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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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hat mit den Ketzerbischöfen diskutiert und geredet, und plötzlich nimmt man ihnen die Aufgabe als Inquisitoren weg? Was bedeutet das wohl, hä?«
    »Keine Ahnung«, sagte Everwin Boneß. »Was bedeutet es denn, Lubert?«
    »Ich glaube, Lubert meint, die Zisterzienser könnten ebenfalls alle verketzert sein«, sagte Wolfram Holzschuher, der sich in die Rolle dessen ergeben hatte, der sich in die jeweiligen Fettnäpfchen setzte.
    Die Männer sahen sich an. Lubert Gramlip spreizte die Finger in einer beredten Ich-will-ja-nichts-gesagt-haben-Geste.
    »Keine Ahnung, zu welchem Kloster die gehören«, erklärte Everwin zum zweiten Mal.
    »Jemand hätte sie mal fragen sollen«, klagte Lubert. »Der Bürgermeister, zum Beispiel.«
    Everwin räusperte sich. Ringsum nickten die Ratsherren. Zu spät fiel ihm ein, dass er in den Tagen nach der Ankunft der Nonnen genau das vorgeschlagen hatte und seine Ratskollegen, nachdem sie in Meffridus Chasteloses kalt-missbilligende Miene geblickt hatten, ihm davon abgeraten hatten. Er holte Luft und erhob sich halb, um sich zu verteidigen. Ein Wind nutzte die plötzliche Freiheit und quietschte fröhlich aus seiner Hose. Er setzte sich wieder.
    »Du kannst sie ja jetzt fragen«, schlug Wolfram Holzschuher vor und lehnte sich ein wenig zur Seite. Er saß dem Bürgermeister am nächsten.
    Everwin sah sich erneut um, als hoffe er, den Notar doch noch zu erblicken. »Tja … dann …«
    Die Tür zum Ratssaal öffnete sich. Eigentlich war sie lediglich eine im Boden eingelassene Klappe. Was jetzt als Ratssaal diente, hatte in den Zeiten, in denen das Rathaus noch der Mühltorturm gewesen war, als Schlafraum und Waffenkammer für die Torwache gedient. Die verschiedenen Ebenen des Turms waren nur über Leitern und durch Klapptüren erreichbar, was denjenigen der Ratsherren, die von der Gicht geplagt waren, schon am Vorabend von Ratsversammlungen schmerzliche Seufzer entrang.
    »Ah …«, sagte Everwin, so erleichtert wie ein Sünder, dem der Herrgott selbst die Absolution erteilt hat, »schön, dass du gleich kommen konntest, Meffridus …«
    Ein junger Mann hielt die Klappe in die Höhe und steckte den Kopf durch die Öffnung. Nach der ersten Enttäuschung erkannte Everwin Boneß ihn als den Begleiter der Zisterzienserin.
    »Ich will nicht unhöflich wirken, meine Herren«, sagte der junge Mann, »aber Schwester Elsbeth möchte gern zum Sextgebet wieder bei ihren Schwestern sein.«
    »Na gut«, sagte Everwin. »Na gut … äh … wenn ich bitten darf …«
    Kurz darauf kletterte die Ordensschwester in den Raum, gefolgt von dem jungen Mann, der jetzt mehrere in Leder gewickelte Rollen auf seinen Armen balancierte. Die Schwester war auf eine entschlossene, kühle Weise hübsch, auch wenn sie für Everwins Geschmack deutlich zu wenig Fleisch auf den Knochen hatte. Ihre Augen musterten die Männer ohne Scheu und mit einem Funkeln, das man als Ironie hätte werten können, wenn es nicht völlig undenkbar gewesen wäre, dass eine Ordensschwester so etwas wie Ironie empfand.
    »Äh …«, sagte Everwin zur Begrüßung und kniff verzweifelt einen Furz ein. Er wandte sich an den jungen Mann und stellte fest, dass er nicht wusste, was er sagen sollte. »Aus welchem Mutterkloster kommen die Schwestern?«, blökte er dann das Erste, das ihm einfiel.
    »Wir kommen aus Sankt Maria und Theodor in Papinberc«, sagte Schwester Elsbeth. »Aber es ist nicht unser Mutterkloster. Porta Coeli ist eine Neugründung, die nur dem ordo cisterciensis und dem Kaiser selbst untersteht.«
    »Ah … also kommt ihr in Wahrheit aus Porta Coeli?«
    »Porta Coeli ist hier«, sagte die Schwester.
    Everwin sah sich um.
    »Das Kloster«, sagte Schwester Elsbeth geduldig. »In dem meine Schwestern und ich leben. Das ist Porta Coeli.«
    »Nein, das ist das Kloster Wizinsten«, platzte Wolfram Holzschuher heraus.
    »Ich weiß nicht, wie unsere Brüder in benedicto ihre Klause genannt haben«, erklärte die Schwester kühl, »aber ich sollte mich wundern, wenn sie sie nicht einem Heiligen gewidmet hätten.«
    Everwin versuchte, die Blicke seiner Kollegen einzufangen, doch diese starrten nur ratlos die zierliche Schwester in ihrem abgenutzten, schmutzigen Klosterhabit an. Tatsächlich hatte sich nie jemand Gedanken gemacht, wie die Brüder ihre Bruchbude genannt hatten. In einem Anfall von Klarsichtigkeit vermutete Bürgermeister Boneß, dass auch die Brüder selbst sich keine Gedanken gemacht hatten, und zum ersten Mal im

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