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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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untertauchen und …«
    Gabriel kam herangeschlendert und stellte sich hinter den Thronsessel. Im Vorbeigehen klopfte er Guilhelm auf die Schulter. »Es ist immer besonders anregend, einen Reformierten von seinen ehemaligen Glaubensgenossen reden zu hören, als hätte er sie nie gekannt«, bemerkte er.
    Guilhelm schielte zu ihm hoch, dann wandte er sich wieder an Rudolf. »Das ist genau der Grund, warum ich Rogers’ Spur wieder aufnehmen kann. Weil ich alle kenne, mit denen er …«
    »Und sie kennen Euch, Ihr Idiot!«, schnappte Rudolf. »Das macht Euren Vorteil wieder wett.«
    »Ich finde ihn«, knurrte Guilhelm.
    »Die Jagd ist vorbei«, sagte Rudolf.
    »Unsinn, ich finde ihn und …«
    Rudolf zerrte Guilhelm aus dem Sessel. Graf Ramons’ ehemaliger bester Freund machte eine erschrockene Bewegung mit seiner gesunden Hand. Rudolf brüllte ihn aus vollem Hals an: »Die Jagd ist vorbei !«
    Er öffnete die Hände. Guilhelm rutschte zu Boden. Rudolf trat einen Schritt zurück. Guilhelm versuchte, sich herumzuwälzen.
    Rudolf sah Gabriel an. »Lasst ihn zur Altenburg bringen«, sagte er ruhig. »Die alte Stammburg hat tiefe Keller.«
    Der Pfarrer nickte und verschwand durch die Falltür.
    »Ihr habt mir was versprochen«, ächzte Guilhelm. Er packte Rudolfs Stiefel. Rudolf befreite sich mit einem Ruck.
    »Ich habe Eure … Leute … gejagt, seit ich die Schwertleite erhalten habe«, sagte Rudolf. »Ich habe sie gejagt, obwohl ich einem Kaiser die Treue geschworen hatte, der heimlich mit ihnen sympathisierte. Zuerst wollte ich sie auslöschen, damit das Reich wieder einen Führer bekäme, der sich den alten Werten verschrieben hätte; dann wollte ich sie auslöschen, damit sie ihm nicht die Kraft geben konnten, von seinem politischen Totenbett nochmals aufzustehen; und jetzt will ich sie auslöschen, damit sie sich nicht zwischen mich und die Kaiserkrone stellen können. Wenn ich Rogers de Bezers gehabt hätte, hätte ich sie alle gehabt. Ihr habt mich wieder an den Anfang zurückgeworfen, Ihr Versager! Seht Euch an! Ihr habt vor langer Zeit vergessen zu sterben, aber das könnt Ihr jetzt nachholen.«
    »Meine Familie«, stöhnte Guilhelm. »Ihr habt versprochen, meine Familie zu schonen.«
    Die Wachen kamen wieder herauf. Sie packten Guilhelm an seinen gelähmten Beinen und schleiften ihn zur offenen Falltür. Guilhelm versuchte, die gesunde Hand in den Boden zu krallen. Seine Fingernägel schrappten über das Holz.
    »Meine Familie!«, rief er.
    Die Wachen zerrten ihn durch das Loch. Sie ließen ihn nicht fallen, aber sie passten nun nicht mehr auf, wie sie ihn anpackten. Guilhelm schrie auf.
    Rudolf starrte ihm durch die Öffnung im Boden hinterher. Guilhelm versuchte, seine Blicke einzufangen, aber die Wachen trugen ihn kopfunter.
    »Meine Familie!«
    Rudolf schlug die Falltür mit dem Fuß zu. Der Knall schnitt Guilhems Flehen ab. Die Falltür war massiv und passgenau gearbeitet. Rudolf hörte nichts mehr.
    Langsam ging er um den zentralen Pfosten herum, der das Walmdach des Turms trug. An der fensterlosen, der Stadt zugewandten Seite des Dachraums hingen Banner von langen Holzstangen herab. Sie hingen dicht an dicht, manche von ihnen waren zerfetzt, manche voller braun vertrockneter Flecken. Er fuhr mit dem Finger über eines, das eine rote Sonne auf goldenem Grund trug, dann verwendete er es, um beide Hände daran abzuwischen, als habe er sie sich an Guilhelm, dessen Wappen das Banner trug, unendlich schmutzig gemacht. Neben dem Banner Guilhelms war eine leere Stelle; nur ein kleiner Fetzen hing aufgespießt an einem Nagel an der Holzstange. Rudolf musterte ihn – rot-silbern, mit stilisiertem Hermelin. Der Fetzen hatte sich im Huf seines Pferdes verfangen gehabt, damals vor Carcazona, und war die einzige Trophäe, die er von seinem Sieg über die Sippe der Trencavel mit nach Hause gebracht hatte. Er sah zu Boden. Vor seinem inneren Auge tauchte wiederum der Überrest vom Waffenrock Jung-Ramons’ auf. Dann zog er sein Schwert, drehte sich um, und keuchend und fluchend und brüllend zerfetzte er die rote Sonne auf Guilhelm de Solers Banner, bis nur mehr handtellergroße Überreste überall verstreut waren.
    Eine Weile darauf kehrte der Pfarrer zurück. Rudolf fragte ihn nicht, ob er seinen Auftrag ausgeführt hatte. Er wusste, dass auf den Gottesmann Verlass war.
    Gabriel bückte sich und hob einen der überall herumliegenden Fetzen auf. Ein Auge war darauf zu sehen, das erhaben blickende Auge der

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