Die Pforte
würde.»
«O mein Gott», sagte Paige nur.
Er schaute wieder aufs Papier hinab und überlegte fieberhaft, was er genau schreiben sollte. Da stieß Crawford am Telefon einen lauten Schrei aus, und Travis wusste, dass es zu spät war. Gleich darauf war Paiges Schlafzimmer von gleißendem grünen Licht erfüllt, wie vermutlich, schoss es Travis durch den Kopf, auch alle übrigen Räume in Border Town. Reflexhaft riss er Paige an sich und legte die Arme um sie, als könnte er sie so irgendwie davor beschützen. Es wirkte fast so, als würde das Licht mitten durch ihre Körper hindurchstrahlen –
35
Travis lag schon einige Zeit in seinem Zelt wach und lauschte den Wölfen, die irgendwo auf dem Gebirgskamm herumheulten. Wolfsrudel, hatte er mal gelesen, variierten die Lautstärke ihres Geheuls, um ihre Beute – und andere Wölfe – hinsichtlich ihrer tatsächlichen Entfernung zu täuschen. Das funktionierte auch bei Menschen. Diese hier hörten sich an, als wären sie gar nicht so weit von ihm –
Auf einmal waren seine Augen geschlossen, und ein grelles Licht, wie ein Blitz, aber eindeutig grün, strahlte kurz so hell auf, dass er es durch die Augenlider wahrnahm. Gleich darauf war es wieder erloschen, aber das registrierte er nur ganz am Rande, weil er inzwischengemerkt hatte, dass er irgendjemanden umarmt hielt, der sich heftig in seinen Armen wand und von ihm loszumachen versuchte –
Er schlug die Augen auf und stellte fest, dass er in einem ihm vollkommen fremden Zimmer stand. Die fremde Person machte sich von ihm los und wich zurück.
Es handelte sich um eine bildhübsche junge Frau. Und sie war splitternackt.
Sie hielt ihren rechten Oberarm umfasst, mit wie vor Schmerz verzerrtem Gesicht. Travis war sich sicher, dass er diesem Arm nichts zuleide getan hatte. Ihm blieb keine Zeit, darüber nachzudenken, denn die junge Frau starrte ihn völlig verstört an und schrie dann hysterisch auf ihn ein.
« Was soll das? Verdammte Scheiße, was ist passiert? Wo ist mein Vater? »
Er wich einen Schritt zurück, beteuerte, dass er keine Ahnung hätte, wiederholte es dann noch einmal; eine andere Antwort wusste er nicht auf ihre Fragen – oder auf seine.
Auf einmal schien es, als würde sie das Zimmer um sich herum wiedererkennen, was ihre Verwirrung offenbar nur noch steigerte. Dann fiel ihr Blick auf einen Rucksack an der Wand, neben dem ein Gewehr lehnte, und ehe Travis sich der Gefahr auch nur bewusst werden konnte, hatte sie sich mit einem Sprung das Gewehr geschnappt, legte es an und zielte auf sein Gesicht.
« Was habt ihr Scheißtypen getan? »
Er wusste nichts darauf zu erwidern. Blickte ihr ruhig in die Augen, schüttelte den Kopf und hob leicht die Hände, zum Zeichen, dass er nichts Böses im Schilde führte.
Sie entsicherte das Gewehr, kam einen Schritt näher und drängte ihn so an die Wand. Ihr Blick wanderte an ihm hinab. Travis folgte ihrem Beispiel und merkte erst jetzt, dass er ebenfalls unbekleidet war. Dann schaute er wieder sie an und sah, wie sich ihre Augen verengten. Sie sah sich erneut im Zimmer um, registrierte dann ihre eigene Nacktheit und war sichtlich bemüht, ihrer Verwirrung Herr zu werden. Ihre Aggression schien merklich nachzulassen, aber das Gewehr ließ sie nicht sinken.
Aus einem Lautsprecher irgendwo in der Nähe war gerade noch aufgeregtes Stimmengewirr gedrungen, das nun verebbte. Jetzt ließ sich eine einzelne Stimme vernehmen, ein älterer Mann offenbar. «Habe ich da gerade Paige gehört?»
Die Frau – offensichtlich hieß sie Paige – drehte sich zu der Stimme um, die, wie Travis jetzt sehen konnte, aus dem Lautsprecher eines Telefons gekommen war. «Craw ford ?»
«Paige, wo sind Sie?»
Sie zögerte kurz, als fände sie die Antwort selbst zu befremdlich, um sie auszusprechen. «Ich bin … in meinem Zimmer. Wo sind
Sie
?»
Die Antwort des Mannes klang ähnlich zögerlich. «Ich dachte, ich wäre im Besprechungszimmer, aber … jetzt bin ich hier unten im Sicherheitsspeicher –»
Er wurde durch ein neues Geräusch im Hintergrund unterbrochen, eine sanfte Computerstimme, die immer wieder leierte, «Objekt nähert sich … Objekt nähert sich …»
Jetzt erst ließ Paige das Gewehr sinken. Die Ansage, die immer wieder aus dem Lautsprecher drang, forderteihre ganze Aufmerksamkeit. Sie drehte sich um und ging zum Telefon hinüber.
«Wer hat Dienst in der Abwehrzentrale?», fragte sie.
Eine Frau antwortete, im gleichen gestressten Tonfall wie
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