelle. Die Bibliothekarin mit dem netten Gesicht erkannte mich wieder.
»Leute mit B, nicht wahr?«, fragte sie lächelnd, als wir zu den Mikrofilmgeräten gingen.
»Diesmal nicht«, antwortete ich. »Diesmal nur Leute namens Burnett.«
Sie nickte. »Suchen Sie da einen Bestimmten?«
»Eigentlich nicht. Wir fangen mit einer Mary Burnett an, und dann nehmen wir jeden, den wir finden können.<
Damit war kurz und flapsig alles gesagt, was unseren Plan ausmachte. Viel war das nicht, schon gar nicht nach Andersons demonstrativer Zuversicht vom Abend zuvor. Aber ich hegte die Hoffnung, dass sein Plan nicht aufgehen würde, dass irgendwo in all seiner unermüdlichen Sucherei ein Fehler steckte.
Katya neben mir war mit Feuereifer bei der Sache, aber irgendwie hatte der gestrige Abend den Fluss unseres Einvernehmens gehemmt. Um ihn wieder in Gang zu bringen, zeigte ich ihr, was ich bei meinem letzten Besuch gefunden hatte.
»Okay«, sagte sie energisch, »wenn diese Mary Burnett die ist, die wir suchen, dann müsste sie bei Banks’ Rückkehr Waise gewesen sein. Dass ihr Vater gestorben war, hast du schon erwähnt, aber was war mit der Mutter?<
Wir fanden die entsprechenden Filme und überprüften sie konzentriert, ließen die Listen der Gemeinde langsam durchlaufen.
»Nichts«, sagte Katya schließlich. »Heißt das, wir sind auf dem Holzweg?«
»Nicht unbedingt. Vielleicht ist sie woanders gestorben. Es kann jede Menge Gründe geben, warum sie nicht in Revesby begraben ist.<
»Also, wenn unsere geheimnisvolle Frau
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