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Die Pforte

Die Pforte

Titel: Die Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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ja nicht ihre Schuld», sagte er. «Besser, wenn wir paar sterben als Hunderte von ihnen. Da braucht man im Grunde nicht lange abzuwägen.»
    Aus Paiges Augen sprach kurz spontane Zustimmung. Welche andere Wahl blieb ihnen denn?
    Dann aber veränderte sich ihr Blick, und Travis begriff sofort, warum. Jetzt erst wurde klar, wie teuflisch und perfide Pilgrims Falle tatsächlich war. So leicht war ihr nicht zu entkommen. Nicht mal durch Selbstmord.
    «Mein Gott», flüsterte er.
    Er konnte sich mühelos ausmalen, was für Szenen sich in diesem Gebäude in kurzer Zeit abspielen würden, wenn sie nicht feuerten, sondern die Menge hereinließen. Sah förmlich die Körper vor sich, die dicht gedrängt die Treppe heraufquollen wie unter Druck stehende Flüssigkeit. Sah vor sich, wie sie übereinander hinwegkletterten, an dem Gewirr von Kabeln und Drähten herumrissen, das ihnen in jedem Stockwerk den Weg versperrte. Rücksichtslos durch die Lichtungen mit den Stahlkästen und den dünnen Drähten trampelten, die zu den Drucksensoren führten, bei denen es sich mit Sicherheit
nicht
um Attrappen handelte.
    «Falls die Atombombe hochgeht, kommen die Leute auch um, so oder so», sagte Paige. «Dann wird die ganze Stadt mitsamt allen Einwohnern ausgelöscht.»
    Damit hatten sich ihre schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet. Hier endlich war die zweite Geisel. Die Geisel, die Pilgrim bedenkenlos opfern würde.
    Aber neben dem Entsetzen wirkte Paige auch verwirrt.Verdammt verwirrt. Und Travis konnte auch nachvollziehen, warum. Weil das Gebäude offenbar nur zu dem Zweck so aufwendig präpariert worden war, diese Wirkung zu erzeugen. Das gesamte Gebäude war die zweite Geisel. Wo zum Teufel also steckte die Waffe, an der Pilgrim seit zehn Jahren gearbeitet hatte?
    Travis wurde aus seinen Überlegungen gerissen, als das dumpfe Lärmen der Menge von einem einzelnen gellenden Schrei überlagert wurde. Die Stimme, die da außer sich vor Wut kreischte, klang hoch und kindlich, wie von einem kleinen Mädchen, das noch keine zehn Jahre alt war.
    Die Menge war jetzt keine zwanzig Sekunden mehr vom Gebäude entfernt.
    «Scheiße, Scheiße, Scheiße   …» Paiges Atem ging schwer.
    Wie viele Kinder mochten sich da draußen in der Menge befinden? Travis kannte die Antwort längst. Die Wirkung des Ares betraf offensichtlich alle Einwohner Zürichs, Kinder eingeschlossen.
    «Miss Campbell?», fragte einer der Scharfschützen über Funk mit angespannter Stimme.
    Die Frage lag auf der Hand.
    Die Antwort ebenfalls.
    Paige schluckte heftig, verdrängte alles, was sie gerade fühlen mochte, und sagte: «Feuer frei.»
    Sofort hallten Schüsse durch die Nacht.
    Travis sah das Mündungsfeuer aus einem Dutzend Fenster unterhalb von ihm blitzen, verteilt über die gesamte Hausfassade. Sah die dünnen roten Laser der Zielmarkierungen durch den Nebel huschen, während die Schützen in der Menge einzelne Ziele auswählten.Und obwohl er die Opfer, anders als die Scharfschützen mit ihren Nachtsichtgeräten, im Nebel nicht sehen konnte, war die Wirkung der Schüsse eindeutig. Die Taschenlampen an der Spitze der Meute wirbelten durch die Luft und flogen unvermittelt nach hinten. Die ersten Reihen wurden in rascher Folge dezimiert, und Travis hörte Menschen, die vor Schmerzen schrien, aber auch Schreie, aus denen Panik und Furcht sprachen. Männer, Frauen, Kinder.
    Der Ansturm aber ließ nicht nach, geriet nicht einmal ins Stocken. Die nachdrängende Menge wälzte sich einfach über die Leichen der Erschossenen hinweg. Travis konnte sehen, wie sich die Bewegung dort, wo die ersten Toten lagen, nur kurz verzögerte, bevor alles dann weiterfloss, als wären die Leichen bloße Bremsschwellen für den Mob.
    Hinter den Fenstern anderer Gebäude flackerten nach und nach weitere Taschenlampen auf, da nun alle Einwohner, die bisher noch geschlafen hatten, aufgewacht waren, entweder geweckt vom Lärm der Schießerei oder von der Wirkung, die der Ares auf sie ausübte. Lichtkegel tauchten hinter Jalousien auf, während die Bewohner kurz hinausspähten, das Haus an der Theaterstraße sieben ins Auge fassten und sofort wussten, dass sich dort jene aufhielten, gegen die sich ihre grenzenlose Wut richtete. Dann verschwanden die Lichter wieder, weil die Betreffenden aus ihren Wohnungen zur Treppe stürzten, um in rasender Hast auf die Straße hinunterzulaufen. Bald schon würde sich die gesamte Stadt in Bewegung setzen.
    Die Meute unten im Nebel drängte unaufhaltsam heran,

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