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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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seinen Gedanken. Ein Geräusch, bei dem ihm eiskalt wurde. Rotoren. Das war’s dann wohl. In zwei Minuten würden er und Paige ins Freie geschleift und in den Hubschrauber verfrachtet,und dann würden sie durch die Täler davonschwirren, in geringer Höhe, wo kein Radar sie orten konnte. Vielleicht verfügten diese Leute ja über Medikamente und Geräte, um Paige noch eine Weile am Leben zu halten und wieder zu Bewusstsein zu bringen, um ihr dann durch weitere Qualen die Zunge zu lösen.
    Es sei denn, er tötete sie vorher.
    Zeitlich könnte er das eben noch schaffen. Wenn er zur Wand robbte und sich umdrehte, könnte er sich an die Wand gelehnt in sitzende Haltung aufrichten und dann ohne größere Probleme aufstehen. Mit ein paar Hüpfern könnte er, trotz der Fußfesseln, das Bett mühelos erreichen. Dann müsste er sie nur mit seiner Schulter ersticken, was bei ihrer flachen Atmung sehr schnell gehen dürfte.
    Durchführbar war das auf alle Fälle. Konnte er diese Entscheidung treffen? Himmel, konnte er ihr das antun? Doch wenn er es unterließ, das sagte ihm die kalte, klare Logik, würde er es bitter bereuen.
    Die Zeit, die er brauchen würde, lief unerbittlich ab. Der Rotorlärm kam immer näher, wurde immer lauter, ihm stand eine Uhr vor Augen, auf der sich rasend schnell der Sekundenzeiger drehte.
    Hass stieg in ihm auf, während er verzweifelt hin und her überlegte. Schwärzester, bitterböser Hass auf diese Verbrecher, die ihn zu einer solchen Entscheidung zwangen.
    Und dann explodierte der Hubschrauber.
    Das Gebäude wurde von einer Druckwelle erschüttert, und als ihr Dröhnen verebbte, trat die herrlichste Stille ein, die Travis je erlebt hatte. Fünf Sekunden später donnerte ein Kampfjet über sie hinweg und brachte dasFenster zum Klirren. Dann hörte Travis die Düsen aufheulen, als würde der Schub irgendwie gedrosselt, und das Dröhnen verstetigte sich, statt sich in der Ferne zu verlieren. Offenbar kreiste der Kampfjet jetzt über ihnen.
    Natürlich konnte er ihnen vor dem Mann, der bereits hier war, keinen Schutz bieten. Jeden Moment würde er jetzt, von woher auch immer, durch den Flur gerannt kommen; ein kurzer Umweg, um sie vor seiner Flucht noch rasch zu eliminieren. Zum Schlimmsten aber hatte es nicht kommen müssen. Dafür musste Travis dankbar sein, während er auf den Tod wartete.
    Eine halbe Minute verging. Keine Schritte. Zaghaft fühlte er neue Hoffnung in sich aufkeimen, ob schon zu Recht, war unklar.
    Dann hörte er statt Schritten Rufe, menschliche Stimmen. Coldfoots restliche Bewohner, vermutlich nicht mal zehn an der Zahl, waren aus ihren Häusern gekommen, um zu sehen, was da draußen eigentlich los war. Eine Frau, sie kam offenbar auf das Restaurant zugelaufen, rief laut nach Molly, und dann schrie sie gellend auf. Gleich darauf war um sie herum aufgeregtes Stimmengewirr zu hören, und die Eingangstür des Gebäudes wurde aufgestoßen.
    Travis brüllte um Hilfe, so laut er nur konnte.
    Sie waren offenbar vorsichtig. Erst nach einer Minute oder länger kam jemand ins Zimmer, hob ihn vom Boden auf und entfernte das Klebeband von seinen Augen und auch seine übrigen Fesseln.
    Durchs Fenster, gerahmt wie ein Gemälde, war der steile Berghang auf der anderen Seite des Highways zu sehen, übersät mit den brennenden Trümmern des Hubschraubers.
    «Wer war das?», fragte der alte Mann, der ihm die Fesseln abgenommen hatte. «Wo sind die hin?»
    «Ich habe keine Ahnung», sagte Travis. «Waren von den Opfern im Restaurant welche bewaffnet?»
    Der Mann nickte ungeduldig. «Molly und Lloyd, sie waren beide bewaffnet.» Er warf einen Blick auf Paige und schaute dann wieder Travis an, perplex und voller Neugier. «Sagen Sie mir jetzt endlich, was hier eigentlich vorgeht?»
    «Das Militär ist schon unterwegs», sagte Travis. «Viel leicht können die uns beiden weiterhelfen. Sehen Sie zu, dass Sie sich bewaffnen, und schärfen Sie allen ein, die Augen offen zu halten, bis Hilfe eintrifft.»
    Der Mann nickte knapp und ging wortlos aus dem Zimmer.
    Während er seinen eigenen Schatten an der Wand musterte, der wie zuvor ganz allein zu sehen war, kam Travis der Gedanke, ob dieser letzte Ratschlag überhaupt zu irgendetwas nutze war.

14
    Vierzig Minuten später brummte von Süden her eine schwere Transportmaschine heran, aus der aus tausend Metern Höhe zwei Dutzend Fallschirmjäger absprangen. Travis ging ans Fenster – er wollte Paige auf keinen Fall im Zimmer allein lassen – und

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