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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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tadellosem Zustand.
    Shaw bemerkte seinen Blick. «Was ist los?»
    Travis konnte ihm keine rechte Antwort geben und schüttelte das ungute Gefühl kurzerhand ab. Er hatte seit über dreißig Stunden kein Auge zugetan – die Minuten der Bewusstlosigkeit nach dem Schlag gegen seinen Kopf einmal abgerechnet – und war vor kaum zwei Stunden Zeuge eines Massakers geworden. Eine gewisse Schreckhaftigkeit war da wohl nicht verwunderlich.
    «Nichts», sagte Travis und nickte in Richtung der Bäume vor ihnen. «Was Sie suchen, ist ganz in der Nähe. Fünfzig Schritte vom Lager entfernt, vergraben neben dem größten Baum weit und breit.»
    Nach einem letzten Blick auf das Rad ging er zu den Männern hinüber, um die Führung zu übernehmen – und hielt abermals inne.
    Er kehrte noch einmal zu dem Black Hawk um.
    In der weichen Erde links und rechts von dem Rad waren nach außen weisende Fußabdrücke zu sehen – Abdrücke, wie sie ein Mensch hinterlassen würde, der auf dem Rad saß, mit dem Rücken an die Bordwand gelehnt, und sich vielleicht noch an der M G-Lafette darüber festhielt.
    Travis starrte die Abdrücke an und war beinahe darauf gefasst, dass sie sich jetzt vor seinen Augen verschieben würden. Dann merkte er, dass Shaw neben ihn getreten war.
    «Reden Sie», sagte Shaw. «Egal, wie abgedreht es Ihnen vorkommen mag. Erzählen Sie uns, was Ihnen gerade durch den Kopf geht.»
    Shaw klang mehr als ernst. Er klang ängstlich.
    «Schauen Sie, diese Fußabdrücke da links und rechts neben dem Rad», sagte Travis.
    Ein Augenblick verging, in dem Travis sich bereits das Gelächter dieser Männer vorstellen konnte, wenn er gezwungen wäre, sich näher zu erklären.
    Im nächsten Augenblick aber begriff er, wie sehr er sich in dieser Einschätzung täuschte.
    Shaw zuckte zusammen – da war Travis sich ganz sicher. Dann ging alles sehr schnell. Der Mann riss sein Gewehr hoch und feuerte eine Salve von Schüssen in die Seite des Black Hawk, einen halben Meter über dem Reifen.
    Ein halbes Dutzend Kugeln durchschlugen das Metall. Kein Blut. Keine Schreie.
    «Augen offen halten nach einer Waffe, alle Richtungen!», brüllte Shaw, während er bereits über die aufgewühlte Erde auf den Hubschrauber zusprintete. Die Männer um Travis herum rissen ihre Gewehre hoch, jeder von ihnen nahm eine Richtung ins Visier, blitzschnell und ohne jede Absprache, ganz so, als wäre eine Situation wie diese fester Bestandteil ihres Drills. Ja, das war die einzige Erklärung, überlegte Travis. Selbst die Piloten waren jetzt aus ihrer Kanzel gesprungen, hatten Faustfeuerwaffen gezogen und spähten wachsam zwischen den spärlichen Bäumen der Umgebung umher.
    Shaw sprang hoch in die Kabine des Black Hawk und fuhr mit seinem Gewehrlauf eilig darin hin und her, in weit ausgreifenden, aber effizienten Schwüngen. Offenbar tastete er mehr herum, als zu zielen, wie ein Blinder, dessen Leben davon abhing, seinen Gegner zu finden. Travis’ Blick fiel auf die Haltegriffe neben der Tür, an denen sich der Feind mühelos in die Kabine hätte hochziehen können, ohne den Boden zu berühren.
    Shaw wurde nicht fündig.
    Er kehrte zur Tür zurück. Als er auf die Erde davor hinunterschaute, verfinsterte sich sein Blick. Travis wusste sofort, warum. Der aufgeweichte Boden war dicht mit ihren eigenen, sich teils überlappenden Stiefelabdrücken übersät, die sich schließlich im Gras verloren. Die Abdrücke des Feindes waren in dem Durcheinander unmöglich zu bestimmen.
    Einer der Männer flüsterte: «Scheiße   …»
    Dieses einzige, beklommen klingende Wort aus dem Munde eines so hartgesottenen Elitekämpfers verriet Travis alles, was er über die Gefahr, in der sie schwebten, wissen musste.
    Kaum hatte er diese Überlegung angestellt, traf den Piloten eine Kugel in den Kopf. Ein Schuss war nicht zu hören – bloß das Knacken beim Eindringen der Kugel, als würde schweres Eichenholz gespalten, und dann sackte der Mann auch schon leblos zu Boden. Die anderen brachen in wildes Geschrei aus, sahen sich hektisch um und zielten mit ihren Gewehren in alle Richtungen. Travis sah, wie Shaw aus dem Hubschrauber sprang, zu seinen Männern rannte und sie anherrschte, still zu sein, während der Copilot hilflos und wie gelähmt vor Angst um sich blickte, weil ihm gerade eine schreckliche Gewissheit dämmerte. Als Travis eben der gleiche Gedanke kam, traf den Mann auch schon der zweite Schuss direkt über dem linken Auge, Travis genau gegenüber, die Kugel

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